Sefi Atta

 4,7 Sterne bei 7 Bewertungen
Autor*in von Ein sonderbarer Immigrant, It's my turn! und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Sefi Atta, geboren 1964 in Lagos, Nigeria, absolvierte ihre Ausbildung in Nigeria, England und den USA und studierte Creative Writing in Los Angeles. Ihre Kurzgeschichten und Hörspiele wurden vielfach ausgezeichnet. Ihr Roman Everything good will come wurde mit dem Wole Soyinka Price for African Literature prämiert. Sefi Atta unterrichtet an der Mississippi State University.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Sefi Atta

Cover des Buches Ein sonderbarer Immigrant (ISBN: 9783779506904)

Ein sonderbarer Immigrant

(2)
Erschienen am 08.08.2022
Cover des Buches It's my turn! (ISBN: 9783293409200)

It's my turn!

(2)
Erschienen am 06.11.2015
Cover des Buches Die amerikanische Freundin (ISBN: 9783779506232)

Die amerikanische Freundin

(1)
Erschienen am 12.08.2019
Cover des Buches Nur ein Teil von dir (ISBN: 9783293409224)

Nur ein Teil von dir

(1)
Erschienen am 06.11.2015
Cover des Buches Sag allen, es wird gut! (ISBN: 9783293407121)

Sag allen, es wird gut!

(1)
Erschienen am 06.11.2015

Neue Rezensionen zu Sefi Atta

Cover des Buches Ein sonderbarer Immigrant (ISBN: 9783779506904)
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Rezension zu "Ein sonderbarer Immigrant" von Sefi Atta

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Fremd in der Fremd ohne richtig fremd sein zu können

Wer in Lagos, dem fälschlicherweise immer als Hauptstadt Nigerias bezeichneten Moloch, lebt, sollte an Absurditäten, Skurrilitäten und allerlei Fallstricke gewöhnt sein. Irgendwie ist das auch die Meinung des Erzählers. Lukmon. Denn irgendwie ist er selbst eine Skurrilität. Er ist Literaturwissenschaftler – die trifft man in der Millionenstadt auch nicht an jeder Ecke. Dass er in einer Bank arbeitet – als Literaturwissenschaftler – befeuert das Bild des Skurrilen. Er ist verheiratet mit Moriam, Krankenschwester. Ihnen geht es, wenn man den Rest der Bevölkerung Lagos’ betrachtet, relativ gut. Dennoch ist der Weg über den großen Teich ein Ziel, das sie nun endlich in Angriff nehmen wollen. Sie nehmen an der Greencard-Lotterie teil. Und … sie gewinnen – ob das wirklich so sein wird, zeigt sich erst im weiteren Verlauf des Buches. 

Bisher ein Skurriler unter Landsleuten, trifft er in New Jersey auf seine Familie. Eine Bande von ungeahnten Skurrilitäten, die allerdings allesamt in einer fremden Umgebung aufgewachsen sind bzw. noch immer auf der Suche nach dem passenden Platz in der Gesellschaft sind. Lukmon wird zum Chronisten einer Generation von Immigranten, die ihm so nahe ist, dass er Platzangst bekommt. 

Lukmon und Moriam sind nun Auswanderer, Immigranten. Die Zukunft in Nigeria sah düster aus. Das „was wäre wenn“ übertrumpft die Wurzeln und den Drang nach Veränderung vor der eigenen Haustür. Und was wird aus Taslim und Bashira, ihren Kindern? In Amerika sind zumindest die Chancen auf ein gutes, besseres, sichereres Leben größer.

Cousin Ismael ist die personifizierte Freiheitsstatue für die vierköpfige Familie, die aus der Zwanzig-Millionen-Stadt Lagos in die Fünfzehn-Millionen-Metropole New York zieht. Freiheitsstatue aber nur insofern, dass Ismael der Erste ist, den sie sehen. Der Cousin ist schon voll integriert, wie er meint. Schon beim Rundgang durch das Haus des Verwandten, dreht sich Lukmon der Magen um. Ismael hört gar nicht mehr auf die Dinge hervorzuheben, die er nun besitzt, die ihn von anderen unterscheiden. Ein Prahlhans erster Klasse! Das geht sicherlich vorbei, denkt sich Lukmon. 

Doch er wird bald merken wie falsch seine Annahme ist. Denn im einst weit entfernten Amerika sind die, die ihm einmal nahe waren weiter entfernt als er es sich jemals hätte vorstellen können. Blut ist dicker als Wasser – doch die Familie ist wie eine Tüte Gummitiere, die zu lange in der Sonne lag: New York bietet ihnen Schutz. Doch im Inneren ist das Individuum nur ein Teil einer Masse, das sich nur schwer daraus lösen kann. Wo kommt man her, wo steht man, wohin führt der Weg? Die Masse bestimmt den Weg. Manche gehen so weit, dass sie ihre eigenen Wurzeln verleugnen … und das manchmal sogar freiwillig. Lukmon ist entsetzt, sieht aber auch Chancen, die die meisten nicht sehen wollen.

Sefi Atta ist in Lagos geboren, sie unterrichtet an der Mississippi State University – die Parallelen zwischen ihrem eigenen Leben und das ihrer Helden sind offensichtlich. Und darin liegt die Stärke all ihrer Bücher. Nähe und Distanz schließen sich in keiner Zeile aus. Die Symbiose aus Phantasie und eigenem Erlebten blüht in ihrem Werk auf jeder Seite wie eine farbenprächtige Wiese. Je tiefer man eintaucht, umso intensiver der Geschmack.

Cover des Buches Die amerikanische Freundin (ISBN: 9783779506232)
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Rezension zu "Die amerikanische Freundin" von Sefi Atta

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Der Afrikaroman des Jahres

Remi Lawal und ihrem Mann Tunde geht es gut. Es ist Januar im Jahr 1976. Sie leben in Lagos, der größten Stadt Nigerias. Im Spätsommer des Vorjahres wurde Präsident Gowon, während er im Ausland war, aus dem Amt geputscht. Mutala Mohammed ist seit fast einem halben Jahr an der Macht. Man kann die Zeit als gute Jahre in Nigeria bezeichnen, sechs Jahre nach den Biafrakriegen. 
Remi hat einen kleinen Laden, in dem sie Grußkarten herstellt. Auch Tunde hat, nachdem man ihn aus dem Ministerium entlassen hat, wieder Arbeit gefunden. Die Kinder gehen auf Privatschulen. Durch das Grußkartengeschäft sind Remi und Tunde auch zu einer Vernissage eingeladen. Während Tunde sich allzu gern mit der Gastgeberin unterhält, was Remi ganz und gar nicht gefällt – ihr Mann verhält sich zeitweise wie eine Gockel – spricht eine Fremde Remi an. Frances Cooke ist Amerikanerin. Und ziemlich forsch in ihrer Art. Als Tunde sich doch von der Gastgeberin des Abends loseisen kann, tut er seinen Unmut über Remis neue Bekanntschaft kund. Sie sei doch bestimmt eine Spionin. Alles Amerikaner seien das. Und das in Zeiten, in denen seit Wochen und Monaten Gerüchte über einen weiteren Putsch die Runde machen. Remi solle aufpassen mit wem sie spreche. Was so viel heißen soll, Remi darf sich nicht mit Fremden im Allgemeinen, und mit Francis im Speziellen einlassen. Sie Geschichte weiß mittlerweil mehr. Schon knapp fünf Wochen, nachdem Remi von Francis angesprochen wurde, riss Olusegun Obasanjo erstmals die Macht an sich, und es begann eine Schreckensherrschaft, die Nigerias Entwicklung für eine lange Zeit unterbrach. 
Die Panikmache ihres Gatten ist Remi herzlich egal. Zwischen ihr und Francis entspinnt sich eine enge Bindung, eine Freundschaft. Je länger diese anhält, je öfter und heftiger Tunde sich dieser Beziehung entgegenstellt, desto mehr keimen auch bei Remi Zweifel an der Rechtschaffenheit ihrer amerikanischen Freundin. Wie war das gleich nochmal? Auf der Vernissage. Wer hat da wen und vor allem wie angesprochen? Hat Tunde recht und Francis schleicht sich unmerklich in die Familie ein, um mehr über den Mittelstand zu erfahren? Was steckt hinter der Hartnäckigkeit von Francis‘ Fragerei?
Sefi Atta zeichnet mit wohlwollenden Worten ein Bild einer zufriedenen nigerianischen Familie, die trotz bescheidenen Wohlstands darauf achtet, dass die Höhenflüge nicht mit einer allzu harten Landung beendet werden. Dass amerikanische Freunde nicht immer die sind, die sie zu sein scheinen oder zu etwas anderem gemacht werden, hat die Literatur schon einmal bewiesen. Bei Patricia Highsmith. Anders als beim Versteckspiel des Tom Ripley ist hier allerdings nicht die Amerikanerin das unwissende Ding – oder doch?! Es sind gute Zeiten in und für Nigeria. Doch das Licht am Ende des Tunnels ist von einem grauen Schleier der Ungewissheit und der Angst eingehüllt. Remi ist hin und hergerissen. Kann sie Francis vertrauen? Mit jeder Seite gräbt sich der Leser in eine Zeit, über die selbst viele Nigerianer nicht mehr viel wissen. Geht es einem gut, muss man sich an den guten Dingen festhalten, aber die Gefahr, dass alles nur allzu schnell vorbei sein kann, gibt unaufhörlich den Takt an. Sefi Atta komponiert daraus eine Melodie, die dem Leser noch lang in Erinnerung bleiben wird. 

Cover des Buches Nur ein Teil von dir (ISBN: 9783779504733)
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Rezension zu "Nur ein Teil von dir" von Sefi Atta

Gospelsinger
Zwischen zwei Welten

Deola stammt aus Nigeria und arbeitet als Wirtschaftsprüferin für eine Hilfsorganisation in London. Im Auftrag der Organisation kommt sie viel in der Welt herum, und nun wird sie auch nach Nigeria geschickt, wo die Hilfsorganisation bisher nicht vertreten ist. Deola soll sich einige Projekte ansehen und überprüfen, ob sie förderungsfähig sind.

Der Zeitpunkt ihrer Dienstreise ist für Deola günstig, denn gerade wird die traditionelle Gedenkfeier zum fünften Todestag für ihren verstorbenen Vater durchgeführt. Eine Gelegenheit, die gesamte Familie zu sehen - mit allen Vor- und Nachteilen.

Denn im Alter von 39 Jahren weder verheiratet zu sein, noch Kinder zu haben, ist für eine afrikanische Frau undenkbar. Entsprechend viele Vorwürfe muss sich Deola anhören. Studium? Guter Job? Zählt alles nicht, solange sie ihrer Mutter keine Enkelkinder beschert.

Kein Wunder, dass Deola lieber in einem Hotel übernachtet als bei ihrer Familie. Aber das hat unvorhergesehene und weitreichende Folgen für sie.

Wie alle Afrikaner, die außerhalb ihres Heimatlandes studieren, arbeiten und leben, ist Deola zwischen zwei Welten hin und her gerissen. Und keiner der Welten kann sie es recht machen.
Während ihre nigerianische Mutter an Deola die Forderung stellt, sich wie eine traditionelle afrikanische Frau zu verhalten, soll sie sich außerhalb des afrikanischen Kontinents so verhalten, wie das von Afrikanerinnen und Afrikanern erwartet wird.

Wie schwierig es ist, in zwei Welten gleichzeitig zu leben, wenn man ständig mit falschen Bildern und Einschätzungen umgehen muss, ist das Hauptthema dieses Romans.

Wo diese Afrikabilder herkommen, wird im Buch deutlich, wenn es beispielsweise um Filme geht, die auf dem afrikanischen Kontinent spielen und die „üblichen Komponenten“ enthalten, durch die gängige Klischees weitertransportiert werden.

Auch die Berichterstattung über Nigeria in den Zeitungen transportiert diese Bilder, denn sie beschränkt sich auf „Internetbetrug, Drogenschmuggler, islamische Fundamentalisten und bewaffnete Kämpfer im Nigerdelta“.

Angesichts Deolas beruflicher Position sollte man zwar denken, dass sie nicht von Rassismus betroffen ist. Aber weit gefehlt. Auch sie gerät täglich in Situationen, in denen die herrschenden Vorurteile deutlich werden.
In ihrem englischen Internat wurde Deola gesagt, dass Afrikaner nicht intelligent genug seien, die Universität zu besuchen, für Bewerbungsgespräche musste sie ihre Haare glätten, und in ihrem Wirtschaftsprüferunternehmen merkte einer der Teilhaber an, ihre Braids wirkten unprofessionell.

Ein unrealistisches Afrikabild und falsche Erwartungen haben auch die Promis, die sich für Afrika engagieren.

Noch schlimmer sind die Hilfsorganisationen, egal, ob staatlich oder nicht-staatlich. So hält beispielsweise die Organisation, für die Deola arbeitet, nichts davon, afrikanischen Frauen Mikrokredite zu geben. Das ist ganz klar, findet Deola.

„(…) die Begünstigten der Wohltaten sollen ja nicht autark wirken. Man muss schließlich Mitleid erregen, wenn man Gelder eintreiben will. So funktioniert das Wohltätigkeitsgeschäft. Niemand spendet Menschen Geld, die auf Augenhöhe sind (…)“.

Oder, wie Deolas Freundin Subu es ausdrückt:

„Spenden haben Armut noch nie behoben, (…). Sie wollen nicht, dass wir selbstständig und unabhängig sind. Sie wollen nicht, dass wir Macht haben.“

Sie nennt das den „Tarzan-Komplex“.

In der Tat wird nicht in Afrika investiert. Schließlich möchte man sich keine Konkurrenz auf dem Weltmarkt schaffen. Genau das ist der Grund, warum die Hilfsprojekte nicht funktionieren. Eine echte „Hilfe“ wäre der Aufbau einer verarbeitenden Industrie.

Im Buch bekommen aber ebenso die Nigerianer ihr Fett ab. Der Roman dient also auch dazu, ein realistischeres Bild dieses Landes zu bekommen.
Atta lästert über Schwarzenveranstaltungen, die immer zu Selbstmitleidsorgien verkommen und über afrikanische Literatur, die so düster ist, dass man Afrika den Kontinent des Jammerns nennen könnte.

Ich fand diesen Roman mit seinem Realismus und seinem sarkastischen Unterton sehr lesenswert. Besonders die Dialoge zwischen Deola und ihrer Mutter sind herrlich, und trotz der ernsten Thematik liest sich das Buch unterhaltsam.

Vor allem aber vermittelt dieser Roman eine Sichtweise des afrikanischen Kontinents jenseits der gängigen Bilder von Safari und Armut.


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