Siddharth Kara

 4,6 Sterne bei 8 Bewertungen

Lebenslauf

SIDDHARTH KARA ist Wirtschaftswissenschaftler, Menschenrechtsaktivist und gehört zu den weltweit führenden Experten zum Thema Menschenhandel. Er ist ein Global Professor der British Academy und Professor an der Universität Nottingham. Kara hat drei Bücher über moderne Sklaverei verfasst und wurde mit dem Frederick Douglass Book Prize ausgezeichnet. Sein erstes Buch über die schockierenden Bedingungen der globalen Zwangsprostitution wurde mit dem Titel »Trafficked« in Hollywood verfilmt. Ein von »Blutrotes Kobalt« inspirierter Spielfilm befindet sich derzeit in der Vorproduktion.

Quelle: Verlag / vlb

Neue Rezensionen zu Siddharth Kara

„Wir arbeiten in unseren Gräbern!“


Ein erschütternder Bericht des Wirtschaftswissenschaftlers, Meschenrechtsaktivisten und Professor an der University of Nottingham Siddarth Kara über die Zustände in den Kobalt-Abbaugebieten der Demokratische Republik Kongo. 

„Wir arbeiten in unseren Gräbern!“ sagt einer der Abertausenden rechtlosen Kleinschürfer treffend, denn während am Weltmarkt Höchstpreise für das Erz erzielt werden, holen Männer, Frauen und Kinder im handwerklichen Kleinstbergbau ohne Schutzausrüstung und Sicherungsmaßnahmen, oft mit bloßen Händen aus einsturzgefährdeten Gruben und Stollen. Dabei atmen sie giftige und radioaktive Stäube ein. Anschließend wird das für die Industrie kostbare Erz in verseuchten Becken gewaschen - und das alles zu Hungerlöhnen.   

Siddarth Kara hat sich selbst ein Bild dieser menschenunwürdigen Zustände gemacht. Er zeigt auf, dass die Erklärungen der Großkonzerne, „man achte auf Nachhaltigkeit und gute Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sowie die Zahlung von angemessenen Löhnen“ weder das Papier noch die Druckerschwärze wert sind. Gegen das neue Lieferketten-Gesetz der EU wird absichtlich und sträflichst verstoßen. Sanktionen? Nicht der Rede wert.  

Für seinen Bericht bzw. das Buch hat Siddarth Kara zahlreiche Kleinschürfer, Vertreter von Bergbaugenossenschaften, NGOs, Regierungsvertreter und Zwischenhändlern interviewt. 

Nach der Lektüre dieses Buches muss man sich schon fragen, ob und welchen Anteil Jeder oder Jede von uns an dieser Menschen verachtenden Ausbeutung hat. 

Fazit:

Keine leichte Lektüre, trotzdem eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

 

 

Ein muss für jeden der ein Handy besitzt

Was hat der Kongo mit Klaviertasten, Handys, Nagasaki, Ionen-Lithium-Batterien und der Industrialisierung zu tun? Was war dein erster Gedanke? Ich verrate es dir: die vielen Mineralien und Stoffe in den Böden des Kongo.


"Bitte sagen Sie den Menschen in ihrem Land, dass im Kongo jeden Tag ein Kind stirbt, damit sie mit ihren Smartphones ins Netz gehen können."


Als ich das Buch begonnen habe, war ich mir noch nicht so sicher, wie wohl die ganze Gliederung gestaltet worden ist. Ich stellte mir das ganze Thema als sehr komplex vor (was es auf jeden Fall auch ist). Der Autor schaffte es aber gut, mich als völlig Unwissende abzuholen und durch das ganze Thema zu begleiten.  Die Kapitel reichten von der Entdeckung und Kolonialisierung von Kenia bis hin zu den verschiedenen Staatswechseln, weiter bis zum hier und jetzt. Es sind ausgewogene Berichte zwischen Recherchen, Augenzeugenberichten und Interviews mit verschiedenen Parteien des Bergbaus und Weiterverkaufs. Sehr spannend fand ich unter anderem das Interview  mit einem Forscher der Universität Lubumbashi.


Firmen, welche Kobalt in ihren Geräten verarbeiten, äussern sich, nur Kobalt aus "sauberen" Quellen zu beziehen. Kara zeigt auf, dass dies genauso realistisch ist wie im See das Erkennen von Wasser aus verschiedenen Flüssen.


Eine Aussage ist mir besonders im Kopf geblieben und jagt mir immer wieder einen Schauer über den Rücken:


"Vielleicht können ein Mal Batterien ohne Kobalt auskommen und die gleiche Leistungsfähigkeit und Sicherheit halten. Dies wird das Elend der kongolesischen Bevölkerung nicht beenden. Der neue Rohstoff wird sehr wahrscheinlich auch in diesen Böden schlummern. Sein unbeschreiblicher Reichtum hat dem kongolesischen Volk nichts als unsägliches Leid gebracht."


Das einzige, was mir fehlte, war die Veranschaulichung. Z.B. eine Karte, damit man besser versteht, von welcher Miene gesprochen wird.


Es war kein einfaches Buch. Auch zu sagen: "Es hat Spass gemacht, es zu lesen" wäre falsch. Es war aber unglaublich bereichernd und meiner Meinung nach ein Muss für jeden, der ein Handy, eine Powerbank, ein E-Bike besitzt oder Batterien benutzt.




Für mehr Rezensionen: Instagram -> book_recommender_sbalunzia

Fluch der Rohstoffe

Wenn von Ländern mit einem "Fluch der Ressourcen" die Rede ist, steht die Demokratische Republik Kongo in der Regel ganz oben auf der Liste: Das Land verfügt über einige der begehrtesten Rohstoffe weltweit, könnte danach eigentlich überaus wohlhabend sein. Statt dessen lebt der größte Teil der Bewohner am Existenzminimum und die Ressourcen werden zu Bedingungen abgebaut, die menschen- und umweltfeindlich sind. Die Profite stecken andere ein - eine kleine lokale Elite, meist gleichbedeutenden mit den Regierenden und ihren Freunden, und ausländische Unternehmen.

In seinem Buch "Blutrotes Kobalt" befasst sich der amerikanische Forscher Siddarth Kara mit den Bedingungen, in denen im kongolesischen Kupfergürtel Kobalt  abgebaut wird, der Rohstoff, ohne den bei modernen Smartphones, Laptops und Elektroautos bzw deren Batterien nichts geht. Nirgends auf der Welt gibt es so große Vorräte wie dort, verwendet werden sie von Weltunternehmen, die sich ethische Ansprüche auf die Fahnen geschrieben haben. Wie lässt sich das mit Kinderarbeit, Lohndumping und Arbeitsbedingungen vereinbaren, die jeglichen Arbeitsschutzvorschriften in Europa oder Nordamerika widersprechen?

Kara will aufklären über die Menschen, die den Preis zahlen für die Gier auf ein jährlich neues Handy. Mehrere Jahre hintereinander fuhr er in die oft entlegenen Abbaugebiete, versuchte mit Minenbetreibern, Händlern und vor allem Bergarbeitern zu sprechen. Besonders geht es ihm dabei um Lieferketten, um die Ausbeutung der sogenannten handwerklichen Bergleute und die nach wie vor übliche Kinderarbeit.

Der Autor beschreibt Korruption auf allen Ebenen, schildert Menschen, die Angst haben, mit ihm zu reden, er trifft Jugendliche, die nach Unfällen verkrüppelt sind, beschreibt Ausbeutung und Missbrauch, sexuelle Übergriffe auf Frauen und Mädchen, die im Bergbau arbeiten, die Zerstörung der Umwelt und die gesundheitlichen Auswirkungen auf die oft ohne Schutzausrüstung arbeitenden Menschen.

Allerdings: Die meisten der "handwerklichen" Bergarbeiter sind eigentlich illegal, sie sind nicht bei den Konzernen angestellt, arbeiten auf eigene Faust. Arbeitsschutzgesetze oder das Verbot von Kinderarbeit verpuffen da. Ihre Koltanerträge gelangen dennoch in die Lieferkette und die Bergarbeiter erhalten buchstäblich einen Hungerlohn.

Dort, wo Bergarbeiter, gerade auch Kinder und Jugendliche, von Soldaten oder Milizen als Arbeitssklaven in die Koltanförderung geschickt werden, verstehe ich Karas Empörung. Aber teilweise zeigt er die Blauäugigkeit eines Amerikaners angesichts der Armut im Kongo und anderen afrikanischen Ländern. Die Verhältnisse verstören - aber ihm scheint nicht klar zu sein, dass die Menschen einfach keine Alternative haben. 

Die "illegalen" Bergleute, die im Familienverband nach Koltan schürfen, sehen darin ihre Chance, ein kleines bißchen von dem Boom um das blaue Metall abzubekommen. Ansonsten bleibt ihnen die Plackerei auf einem kleinen Stück Land. Klar, Kinder sollten zur Schule gehen und nicht in Minen schuften müssen. Angesichts der Armut nützen Verbote von Kinderarbeit aber wenig - schon gar nicht bei Kindern, die verwaist sind und irgendwie überleben müssen. Da wäre den Betroffenen eher geholfen, wenn sie eine andere Arbeit bekommen könnten, die nicht ihr Gesundheit und ihr Leben gefährdet.

Kara geht auch auf die koloniale Vergangenheit ein, als der Kongo das persönliche Eigentum des belgischen Königs war, das "Herz der Finsternis" im gleichnamigen Roman von Joseph Conrad. Heute sind es vor allem die Chinesen, die im Kupfergürtel die Rohstoffe ausbeuten. Gar nicht erwähnt wird die Lage im Ostkongo, wo die örtlichen Warlords vom Koltanabbau profitieren und das seltene Metall die seit 30 Jahren andauernde Gewalt noch weiter anfacht.

Durch Wiederholungen erhält das Buch einige unnötige Längen - möglicherweise wurden hier mehrere Aufsätze zu einem Buch zusammengefügt. Wer sich auch mit ethischen Fragen von Konsum beschäftigt, sollte an diesem Buch nicht vorbeigehen.

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