Cover des Buches Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm (ISBN: 9783866481824)
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Rezension zu Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm von Selja Ahava

Vergessen

von vielleser18 vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Ein sehr guter Eindruck über eine Alzheimer Patientin.

Rezension

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vielleser18vor 9 Jahren
Anna wohnt in einem Pflegeheim, sie versucht sich zu erinnern, doch ihre Erinnerungen und ihre Persönlichkeit verschwinden mehr und mehr in einem Nebel. Sie leidet seit vielen Jahren an Alzheimer, die Krankheit bekam sie schon früh, mit vierzig waren die ersten Anzeichen zu sehen. Nun bleiben nur noch Fetzen ihrer Erinnerungen, alles verschiebt sich, wird nicht nur für sie unverständlich und manchmal auch beängstigend.

In diesem Buch lebt man direkt mit Anna mit. Ihre Geschichte zeigt auch dem Leser, wie sie fühlt, denkt, lebt. Was ist wahr, was ist Wahn ? Der Leser weiß es ebensowenig wie Anna.

„Es gibt keine einheitliche Geschichte, es gibt erleuchtete Augenblicke, und der Rest ist Finsternis“.

Sind die Erinnerungen von Anna anfangs nur ab und an durcheinander, bekommt ihre Krankheit mit einem Schicksalsschlag ernormen Schub. Von da an werden die Erzählsequenzen deutlich kürzer und verwirrender, geht es doch Anna von nun an rasend schnell schlechter.

Auch die Geschichte verwirrt mehr und mehr, man bleibt als Leser verwirrt zurück, immer mehr Lücken tun sich in Annas Lebenslauf auf - doch dadurch versteht man Annas Verwirrtheit und Zustand - ist es doch ihre eigene Geschichte, die sie selber immer mehr vergisst.

Diese Geschichte gibt einen erstaunlichen und beängstigenden Einblick in den Kopf einer Alzheimer Patientin, einer Frau, die sich vor unseren Augen auflöst, von der nicht viel als Hülle bleibt....und verwirrende Gedanken.

Ach könnte man doch, "Augenblicke einfrieren und in Plastikdosen einfrieren, um in Winter davon zehren zu können" - doch unser Gedächnis lässt uns leider oft im Stich. Annas Geschichte geht unter die Haut und sensiblisiert das Thema Alzheimer und Demenz.

" Anna war die Zeit zwischen den Händen zerfallen. Wie eine Flickendecke lag sie auf ihren Knien, alle Stücke gleich groß und gleich weit voneinander entfernt. Anna betrachtete sie verwundert, ohne darin eine größere Logik zu erkennen."

Genau so hat die Autorin Selja Ahava auch diese Geschichte erzählt, ein Flickenteppich ohne Logik. Stückchen für Stückchen aneinander gereiht - so ergeben sie ein Gefühl dafür, wie es Menschen mit Alzheimer ergeht.
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