„Es ist erstaunlich, wie die freie Presse Dinge verzerren kann. Sie waren fair und ehrlich, urteilten nicht über Moral und machten keine Anspielungen.“ (Zitat aus einem Brief an den Autor)
Seymour M. Hersh ist einer der bedeutendsten Enthüllungs- und Investigativreporter der USA. In diesen Memoiren zieht er ein Resümee über seine Laufbahn, seine Arbeit aber auch seine Einstellungen zum Journalismus. Angefangen als kleiner Reporter bei einer Chicagoer Zeitung nimmt er eines mit auf den Weg: Überprüfe jede Kleinigkeit! Diesen Leitspruch wendet er auch bei seinen Enthüllungen zum Vietnamkrieg und der amerikanischen Politik an. Das Buch zieht einen Bogen von seinen journalistischen Anfängen über die Berichte zu My Lai, Watergateaffäre und führt über mehrere politische Skandale auch zur Ermordung Osama bin Ladens. Es beleuchtet die Machenschaften der Politiker, der Mafia aber auch der CIA und gibt einen Einblick in die große Recherchearbeit, die hinter den Enthüllungen steckt.
Ausgehend von seiner Kindheit und Jugend, die kurz erwähnt wird, geht der Autor auf sein Schaffen als Reporter ein. Aus seinen Ausführungen wird ersichtlich, dass ihm seine Arbeit immer wichtig war. Mehr Sachbuch als Memoiren widmet sich dieses Buch seinen Enthüllungen nicht aber seinem Privatleben. Schon bei seiner ersten Anstellung wird Druck von oben auf ihn ausgeübt nur ja nichts zu berichten, das er nicht mit eigenen Augen gesehen hat oder das sich sicher belegen lässt. Diese Devise ist es, die hinter all seinen Arbeiten steckt. So kann für eine gute Reportage oder eines seiner Bücher auch eine mehrmonatige (bis zu Jahren dauernde) Recherchearbeit aufgewandt werden. Aus Interviews und Dokumentenanalyse entstanden so die akribisch aufgearbeiteten Arbeiten Hershs, die in den USA immer wieder für Empörung gesorgt haben, da er sich nicht davor scheut seine Wahrheit zu sagen.
Seine gewissenhafte Arbeitsweise spiegelt sich auch in diesem Buch wieder. Er gibt Gespräche und Begegnungen wieder, erklärt welche Informationen er woher hat und von wem er Rückversicherungen dazu bekam bzw. wie seine Kollegen und Vorgesetzten darauf reagiert haben. Damit ist es nicht ungewöhnlich für seinen Stil in einem Kapitel eine Menge neuer Namen einzuführen. Von den großen Themen setzt er voraus, dass die Leser sich damit bereits auskennen. So werden gerade die großen Skandalthemen nicht mehr weiter beschrieben, sondern Hersh geht auf seine Herangehensweise an die Sache ein.
Hersh zitiert einen seiner Rezensenten, der mir mit seinen Aussagen aus dem Herzen gesprochen hat. Auch ich musste mit der Aneinanderreihung von Informationen im Stile des „Der-hat-zu-dem-Gesagt“, „der erzählte mir das“ und „von-dem-bekam-ich-jenes-Dokument“ erst einmal zurechtkommen und hatte ein sehr selbstgerechtes, launisches Bild des Autors vor mir. Allerdings steht er zu seinen charakterlichen Fehlern. Sein Stil ist nicht immer leicht zu lesen, bleibt sich aber treu und steht für seine oberste Moral, die Belegbarkeit der Fakten.
Fazit: Gerade in Zeiten, in denen ein kurzes Statement gepostet auf einer Socialmedia - Seite den Ruf schädigen oder eine Panik auslösen kann, ist Hershs Botschaft des fundierten Journalismus dessen oberste Priorität das Basieren auf zuverlässigen Quellen und eine Rückversicherung zur Echtheit der News ist, um so wichtiger.