Sepp Mall

 4,2 Sterne bei 37 Bewertungen
Autor*in von Ein Hund kam in die Küche, Wundränder und weiteren Büchern.

Lebenslauf

1955 in Graun (Südtirol) geboren, lebt als Schriftsteller in Meran. Er erhielt mehrere Auszeichnungen und Stipendien, u. a. den Meraner Lyrikpreis, das Staatsstipendium des österreichischen Bundesministeriums und das Große Literaturstipendium des Landes Tirol. Sein Roman »Wundränder« wurde 2005 zum »Innsbruck-liest«-Buch gewählt und ist heute Schullektüre. Sein letzter Roman »Ein Hund kam in die Küche« war 2023 auf der Longlist des Deutschen Buchpreis.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Sepp Mall

Cover des Buches Ein Hund kam in die Küche (ISBN: 9783701182862)

Ein Hund kam in die Küche

 (22)
Erschienen am 14.08.2023
Cover des Buches Wundränder (ISBN: 9783852188751)

Wundränder

 (10)
Erschienen am 02.11.2023
Cover des Buches Hoch über allem (ISBN: 9783709972977)

Hoch über allem

 (3)
Erschienen am 18.10.2017
Cover des Buches Holz und Haut (ISBN: 9783709981078)

Holz und Haut

 (1)
Erschienen am 11.11.2020
Cover des Buches Berliner Zimmer (ISBN: 9783852187211)

Berliner Zimmer

 (1)
Erschienen am 26.01.2012
Cover des Buches Ein Hund kam in die Küche (ISBN: 9783312013456)

Ein Hund kam in die Küche

 (0)
Erscheint am 28.01.2025

Neue Rezensionen zu Sepp Mall

Cover des Buches Ein Hund kam in die Küche (ISBN: 9783701182862)
J

Rezension zu "Ein Hund kam in die Küche" von Sepp Mall

Das Trauma der südtiroler "Option" aus Kindersicht erzählt
Janewayvor 7 Monaten

Das Buch erzählt die Geschichte einer südtiroler Familie, die im Zuge der «Grossen Option», ihr Heimatdorf verlässt und ins «Deutsche Reich» auswandert. Alle deutschsprachigen Familien im Südtirol mussten sich im Zuge dieser Option, die 1939 zwischen Hitler und Mussolini verhandelt wurde, entscheiden, ob sie – als Teil des «deutschen Volkkörpers» - ins Deutsche Reich auswandern oder im Südtirol verbleiben und sich dem italienischen Faschismus unterwerfen wollen.


Sepp Mall ist selber im Südtirol geboren und lebt heute in Meran. Er schreibt Erzählungen, Gedichte und Romane. Ein Hund kam in die Küche war auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert.


Gemässe einem Artikel, den Sepp Mall für die NZZ geschrieben hat, war auch seine Familie von der Option betroffen. Er beschreibt darin, wie er als Kind auf dem Dachboden der Oma Holzkisten gefunden hat, die – wie sie ihm dann erklärte – für die Auswanderung gedacht waren. Im Gegensatz zur Familie im Roman, blieb seine Familie aber im Südtirol. (Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/suedtirol-option-1939-mussten-suedtiroler-zwischen-hitler-und-mussolini-waehlen-ld.1756938 - auch sehr lesenswert!)


Erzählt wird die Geschichte vom – zu Beginn des Buches – 11-jährigen Ludi. Er lebt mit seinen Eltern und seinem leicht behinderten Bruder Anton, genannt Hanno, in Mariendorf im Südtirol. Hier ist er zuhause: Er kennt jedes Gässchen und verbringt – trotz des Krieges – relativ unbeschwerte Momente mit seiner besten Freundin Katharina und seinem Bruder, den er über alles liebt. 1942 entscheiden seine Eltern, d.h. hauptsächlich sein Vater, die Heimat zu verlassen und ins Deutsche Reich zu ziehen. Die Entscheidung spaltet eine Familie: So bleibt der Bruder des Vaters mit seiner Familie im Südtirol zurück. Schon Wochen vor der Abreise sprechen die beiden kein Wort mehr miteinander.


Schon kurz nach ihrer Abreise zeigt sich, dass die Hoffnungen, die sie an diese Auswanderung geknüpft haben, nicht erfüllt werden. Bei ihrer Einreise wird ihnen auferlegt, Hanno in eine Klinik zu geben. Schweren Herzens reist die Familie ohne ihren jüngeren Sohn weiter. Auch der Vater verabschiedet sich von der Familie: Er meldet sich freiwillig und zieht in den Krieg nach Frankreich. Zurück bleiben Ludo und seine Mutter, die immer wieder in depressive Phasen verfällt. Sie schlagen sich an diesem fremden Ort mehr schlecht als recht durch: Die Mutter findet Arbeit in einem Laden, Ludo ist oft ganz alleine zu Hause. Gespannt warten sie auf Neuigkeiten Ihrer Liebsten. Alles scheint gut zu gehen, bis ein Schreiben der Klinik eintrifft: Hanno sei an einer Lungenentzündung gestorben. Im Folgenden erscheint Ludi der tote Hanno immer wieder als Begleiter, der ihn durch diese schwere Zeit bringt.


Der Titel «Ein Hund kam in die Küche» ist die erste Zeile eines Kinderliedes, das auf den ersten Blick sehr kindlich und naiv klingt, jedoch einen grausamen Inhalt hat. Der Hund stiehlt dem Koch ein Ei, worauf dieser ihn mit der Kelle «entzwei» schlägt. Das Lied wird – genauso wie ein zweites Kinderlied mit sehr ernstem Inhalt «Maikäfer flieg» - in der Geschichte gesungen. Es gibt auch eine kurze Szene mit einem Hund, dem leider ein sehr ähnliches Schicksal zuteilwird. Sie zeigt die rohe Gewalt, Brutalität und fehlende Empathie auf, die zum Alltag der Hauptperson gehören. Für mich hat der Titel aber auch eine symbolische Bedeutung. Er spricht auf den sehr kindlichen, naiven Ton an, in welchem auch in dieser Geschichte die Schrecken des Krieges beschrieben werden. Als Leser bekommen wir alles nur durch Ludos Perspektive mit. Erst im allerletzten Kapitel werden Kriegsereignisse aus der Sicht eines Erwachsenen geschildert. Sie setzen das Grauen nochmals in eine ganz anderer Perspektive.


Das Buch hat mir nochmals eine neue Facette der grausamen Kriegsjahre gezeigt, von der ich bis jetzt nichts wusste. Trotz der kindlichen Perspektive und der wunderschönen Sprache, ist das Buch schwer zu lesen, da man die Grausamkeiten als Erwachsener nur allzugut erahnen kann. Deshalb gibt's von mir eine klare Leseempfehlung, aber mit der Warnung: Es ist definitiv keine leichte Unterhaltung.



Cover des Buches Ein Hund kam in die Küche (ISBN: 9783701182862)
Maselis avatar

Rezension zu "Ein Hund kam in die Küche" von Sepp Mall

Eine flüchtig erzählte Geschichte zur Option (Südtirol - 2. Weltkrieg)
Maselivor 9 Monaten

Irgendwo in Südtirol, zur Zeit des 2. Weltkrieges und der Option, die es den Südtiroler ermöglichte, das von Italien beherrschte Fleckchen Erde zu verlassen um im Deutschen Reich ein neues Zuhause zu finden. Auch Ludis Familie gehört zu den Optanten, die in das Deutsche Reich wandern. Was wird sie erwarten? 

Jeder wolle dorthin, wo er herkomme, hatte sie gesagt, weil es nur eine Heimat gebe auf der Welt.

Meine persönlichen Leseeindrücke

Sepp Mall ist ein bekannter Südtiroler Autor und die Nominierung seines neuesten Romans „Ein Hund kam in die Küche“ für den deutschen Buchpreis hat für einigen Medienrummel im Lande gesorgt. Ich war erstaunt und wollte natürlich dieses Buch lesen, zumal die Reaktionen darauf allesamt sehr positiv ausfielen.

Die Option, die die Südtiroler in zwei Lager, die „Dableiber“ und die „Optanten“, gespalten hat, ist bis heute spürbar. Direkt betroffen davon war die Generation meiner Großeltern, die in einer Zeit des Krieges, des Faschistenterrors und der nationalsozialistischen Propaganda entscheiden mussten, im Land zu bleiben oder auszuwandern. Dazu muss man vielleicht wissen, dass der Südtiroler ein erdverbundener Mensch ist und ich kann nur erahnen, was es heißen musste, die geliebte Heimat zu verlassen. Man weiß noch heute, welche Familie zu den „Dableibern“ gehörten, ein negativ behaftetes Attribut für jene, die den italienischen Faschismus akzeptiert hatten, weil sie ihr Land nicht aufgeben wollten. Insofern habe ich mir zumindest was diesen Aspekt betrifft eine etwas intensivere Betrachtung der familiären Umstände (der Bruder ein Dableiber, der Vater von Ludi ein Optant) erwartet. 

Leider wird nicht nur dieses Thema oberflächig gestreift. Viele Stellen hätte Sepp Mall besser herausarbeiten und tiefer in die Gefühlswelt der Romanfiguren eindringen können (besonders jener der Mutter). Man bekommt nur eine vorsichtige Ahnung, wie schwer die Entscheidung auf Ludis Mutter lastete und wie ihre Jahre in der Fremde waren, was es bedeutete nach Hause zu kommen und welche schweren Veränderungen im Charakter des Vaters das Leben nachträglich änderten. Dieses Vage hemmt die Erzählung. Selbst wenn die imaginären Gespräche mit dem toten Bruder durchaus gelungen sind, so bleibt dennoch ein etwas schaler Geschmack einer flüchtig erzählten Geschichte zurück, die in keinster Weise widerspiegelt, was der teuflische Hitler-Mussolini-Pakt mit Südtirols Seelen angestellt hat.

Es war nicht mehr wie früher. Vater wusste das auch, nur Mama tat so, als gäbe es diese fünf, sechs Jahre nicht, die wir weggewesen waren.

Cover des Buches Ein Hund kam in die Küche (ISBN: 9783701182862)
otegamis avatar

Rezension zu "Ein Hund kam in die Küche" von Sepp Mall

Bruderliebe und Heimaterde
otegamivor 9 Monaten

Ist der jüngere, ‚zurückgebliebene‘ Bruder von Ludi wirklich gestorben (wie es im Brief der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee steht, und zwar an einer Lungenentzündung)? Anton (von allen nur Hanno genannt) taucht doch immer wieder bei Ludi auf, spricht mit ihm, erzählt ihm Einzelheiten aus der Zeit in der Pflegeanstalt und legt sich kuschelnd zu ihm ins Bett. 

Vorausgegangen war, dass die Familie Unterweger, geboren in Mariendorf in Südtirol, auf Bestreben des Vaters ins ‚Reich‘ auswanderte. Wir begleiten Ludi an den letzten Tagen in der Heimat, erfahren von den Untersuchungen der Familie in Innsbruck und die draus resultierende Einweisung des Bruders in ein Pflegeheim, den Umzug in den ‚Oberdonaugau‘ und die Einberufung des Vaters zum Kriegsdienst. 

Mich berührte diese Geschichte während der NS- und Kriegszeit aus der Sicht eines Kindes sehr: die politischen Zusammenhänge, die Ludi nicht fassen kann, sie aber mit auszubaden hat, der Vater im Krieg, die Mutter, die mit sich selbst zu tun hat, Heimweh, Freundschaften, die für immer verloren gingen und vor allem der Bruder, den er schmerzlich vermisste. 

Ich gehöre der Generation an (nach dem Krieg geboren), die manches im Buch noch am eigenen Leib erlebte: Väter, die ihre Kriegserlebnisse verarbeiten mussten und die Reaktionen Einheimischer auf die Heimatvertriebenen (‚Schwedendeutsche‘, wie Ludi anstatt Sudetendeutscher versteht). Auch das Lied ‚Ein Hund kam in die Küche…..‘ hörte ich oft von meinen Eltern und Großeltern. 

Dieses dünne, aber inhaltsschwere Meisterwerk war für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert und ich hätte es dem Südtiroler Autor Sepp Mall von Herzen gegönnt, wenn er ihn auch gewonnen hätte. Ich kann diese knapp 200 Seiten nur wärmstens empfehlen und vergebe überzeugte 5 Sterne! 

 

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