Rezension zu "Mädchen brennen heller" von Shobha Rao
Das südwestliche Indien mit seinen mal staubtrockenen, unglaublich erhitzten, mal von Regengüssen völlig zermatschten Böden, die das Barfußlaufen erzwingen. Barfuß zum Sari-Webstuhl, zum Tee mit der möglicherweise zukünftigen Schwiegerfamilie, barfuß durch den Morast der absoluten Armut, der lebenzerstörenden Mitgiftpolitik, der Unterwelt voller geschasster Mädchen - Frauen werden sie kaum, derart giftig durchtränkt sie ihr gottgegebenes Schicksal in niedriger Kaste.
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“Flammen, Flammen rings um dich, die deine eben erst entstandenen Brüste auffressen, deinen eben erst blutenden Körper. Und Flammenmeere, weit wie die Welt. Die darauf warten, dich zu vernichten, dich zu Asche zu machen - und selbst der Wind, sogar der Wind, meine Kleine, schaut dir beim Brennen zu, will es, weht über dich hinweg und durch dich hindurch. Verstreut dich, weil du ein Mädchen bist und weil du Asche bist."
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Mädchen wie die Weberin und Halbwaise Purnima und die Müllsammlerin Savita, 16 und 17, deren Perspektiven in Shobha Raos Debütroman “Mädchen brennen heller” abwechselnd in den Vordergrund treten, wobei eine sehr fließende, teils poetische Sprache die dunklen Gräben der erzählten Abgründe überbrückt. Auch wäre das nicht nur die beiden von Geburt an begleitende Verständnis des weiblichen Körpers als Ware unerträglich ohne ihre tiefe Freundschaftsliebe zueinander sowie den sequenziell angelegten, recht abenteuerlichen Storyverlauf, ausgekleidet mit dem Mut und der Zuversicht ihres jeweils aufkeimenden identitären Bewusstseins.
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Bis in die USA gelangen Purnima und Savita, längst wieder voneinander getrennt, bis dort zieht sich der Handel mit Körpern, ihren Funktionen und Kräften und verbietet somit die Gewohnheit, Dritte-Welt-Zustände auszublenden. Denn: Sie kehrt vor unserer Haustür - manchmal buchstäblich, das versteht jetzt allerdings nur, wer "Mädchen brennen heller" liest, wer in diese reale, lodernde und doch eiskalte, aber vor allem würdelose Hölle voller inhumaner Despotie blickt.
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Ein nicht ganz perfekt ausgereiftes Debüt, das mich allerdings völlig in Beschlag nahm und infolgedessen mir andere Zeitungsmeldungen als gewohnt ins Auge stachen.