Cover des Buches Callcenter (ISBN: 9783862651658)
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Rezension zu Callcenter von Sebastian Thiel

Rezension zu "Callcenter" von Sebastian Thiel

von Kiritani vor 11 Jahren

Rezension

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Kiritanivor 11 Jahren
Rezension: Ich hatte mich bei LovelyBooks für dieses Buch in der Leserunde beworben, weil ich selbst in einem Callcenter gearbeitet habe und noch immer im Telefonmarketing arbeite - aber hier ist es sehr seriös. Es hat mich unglaublich interessiert, ob ich die Einzige bin, die so ein schlechtes Bild von Callcentern und Zeitarbeit hat. Aber Gott sei Dank bin ich da nicht allein! Idee/Umsetzung: Den Punkt finde ich bei autobiografischen Romanen immer sehr schwer. Ich meine, wie kann ich denn sagen, dass die Idee sein Leben niederzuschreiben doof war. Ich würde sagen, in der Hinsicht kann man nicht viel falsch machen. Da harpert es dann eher an der Umsetzung. Aber hier ist beides sehr gut gelungen. Auch wenn das Buch Callcenter heißt, geht es nicht pausenlos darum. Wir bekommen einen Einblick, viele - wie auch ich - erkennen sich sogar wieder. Aber es geht auch viel um das private Leben des Protagonisten. Ein gelungener und gut umgesetzter Mix. Schreibstil/Sprache: Der Schreibstil ist flüssig, flott und unglaublich amüsant. Ich hatte das Buch innerhalb von zwei Tagen beendet, weil mich der Schreibstil so in einen Sog gezogen hat, dass ich ruckzuck auf der letzten Seite angekommen war. War selbst ganz überrascht. Aber ich mag es, wenn das Buch einen nicht loslässt und man durch die Seiten rauscht, es nicht aus der Hand legen kann. Die Sprache war zwischendurch sehr hart - und ein kleiner Minuspunkt für mich waren die ständigen sexuellen Anspielungen. Nicht, dass ich sowas generell ablehne - aber es war mir ein Tick zu doll. Das Gute daran: Es ist ein absolutes Männerbuch! ;) Also ein Minuspunkt, der zu einem dicken Pluspunkt wird. "... hab ich fast vergessen. Das, was du dir geleistet hast, war natürlich ein epic fail. Als ich die Mail von Frau Marolt erhalten habe, war ich ziemlich happy. Auch wenn du bei Persopower in der company immer noch dein Festgehalt bekommst, wäre es shiny, wenn du dieselbe Quote erfüllen würdest wie die anderen." (Seite 113) Charaktere: Protagonist in diesem Buch ist Andreas Seifeld, 28 Jahre alt und Gefangener im Callcenterstrudel. Wie so viele Mitarbeiter hat er sich seinem Schicksal gefügt und kommt täglich in die Hölle, um für wenig Geld einen Scheißjob zu machen. Es kommt mir soooo bekannt vor und gerade deshalb war er so sympathisch. Ich habe mich in einigen Punkten einfach stark wieder erkannt. Seine beiden Kumpel sind Freunde, wie sie jeder haben sollte - da wenn man sie braucht , aber trotzdem ehrlich. Besonders Hakans Sprüche haben mir sehr viel Freude gemacht. Er war der coole Sprücheklopfer, während Andy doch eher im Hintergrund stand. Perfekte Voraussetzung ewig im Callcenter hängen zu bleiben. Die Chefs - übrigens eine verblüffende Ähnlichkeit zu meinen Ex-Chefs, na nu? :D - waren sehr gut getroffen und ich habe das Gefühl, dass Callcenter nur von solchen Menschen geführt werden können. Die unsympathischsten Leute unter der Sonne und auch so kamen sie rüber. Wunderbar! Aber auch die handvoll Charaktere die Andy privat begleiten sind glaubwürdig und in einem gesunden Maß dosiert :) Atmosphäre/Umgebung: Bei der Callcenterbegehung zu Beginn bekam ich eine unangenehme Gänsehaut. Wie ich den Weg zur Arbeit immer gehasst habe, weil Callcenter einfach keine schönen Orte sind. Wie hieß es im Buch so schön 'der letzte Kreis der Hölle' - aber sowas von. Man fühlt sich da einfach nicht wohl. Weder im Buch, noch in der Realität. Es gab aber auch lustige, nicht deprimierende Moment - nicht das nun ein falsches Bild vom Buch aufkommt. Und auch diese waren glaubhaft und oftmals zu schießen komisch. Denn der liebe Andy hatte eine Hang zu Krankenhäusern ;) Leider ging in diesen Momenten ab und an die Atmosphäre unter. Im Gegensatz zu den Callcentermomenten, hatte ich hier Schwierigkeiten mich einzufinden. Cover: Das Cover gefällt mit sehr. Lange habe ich überlegt, was man stattdessen hätte nehmen können, aber mir fiel nichts ein. Das Headset an sich hätte schon gereicht :D Dazu der lächelnde Mund, denn Lächeln soll man ja bei Sprechen, das hört man am anderen Ende der Leitung ;) Fazit: Ein echtes Männerbuch! (Das musste an dieser Stelle nochmal gesagt werden) Witzige Momente aus dem Leben eines Callcenter-Agent und dem Menschen hinter der Stimme am Telefon. Es geht nicht nur um die Arbeit in einem Callcenter, sondern auch um die alltäglichen Probleme, die jeder von uns auch kennt. Ein toller Roman, mit viel Witz und überraschenden Momenten.
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