Cover des Buches Die Verräterin - Das Imperium der Masken (ISBN: 9783596296729)
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Rezension zu Die Verräterin - Das Imperium der Masken von Seth Dickinson

Zu trocken geschrieben

von CocuriRuby vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Buch besteht zu 99% aus Politik, Taktik und Wendung. Allerdings so geschrieben, dass es auf Dauer sehr trocken wurde.

Rezension

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CocuriRubyvor 7 Jahren

Ich fand den Schreibstil im Groben ganz angenehm. Er enthielt schöne Formulierungen und ich fand es clever gemacht, wie Informationen eingearbeitet werden – nervig jedoch waren die ganzen Namen von Ländern, Sprachen, Völker – das hat den Einstieg gebremst.

Ich war jedoch kein Freund davon, wie gerade komplexe Abläufe in Sachen politische Struktur, Systeme oder Intrigen, beschrieben wurden. Es war zwar nicht komplett unverständlich, aber das hätte man deutlich besser machen können.

Grundsätzlich ist die Geschichte sehr unemotional und technisch (man könnte schon sagen: trocken) beschrieben.

Das Buch besteht zu 99% aus Politik, Intrigen, Strukturen und Systeme – wer sowas mag, könnte dieses Buch lieben. Das ist auch durchaus interessant und keinesfalls schlecht gemacht, aber gerade auch durch den unemotionalen Stil, weckt das nicht gerade Spannung. Gerade auch in seiner Geballtheit und auf Dauer bekam es mehr Charakter einer zähen Studie, als dass ich freudig zu dem Buch gegriffen hätte zur Unterhaltung.

Was mir gut gefallen hat war, dass sich Parallelen zur unserer (im weitesten) Gesellschaft ziehen ließen. Dass Bucht zeigt, wie Welthandel- und Finanzpolitik funktioniert und wie korrupt und scheinheilig das System ist.

Selbst sowas wie Sexismus oder Intoleranz wird aufgegriffen oder es spielte auch Fanatismus in Form von den sadistischen „Behandlungsarten“ gegen die „Sünde“, die Real so ähnlich von Kirchen praktiziert wurden.

Diese Parallelen zu entdecken, zu verknüpfen und zu analysieren, hat mir durchaus gefallen.

Das Buch legt viel Wert auf Undurchsichtigkeit und überraschenden Wendungen. Das ist auch gelungen, jedoch musste ich mir oft die Frage stellen: Konnte man das nicht vorhersagen, weil das einfach eine geniale Wendung war oder weil diese gänzlich an den Haaren herbeigezogen war.

Es hat mir durchaus gefallen zu versuchen die Schachzüge der Gegenparteien zu erraten und aktiv mitzudenken. Manche Symbole oder Wendungen fand ich schon ziemlich weit hergeholt – übrigens galt das gerade für das komplette Ende, was schon ein Nachgeschmack von „und dann wachte er auf und es war alles nur ein Traum“ hatte – also, wenig plausibel, etwas einfach gemacht und ein „nee, ist klar“ auslöst.

Dummerweise dreht sich gelegentlich die Handlung auch etwas im Kreis, was sie etwas gestreckt hat.

Der Autor hat leider auch überhaupt kein Händchen für Charaktere bewiesen. Allesamt spielen zwar ihre Rollen, sie wirkten aber eben nicht vielschichtig/echt/lebendig – was schnell wie ein Schauspiel wirkt, als wie eine authentische Geschichte. Sie wurden auch fast überhaupt nicht beschrieben, weder nennenswert im Bereich Optik, geschweige denn im Bereich Charakter oder Gestik oder ähnliches.

Die Geschichte wird ausschließlich durch die Protagonistin erzählt – was ich, gerade aufgrund der Komplexität der Geschichte, nicht gut gewählt fand. Ich hätte mir mehr Ansichten gewünscht – genug Charaktere mit verschiedenen Blickwinkeln, hätte es gegeben.

Es fehlte mir jedoch auch komplett die Sympathieträger. Es gab keine Lieblingsfiguren mit denen man mit gebangt hätte und innerlich damit droht, das Buch abzubrechen, sollte diese Figur sterben. Im Gegenteil, das Schicksal aller Figuren war mich im Prinzip ziemlich egal – Emotional war ich kein bisschen eingebunden.

Leider, hatte ich so meine Probleme mit der Protagonistin. Entweder war sie mich gänzlich egal oder ich fand sie schrecklich unsympathisch. Ich fand sie auch wenig stimmig: auf der einen Seite wurde sie als Taktik und Kalkül verkörpernd beschrieben; handelt dann aber plötzlich gegen jegliche Vernunft, dumm und emotional gesteuert.

Sie wird als „Wunderkind“ bzw. „Hochbegabte“ tituliert, sie ist klug und taktisch. Jedoch schien sie nie einen Plan B zu haben, sondern setzte fast immer alles auf eine Karte und hoffte dann halt das Beste, ohne jeden Weitblick. Das fand ich unstimmig.

Sympathisch war sie auch nicht unbedingt: sie ist schon eine starke Figur, hat einen starken Willen und ist klug, allerdings ist sie auch sehr selbstsüchtig, intrigant und selbstüberschätzend, an manchen Stellen geradezu kalt und unmenschlich – Charaktereigenschaften, die ich nicht unbedingt schätze.

Fazit

Gedanklich steckt sehr viel in dem Buch, es beinhaltet viel Politik und Taktik, mit unvorhersehbaren Wendungen. Das ist auch gut gemacht, allerdings erwartet einen nicht mehr, weshalb ich es auf Dauer als sehr trocken empfand.

Ich muss sagen, dass mich das Buch zwischendurch verloren hat und es nicht geschafft hat, mich wieder ins Boot zu holen.

PS: Natürlich wird hinten auf dem Buch damit geworben, dass diese Reihe, das Potential hätte „ein würdiger Nachfolger von Martins ‚Game of Thrones‘ zu werden“.

Mit sowas tut man sich absolut kein Gefallen! Denn um es mal ganz deutlich zu sagen: Wenn man dieses Buch mit „Game of Thrones“ vergleicht, stickt „Die Verräterin“ massiv ab. Es weist für mich keine nenneswerten Parallen auf und kann in keinen Bereichen mit „GoT“ auch nur im Ansatz mithalten.

Mich nerven solche haltlosen Vergleiche und Werben mit bekannten Titeln. Nicht jedes Vampirbuch ist „Twilight“, nicht jede Dystopie „Panem“, nicht jedes Fantasy-Buch „Herr der Ringe“.

Mit solchen Erwartungen, die man zwangsläufig mit solchen Vergleichen weckt, tut man sich als Verlag keinen Gefallen und sorgt eher für Frust beim Leser.

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