Silvia Morawetz

 3,9 Sterne bei 759 Bewertungen

Lebenslauf

Geboren in Gera. Übersetzt nach einem Studium der Anglistik und Germanistik seit 35 Jahren aus dem Englischen. Sie hat bisher ca. 150 Werke aus den Gattungen Prosa, Lyrik, Essay und Hörspiel übertragen, unter anderem von Anne Sexton, Joyce Carol Oates, Ali Smith, James Kelman, Paul Harding und Steven Bloom. Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach mit Stipendien des Literarischen Colloquiums Berlin, des Landes Baden-Württemberg und des Landes Niedersachsen ausgezeichnet. Sie lebt in Celle.

Quelle: Verlag / vlb

Neue Bücher

Cover des Buches Wache halten (ISBN: 9783753001029)

Wache halten

(1)
Neu erschienen am 27.05.2025 als Gebundenes Buch bei Ecco Verlag.
Cover des Buches Babysitter (ISBN: 9783312014064)

Babysitter

(11)
Erscheint am 29.07.2025 als Taschenbuch bei Nagel & Kimche.
Cover des Buches Der Schlächter (ISBN: 9783896677686)

Der Schlächter

(7)
Neu erschienen am 01.05.2025 als Gebundenes Buch bei Blessing.

Alle Bücher von Silvia Morawetz

Keinen Eintrag gefunden.

Neue Rezensionen zu Silvia Morawetz

Cover des Buches Der Schlächter (ISBN: 9783896677686)
ElliPs avatar

Rezension zu "Der Schlächter" von Joyce Carol Oates

ElliP
Sinfonie des Schreckens

Joyce Carol Oates bestätigt mit ihrem neuen Roman „Der Schlächter“ ihren Ruf als Kennerin des Schreckens, des Unglaublichen, des Makabren. Außergewöhnlich ist sowohl Inhalt als auch Sprache und Form und man taucht tief in eine Welt des Unfassbaren ein.

Im Zentrum steht der diabolische Arzt Silas Aloysius Weir, sein Aufstieg und Fall. Zu Beginn seiner Karriere wird er schüchtern, zurückhaltend als Landarzt in das Metier der Medizin eingeführt, kann kaum Blut sehen, hat Angst vor Berührungen und Kontakt zu den Patienten. Im Laufe der Zeit entwickelt er sich aber, von Ehrgeiz getrieben, zu einem Arzt, der mit neuen Forschungs- und Operationsmethoden die Geschichte der Medizin, der Gynäkopsychiatrie, revolutionieren möchte. Nicht die Heilung der Kranken, sondern die Erprobung neuer, wissenschaftlicher Erkenntnisse stehen nun im Vordergrund und werden auf dem Rücken der Patientinnen vorangetrieben. Die perfekte Umgebung für seine Experimente findet er in der Anstalt für psychisch kranke Frauen, als Geisteskranke von ihren Familien abgeschoben und verbannt, an denen er seine unmenschlichen Untersuchungen und Operationen ohne Rechtfertigungsdruck durchführen kann. Erschütternde, plastische Darstellungen, Momente der Not, der Folter, der Qual, Unglaubliches wird erzählt, die Frauen sind wehrlose, anonyme Opfer. Allein zwei Frauen nehmen eine Sonderfunktion ein, eine Krankenschwester und eine Patientin, die es schaffen, sich in Ansätzen zu behaupten und Einfluss auf die Geschichte zu nehmen.

Die Sprache ist grandios, auf ganz hohem Niveau und wirklich dem 19. Jahrhundert angepasst, Schreiben kann Oates! Äußerst gelungen fängt sie diesen zeitlichen Duktus ein und es klingt wie ein Traktat aus der Romantik - der dämonische Arzt auf der Suche nach Perfektion, die schöne, stumme Albina, das Feuer, die Qualen, Gottesfürchtigkeit und der Bund mit dem Teufel, Maschinen und technische Geräte, Experimente, Wissenschaftsgläubigkeit und Furcht, Liebe und Hass, Strafe und Belohnung. Unterschiedliche Blickwinkel und Perspektiven tragen zur Abwechslung bei, gekonnt wechseln sich Einträge aus einem Tagebuch, Berichte von Überlebenden, einer Chronik, Schilderungen des Sohnes ab und vermitteln ein umfangreiches, aber immer auch subjektives und unzuverlässiges Bild. Der Leser weiß nicht, auf wen er sich verlassen kann und muss selbst die losen Enden zusammenknüpfen. Die gestelzte Sprache versetzt uns in die Zeit Edgar Allan Poes oder auch E. T. A. Hoffmanns und die gleiche Weitschweifigkeit ist zu beobachten. Weitere Elemente eines Schauerromans aus dem 19. Jahrhundert sind erkennbar - einzelne Momente werde nicht erklärt, man kann an das Übernatürlich glauben, Dinge zwischen Himmel und Erde, die nicht wissenschaftlich erklärbar sind – ein Equilibrium zwischen den Fakten und dem Fantastischen, Unerklärlichem lassen Leerstellen zu, die individuell gefüllt werden können.

Dieser Roman ist ein besonderes Highlight, allerdings nichts für schwache Nerven und viktorianische Fräuleins. Mich hat „The Butcher“ sehr bewegt und zum Nachdenken gebracht - keine leichte Kost, aber eine Lektüre, die mich sicherlich lange begleitet wird. Ich freue mich auf mehr von der spektakulären Joyce Carol Oates!

Cover des Buches Wache halten (ISBN: 9783753001029)
yellowdogs avatar

Rezension zu "Wache halten" von Joyce Carol Oates

yellowdog
Ein intimer, intensiver Text!

Die große amerikanische Schriftstellerin Joyce Carol Oates hat hier ein offenbar sehr persönliches Buch geschrieben. Wenige Jahre nachdem ihr Ehemann gestorben ist, zeigt sie hier ein Paar (Michaela und Gerard), dass zum Arbeiten und Unterrichten in ein Institut nach New Mexico gegangen sind. Hier wird der Mann krank, unheilbar. Für Michaela ist es hart zuzusehen, wie ihr Mann sich in der Klinik dem Tode nähert. 

Nur kurz gibt es eine Passagen an der Uni, mit einer Studentin, die Hilfe von Michaela braucht. Dann geht es wieder nur um die Krankheit und nahenden Tod. Das ist teilweise im Detail beschrieben auch für den Leser nicht ganz einfach zu ertragen.

Der zweite Teil des Buches hat eine andere Tonlage und zeigt dann die Trauer nach Gerads Tod. Es gibt auch noch weitere Passagen mit einem Studenten. Für mich sehr gelungene Szenen.

 

Die Autorin geht weit, die Emotionen zu zeigen. Es ist ein Buch nicht ohne Bitterkeit und doch wird eine Tiefe der Trauer dargestellt, wie man es selten gelesen hat.

Cover des Buches Der Schlächter (ISBN: 9783896677686)
galaxauras avatar

Rezension zu "Der Schlächter" von Joyce Carol Oates

galaxaura
Die Abgründe der Gynäkopsychiatrie

In hohem Alter widmet sich die Erfolgsautorin Joyce Carol Oates mit ihrem neuen Roman „Der Schlächter“ einer schlimmen Phase der Medizingeschichte, einer Zeit, in der meist nur widerständige Frauen in Psychiatrien als geisteskrank weggeschlossen und an ihnen operativ herumexperimentiert wurde, um sie von ihrer angeblichen Geisteskrankheit aka Eigensinn zu befreien – oft mit tödlichen Folgen.

 

Oates Roman kreist um den psychiatrischen Arzt Dr. Silas Weir und seine Patientin Brigit – sowie deren komplex verflochtene Beziehung. Vorweg sei gesagt: Dieses Buch ist starker Tobak und macht vor vielen expliziten Szenen nicht halt – dessen sollte mensch sich bewusst sein, bevor die Lesereise beginnt. Genau diese Schonungslosigkeit macht auch die Stärke von Oates Roman aus, der damit den vielen geschundenen Frauen der Medizingeschichte eine laute, fast schon schreiende Stimme verleiht, so dass man sie nicht vergisst. Basierend auf vielen wahren Geschichten erzählt die Autorin von einer Nervenheilanstalt im Pennsylvania des 19. Jahrhunderts und einem narzisstischen Arzt, der an einem Vaterkomplex leidende stümperhaft arbeitend auf eine große Karriere zielt – und dabei über Leichen geht.

 

Oates schreibt gut, das Buch hat zunächst einen tollen Lesefluss, die Beschreibungen sind sehr bildhaft und griffig, die Atmosphäre wird gut gegriffen, ohne überausführlich zu sein und vor allem scheut sie sich wahrlich gar nicht, in die misogynen Männerseelen hineinzuschauen. Ein perfektes Buch, um aufzuzeigen, warum Feminismus auch für Männer die Lebensqualität deutlich erhöhen würde, es ist ja auszuhalten, wie sehr diese hier in Tabuisierungen festklemmen. Wobei die Folgen natürlich für die Frauen deutlich schlimmer sind, weshalb ich dann doch kein Mitleid empfinde.

 

Strukturell gefällt die Idee von wechselnden Erzählperson sehr gut, das macht das Buch abwechslungsreich und öffnet unterschiedliche Perspektiven. Im weiteren Verlauf reduziert sich diese Multiperspektive leider stark und eigentlich sind alle Erzählenden unzuverlässige Erzähler:innen, was es mitunter schwierig macht, eine klare Handlung zu sehen. Auch werden die Beschreibungen immer redundanter und dann doch überausführlich, so dass sich bei mir immer mehr Langeweile breitmachte. Das Buch auf eine fiktive Autobiographie bei ansonsten schlechter Datenlage zu basieren, ist eine kluge Entscheidung, denn natürlich vergisst die lesende Person diese Fiktion immer wieder. 

 

Obwohl mit bekannt war, wie Frauen „psychiatrisch“ behandelt wurden, hatte ich tatsächlich den Begriff Gynäkopsychiatrie noch nie gehört. Dr. Silas Weir, dessen Leben wir folgen, ist letztlich eine ziemlich armselige Figur und die Einbettung in einen überhöhten Glaubenskontext (Kirche, sorry, immer ein Problem) und einen fetten Vaterkomplex macht ihn, das kleine Männlein, leider brandgefährlich, wie auch wieder deutlich wird, dass Tabus und Unwissen Frauen immer wieder zu Opfern machen. Die psychische Konstellation von Dr. Weir wird am Anfang des Buches sehr gut herausgearbeitet, sein großes Ego, seine Komplexe, die ihn in eine vollkommen irrwegige Selbstwahrnehmung treiben. Gänzlich von seiner Familie isoliert, fehlt es auch an einem Korrektiv. Immer wieder überhöht er sich selbst. 

 

Die Tabuisierung des Frauenkörpers, die bis heute stattfindet und immer noch zu einer Geschlechterungerechtigkeit in der Medizin mit teils fatalen Folgen führt, wird gut herausgearbeitet. Die Folgen für Frauen im 19. Jahrhundert: Einfach schlimm. Alles „Symptome“, die hier beschrieben wird, sind einfach nur ganz normale Emotionen und Langeweile, Lust, Lebenshunger. Schlimmstenfalls mal Depression, was nicht verwundert angesichts der Eintönigkeit, in die Frauen als Gebärmaschinen in der Zeit gezwungen wurden. Auch massiv deutlich, wie sehr Frauen, die als Arbeitskräfte genutzt wurden, nur wieder in die Funktionsfähigkeit gebracht werden. Und dann natürlich die dauerhafte Sedierung der Frauen und der bedenkenlose Einsatz von Suchtmitteln. Die Behandlung, neben der Dauerdroge Laudanum, mit Nikotin und Kokain, einfach krass!

Der Ton, den Oates wählt, beschreibt wirklich gut das patriarchale, chauvinistische Denken. Teilweise kaum auszuhalten, wie tief sie in das Denken des Schlächters eintaucht und uns daran lesend teilhaben lässt. Mit der Zeit kommt es aber auch hier zu Abnutzungserscheinungen, weil nichts Neues mehr hinzukommt.

 

Wichtig und richtig die Geschichte der „Hysterie“ zu beschreiben und hoffentlich auch vielen Menschen dann endlich Grund genug, dieses Wort nicht mehr in Verbindung mit Frauen zu verwenden. Wie Männer je auf die absolut absurde Idee kommen konnten, Frauen Organe zu entnehmen, um Emotionen zu unterbinden – ein weiteres Beispiel für die einfach krasse Misogynie, die auf unserer Welt herrscht und an die ich mich nie gewöhnen werde und will. Pure Folter, mensch kann es nicht anders nennen, wie hier mit Frauen umgegangen wurde. 

Die Art, wie Oates in Nebensätzen die härtesten Infos dropped, ist ausnehmend geschickt, zeigt sie damit doch auch formal, was Frauen der Welt damals galten: nichts. Auch sehr gut, wie so viel schlimmer Alltag eingebettet wird aus der Zeit, die Sklaverei, die Gebundenheit von Dienstkräften, die Erbschulden, der Missbrauch an schon ganz jungen Frauen, der Platz, der Frauen generell in der Gesellschaft zugewiesen wird, einfach gruselig, das alles so gebündelt noch einmal zu lesen.

 

Dies könnte also ein großartiges Buch sein, wäre da nicht die große Weitschweifigkeit, die mich immer mehr ermüdet hat, die sich wiederholenden Topoi und Situationen, die merkwürdige Überhöhung von Personen und Handlungen, die immer wieder auftauchenden kleinen Fehler und Unlogiken in der Geschichte, die Monothematik auf sehr vielen Seiten, die gleichbleibende Sprache auch bei Perspektivwechseln, die medizinischen Fehler und unsachgemäßen Beschreibungen, die zunächst eingeführte Multiperspektive, die sich dann aber leider ganz schnell verliert, so wie der Fokus des Romans. 200 Seiten weniger hätten wahrscheinlich ein aufrüttelndes Buch ergeben. So wusste ich nach der Hälfte eigentlich alles und wollte das Buch ab dann nur noch beenden, weil sich nichts Neues mehr ergab. Diesem Buch hätte ich ein energischeres Lektorat gewünscht. So reicht es leider nur für drei Sterne bei einem sehr wichtigen Thema.

Gespräche aus der Community

Bisher gibt es noch keine Gespräche aus der Community zum Buch. Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Welche Genres erwarten dich?

Community-Statistik

in 1.124 Bibliotheken

auf 166 Merkzettel

von 14 Leser*innen aktuell gelesen

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks