Cover des Buches Kurschattenerbe (ISBN: 9783839214343)
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Rezension zu Kurschattenerbe von Sigrid Neureiter

Ein schiffbrüchiger Minnesänger, ein ermordeter Maler und ein geheimnisvolles Bild

von Cappuccino-Mama vor 10 Jahren

Rezension

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Cappuccino-Mamavor 10 Jahren

Nach ihrem Debüt-Krimi BURGFRIEDEN, den die Autorin Sigrid Neureiter im letzten Jahr veröffentlichte, erschien nun ein, von mir sehnlichst erwarteter neuer Krimi, der den Titel KURSCHATTENERBE trägt. Der Handlungsort befindet sich auch diesmal wieder in Südtirol, genauer gesagt ist Meran und seine Umgebung diesmal der Schauplatz des Geschehens.


Das Cover / Ausstattung:

Auch diesmal wurde das Titelbild wieder sehr gut ausgewählt – passend zum Handelsort. So ist im Vordergrund die Passer zu sehen, der Fluss, der durch Meran fließt und eine wichtige Rolle im Buch spielt. Das Gebäude, das im Vordergrund zu sehen ist, ist die Wandelhalle, dahinter ist eine Villa zu sehen, hinter der der Meraner Doms hervorlugt. Im Hintergrund ist ein Gebirge zu sehen, darüber ein blauer Himmel mit vielen Wolken. Sehr schön finde ich, dass diese Szenerie von einem Baum und einigen Sträuchern und Blüten im Vordergrund eingerahmt wird. Den Blickwinkel finde ich sehr gut gewählt. Das Cover wurde matt gestaltet, wodurch es sehr edel wirkt. Lediglich einige Akzente wurden glänzend gestaltet, so der Buchtitel und der Fluss.

Typisch für den Verlag sind hier wieder die kleinen Eyecatcher, die Details, welche mir immer positiv auffallen. So sind die Innenseiten der Buchdeckel hier mit dem Titelbild versehen – zwar in Schwarz-Weiß, dafür aber ohne den Buchtitel und dem Autorennamen, so dass man nun das Bild komplett vor Augen hat.

Ich hatte in meiner Rezension zu BURGFRIEDEN angeregt, eine Karte ins Buch einzufügen, da ich mir oft nicht so recht ein Bild von der Lage der einzelnen Schauplätze machen konnte. Anhand einer Karte kann man sich auch als Ortsunkundiger bei den örtlichen Begebenheiten, z.B. Lage und Entfernungen der Handlungsorte, zurechtfinden. Zu meiner Freude befindet sich nun, auf meine Anregung hin, eine Karte im aktuellen Krimi, in der die Handlungsorte, bzw. Schauplätze markiert sind. Schön, dass der Gmeiner Verlag so positiv auf die Wünsche der Leser eingeht.


Die Handlung:

Ein bekanntet Südtiroler Heimatmaler wird von seiner Haushälterin tot aufgefunden. Die hinzugerufene Polizei geht von einem Verbrechen aus. Jenny Sommer, eine Hobbydetektivin, organisiert derweilen ein Symposium über den Minnesänger Oswald von Wolkenstein, dessen Leiter der Wissenschaftler und Mittelalter-Experte Arthur Kammelbach ist.

Erst verschwindet das Instrument einer Musikerin, die mit ihrem Musikensemble dem Symposium einen würdigen Rahmen verleihen soll, und dann ist plötzlich auch noch Professor Kammelbach spurlos verschwunden. Jenny versucht, das Verschwinden des Professors aufzuklären und begibt sich dabei in große Gefahr. Die Spur führt Jenny zum Schloss Tirol und weit in die Vergangenheit. Stets an ihrer Seite ist hierbei Lenz Hofer, der Assistent von Professor Kammelbach. Steht etwa das Verschwinden des Wissenschaftlers mit dem Mord am Heimatmaler in einem Zusammenhang?


Meine Meinung:

Über das Wiedersehen, bzw. Wiederlesen, mit „meinen alten Bekannten“, als da wären Jenny Sommer, Lenz Hofer und Professor Kammelbach, habe ich mich sehr gefreut. Der Einstieg ins Buch gelang sehr gut, denn der Zeitungsbericht, in dem über den Mord am Heimatmaler berichtet wurde, hat sofort meine Neugier geweckt.

Jenny Sommer, ist eine PR- Beraterin und diesmal ist sie mit der Organisation des Symposiums betraut. Ob Jenny und Lenz diesmal endlich zusammenfinden werden? Diese Frage stellte ich mir, da ich es gerne sähe, dass aus den beiden ein Paar wird – da liegt regelrecht ein Knistern in der Luft. Doch Jenny findet Lenz als Partner einfach zu jung – sie Anfang vierzig, er ein gutes Jahrzehnt jünger. Im Gegensatz zu Jenny stellt der Altersunterschied für Lenz offensichtlich keinerlei Problem dar.

Lenz Hofer, Assistent von Arthur Kammelbach, fällt schon durch seine ungewöhnliche Sprechweise auf – er ist ein Fan von Poetry Slam und hat dieses Hobby so verinnerlicht, dass er die einzelnen Worte innerhalb eines Satzes vertauscht. Das mag zwar für den Leser etwas gewöhnungsbedürftig sein, macht den jungen Mann dadurch jedoch zu einem unverwechselbaren Individuum – diese ungewöhnliche Art zu sprechen ist (fast schon) sein Markenzeichen.

Arthur Kammelbach kannte ich ebenfalls schon aus BURGFRIEDEN. Diesmal verschwindet der Professor spurlos. Da es so gar nicht seine Art ist, unangemeldet zu Touren,... aufzubrechen, wird schnell klar, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Lediglich eine sonderbare SMS hatte Jenny erhalten, und fortan war der Professor nicht mehr zu erreichen.

Kateryna Maximowa, 46, ist eine Millionärin aus der Ukraine, die die Veranstaltung sponsert. Die ehemalige Deutschprofessorin wirkte auf mich etwas kühl und nicht besonders gefühlvoll, sondern schien eher ein „Kopf“- als ein „Bauch“mensch zu sein. Leider scheint es, als fände Tochter Sascha zu wenig Anerkennung, denn diese rebelliert, indem sie sich sehr jungenhaft kleidet – mit Basecap und ausgewaschenen Jeans.

Sascha, Katerynas 13jährige Tochter und wirkt sehr selbstbewusst. Sie liebt das Radfahren, begibt sich dadurch aber in Gefahr, da die beiden Bodyguards sie hier nicht so gut beschützen können. Juri und Victor sind Zwillinge und statt auf die Tochter ihrer Chefin zu achten, trainieren sie lieber das Kanufahren. Da hatte ich gleich ein ungutes Gefühl – wie groß ist da die Gefahr, dass das Mädchen Opfer einer Entführung wird.

Tony Perathoner, 38, ist der Manager und zugleich auch der Freund der Millionärin. Doch Sascha ist alles andere als begeistert und möchte keinesfalls, dass ihre Mutter diesen Mann heiratet, der es in ihren Augen nur auf das Vermögen der Mutter abgesehen hat. Mir war der Mann recht suspekt und es gelang mir nicht, ihn einzuschätzen – wollte er nur an Katerynas Vermögen gelangen, oder liebt er die Millionärin von ganzem Herzen. Allerdings hat Tony auch bei Sascha keinen leichten Stand, ist die doch mitten in der Pubertät und sähe gerne ihren Vater an der Seite ihrer Mutter.

Beppo Pircher ist der Lokalreporter der ansässigen Zeitung „Meraner“. Auf mich wirkte er sympathisch. Ist es nur die berufliche Neugier, die Beppo verdächtig macht, oder hat er etwas zu verbergen?

Peter Mitterer, der ermordete Maler, lebte eher zurückgezogen. Doch weshalb musste der Heimatmaler nun eigentlich sterben und wer brachte ihn um? Und welche Rolle spielte seine Haushälterin in dieser Sache?

Viola Vielle ist eine Musikerin des Ensembles „Freudenklänge“. Zwar ist die junge Frau sehr ehrgeizig und eine Begabung kann man ihr nicht absprechen, doch leider beherrscht sie ihr Instrument nicht perfekt und hat Probleme, beim Tempo der Musikstücke mitzuhalten und versucht dies zu vertuschen. Klar, dass das nicht sehr gut bei den anderen Musikern ankommt, zumal die Gruppe den stattfindenden Wettbewerb gewinnen möchte. Die junge Frau konnte ich jedenfalls nicht so recht einschätzen – wie weit würde sie gehen, um ihre Defizite auszugleichen?

Martha Trappeiner, die verwitwte Buschenwirtin (bei uns in Deutschland ist eine Buschenwirtschaft als Besenwirtschaft, Straußenwirtschaft,... bekannt), war die Haushälterin des Malers. Kristl, ihre 12jährige Tochter, begleitete die Mutter öfters mit zum Maler. Kristl und Sascha – zwei sehr unterschiedliche Mädchen – oder verbindet die beiden doch etwas?

Oswald von Wolkenstein – Sänger, Dichter, Komponist, weitgereister Ritter aus Südtirol – und politisch nicht unbedeutend. Er wurde in Gemälden verewigt und eines der Gemälde spielt in diesem Krimi eine wichtige Rolle.

Die Ermittler hinterließen bei mir keinen sonderlich guten Eindruck, fand ich deren Arbeit doch recht schlampig. So manch ein Polizist ruht sich hier wohl auf den verdienten Lorbeeren der Vergangenheit aus und lässt bei den neuesten Ermittlungen nicht die nötige Sorgfalt walten. Kein Wunder, dass da Jenny die Ermittlungen in die Hand nimmt.

Eine meiner absoluten Lieblingsstellen im Buch war die, in der Sascha und die Tochter der Wirtin sich künstlerisch betätigen. Vor allem haben es mir hier die Dialoge der beiden Mädchen angetan – Südtiroler Dialekt trifft auf die russische Sprache. Hier habe ich mich einfach köstlich amüsiert.

Sehr gut gefällt mir, das sich in diesem Buch eine Karte mit den Schauplätzen befindet, nachdem ich im ersten Band die Karte vermisst hatte. Und während des Lesens habe ich diese Karte auch immer wieder mal benutzt, um mir selbst ein Bild von der Lage und den Entfernungen der einzelnen Handlungsorte zu machen.

Apropos Handlungsorte: Nachdem ich in BURGFRIEDEN Bozen in Südtirol kennenlernen durfte, ist in diesem Krimi Meran Ort der Handlung. Lokalkolorit ist in diesem kurzweiligen Krimi reichlich vorhanden, samt Hintergrundinformationen zur Geschichte von Gebäuden, wie dem Kurhaus,... . Dennoch ufern diese Beschreibungen nie aus, sondern haben genau den richtigen Umfang. Zur Region Südtirol gehört natürlich auch ein entsprechender Dialekt, den die Einheimischen verwenden. Ich persönlich hatte mit der Sprache keinerlei Schwierigkeiten, da einzelne Begriffe erklärt wurden. Schön, dass Dialekt verwendet wurde – in der richtigen „Dosierung“, denn dadurch wirkt der Krimi richtig schön authentisch.

Die Fußnoten / „Sternchenverweise“ befinden sich direkt auf der jeweiligen Buchseite, so dass man nicht erst umständlich blättern muss, um die Bedeutung der einzelnen Begriffe zu erfahren, was ich sehr praktisch fand. Die 21 Kapitel (+ Kapitel null – der Prolog) wurden einfach durchnummeriert, wobei die Zahlen als Wort geschrieben wurden.

Das Buch wurde zudem in unterschiedliche Wochentage (Montag bis Freitag) unterteilt, wie ich es bereits aus anderen Krimis kenne. So wird dem Leser bewusst, dass sich die Handlung der 276 Seite über lediglich fünf Tage erstreckt. Es wurde also auf Hochdruck ermittelt. Die Schriftgröße ist sehr angenehm, was ein flüssiges Lesen sehr fördert, ebenso wie die relativ kurzen Kapitel – so liest man in kurzer Zeit so einige Seiten weg.

Passend zu Oswald von Wolkenstein hat die Autorin immer wieder zu Beginn der einzelnen Kapitel die Verse des Dichters aus dem Mittelalter eingearbeitet, was sehr stimmig wirkt. Schöner Nebeneffekt: Man lernt nie aus – Oswald von Wolkenstein war mir bislang unbekannt, im Gegensatz zu Walther von der Vogelweide, der übrigens im Vorgängerband eine Rolle spielte. Und dass eine Vielle eine Art mittelalterliche Geige ist, weiß ich nun ebenfalls. Ein Krimi, der mich wieder einmal komplett überzeugen konnte – ich wüsste nichts, das mir negativ aufgefallen wäre. Und so hoffe ich natürlich auf ein baldiges Wiederlesen mit Jenny Sommer & Co.


Fazit:

Ein unterhaltsamer Krimi, der sich flüssig lesen lässt und der spannend geschrieben wurde - ein würdiger Nachfolger von Sigrid Neureiters Krimidebüt BURGFRIEDEN. Auch ohne die Kenntnisse des ersten Bandes lässt sich das Buch problemlos lesen. Das Buch brachte letztendlich noch einige Überraschungen und unvorhersehbare Wendungen ans Tageslicht – mir selbst gelang es übrigens nicht, den Täter zu überführen und so war ich überrascht über die Präsentation desselben. Auf jeden Fall kann ich das Buch, das übrigens ohne blutige Details auskommt, weiterempfehlen. Von mir erhält der Krimi 5 Sterne.

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