Cover des Buches Alles bleibt anders (ISBN: 9783936742954)
Rezension zu Alles bleibt anders von Siegfried Langer

Rezension zu "Alles bleibt anders" von Siegfried Langer

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 14 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 14 Jahren
Für Frank Miller ist nichts so wie es sein sollte. Er scheint in einer völlig anderen Zeit festzustecken. Aber kann er das eigentlich beurteilen? Er hat sein Gedächtnis verloren und irrt auf den Straßen eines Deutschlands anno 2008 herum. Aber etwas scheint ganz und gar nicht zu stimmen. Warum fahren z.B. noch immer Droschken auf den Straßen? Zwar hat der technische Fortschritt eine mit Strom betriebene Straßenbahn hervorgebracht aber dennoch können sich nur sehr reiche Leute so etwas wie ein Automobil leisten. Wieso hat Deutschland noch immer einen Kaiser? Schien der erste so wie der zweite Weltkrieg hier gar nicht statt gefunden zu haben? Aber die wohl wichtigste Frage ist: Wieso halten ihn alle für tot? Von allen wird er zwar erkannt aber nur wie ein böser Geist aus anderen Zeiten behandelt. Vor allem von seiner ehemaligen Verlobten für die, nach seinem angeblichen Tod, das Leben weiter ging, die geheiratet hat und nun mit einem reichen Arzt zusammenlebt. Sie ehelichte Dieter Wiegand, einen ehemaligen Studienkollegen von Frank. Aber exakt dieser Wiegand ist es der Frank etwas aus der Fassung bringt. Nicht nur das sich der Arzt ihm gegenüber abweisend verhält sonder es scheint als ob Dieter mehr über Frank weiss als jener über sich selbst. Nicht nur Franks Vergangenheit ist Dieter bekannt auch der Grund für seine Amnesie und warum ihn alle für Tod halten. Vor allem aber weiss Dieter ganz genau das Frank ein zweites mal sterben muss noch bevor er die wirkliche Funktion des geheimnisvollen Medaillons, das Frank um seinen Hals trägt, herausfindet. Ich weiß, dass es unfreundlich ist bei einer Buchbesprechung mit der Kritik als erstes zu beginnen, aber leider lässt einen das Buch keine Wahl. Der Text scheint wie ein Baukasten zu sein, der einfach falsch zusammengesetzt wurde. In herkömmlichen SiFi- oder Thrillerwerken gibt es meist eine kurze Einführung von 10-15 Seiten. Diese Einführung ist dazu da, um den Leser im Gedanken ein bisschen auf das Buch einzustimmen und um bei ihm das Bedürfnis zu wecken weiterlesen zu wollen. Es ist dabei legitim noch nichts von der Story zu verraten und den Leser etwas im Dunkeln tappen zu lassen. Bei Siegfried Langers Buch ist es nicht anders. Man bekommt auch hier eine Einführung, man tappt auch hier im Dunkeln und man hat auch nach diesen Seiten das Bedürfnis weiterzulesen. Aber im Fall von Alles bleibt anders dauert diese Einführung gut 70 Seiten. Fast ein ganzes Drittel des Buches irrt nicht nur Frank, sondern auch der Leser im Dunkel der Geschichte umher in Erwartung das auf der Coverrückseite versprochene Germania zu sehen und mit dem Mann ohne Gedächtnis eine Zeit zu entdecken in der der Nationalsozialismus gesiegt hat. Das bekommt man später hin auch zu sehen, aber wie gesagt, es handelt sich hier um einen falsch zusammengesetzten Baukasten. Hier wäre es kein Problem gewesen, die Endsequenz gleich ganz an den Anfang zu stellen. Ein Krüppel und ein junger Mann hinter den feindlichen Linien. Beide werden für Spione gehalten wobei nur der Krüppel Englisch spricht. Als deutsche Spione also völlig ungeeignet. Aber dennoch sind jene hier in England -der Höhle des Löwen anno 1944- um einen ganz bestimmten Mann zu sehen. Eine einfache Einführung, die dem Leser zwar überhaupt noch nichts verrät ihn aber auf die Thematik einstimmt. 5 Seiten lang, fertig. Danach das Jahr 2004, danach 2008 und die Geschichte nimmt von ganz alleine seinen Lauf. Denn, und das sieht man dem Büchlein von außen nicht an, die Geschichte die hier offeriert wird, ist äußerst komplex und ihr hätte ein etwas linearerer Aufbau sehr gut getan. Auf diese Art hebt man sich zwar nicht so sehr vom ganzen Einerlei im SciFi-Regal ab aber das hätte die Geschichte, die Idee, einfach dieser wirklich liebevoll erdachte Storykomplex, mehr als wett gemacht. Wie aus anderen Rezensionen schon ersichtlich ist, handelt es sich hier um einen Roman der das Thema Zeitreisen behandelt. Siegfried Langer geht nun aber nicht einfach her und wirft eine handvoll Charaktere in einen Topf, stülpt dem ganzen den Deckel des Endsieges und vorherrschenden Nationalsozialismus´ über und sagt: “Nun macht mal das ihr hier wieder rauskommt”. Nein, er nähert sich der Thematik eher vom Standpunkt des Entdeckers. Der Weg scheint bei ihm das Ziel zu sein. Der Weg der Endeckung von Dimensionsabweichungen über das anmessen von sich abspaltenden Dimensionen bis hin zur Theorie von zeitlich unabhängigen Sprüngen in andere Dimensionen einschließlich der eigenen. Somit bleibt die “Was wäre wenn…”- Frage etwas im Hintergrund. Natürlich arbeitet man darauf hin in einer dieser dimensionalen Abweichungen eine Antwort darauf zu finden wieso gerade im hier und jetzt der Nationalsozialismus gesiegt hat aber in einer anderen nicht? Was war der Grund für das Ende des Krieges und der Niederlage Deutschlands 1945, und ist es möglich die Zeit auch in jeder gewünschten Dimension dahingehend zu beeinflussen? Dieser Gedanke, einfach in der Zeit zurückreisen um Hitler zu verhindern, ist in diesem Buch ein eher zweitrangiger was man auch daran sieht, dass erst auf den letzten 10 Seiten des Buches wirklich durch die Zeit gereist wird. Dennoch war dies, alles in allem, ein Ansatz der mir sehr gut gefallen hat. Auch die Zweifel am aktiven Verändern der Zeit. Die Reflexion darüber, in wie fern sich eigentlich eine Diktatur, egal welcher Form, von einer Demokratie unterscheidet. Die Aufgabe von Freiheit für ein geregeltes und sicheres Leben oder doch den anderen Weg wählen? Das sind schon kluge Ansätze gewesen von denen ich wirklich gerne mehr gelesen hätte. Generell hätte ich gerne von allem mehr gelesen. Nicht selten schien mir das Buch sehr gedrungen, was nicht nur am überdurchschnittlich kleinen Schriftsatz lag. Lässt sich das Buch am Anfang sehr viel Zeit um mit der Story anzuheben werden einem zum Ende hin die Daten, Fakten und Storywendungen um die Ohren gehauen. Auch wenn das Buch unterm Strich wirklich viele Kanten und Ecken hat so ist es dennoch ein Buch wo ich mir einen zweiten Teil sehr gut vorstellen könnte. Nicht nur um die kleinen Verwirrungen im aktuellen Band etwas gerade zu biegen, sondern vor allem auch weil ich glaube, dass Siegfried Langer hier wirklich mit Einfallsreichtum und geübter Feder etwas aufgeschrieben hat was nicht einfach so wieder in der Versenkung verschwinden sollte. SciFi- Fans sollten sich also nicht abschrecken lassen und dem Buch auf jeden Fall eine Chance geben. Und Herrn Langer kann ich nur den Tipp geben sich in Zukunft einfach mehr zuzutrauen.
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