Kurzweiliger, extrem aufschlussreicher und toll geschriebener Abriss über die Historie des Patriarchats. Faszinierend, bewegend und wütend machend. Wie die Autorin zahlreiche Personen und deren Ansichten in ein kohärentes Ganzes packt, dazu eigene und autobiographische Anteile mit verwendet, ist ganz großes Können und zeugt von langjähriger Auseinandersetzung mit dem Thema. Dabei weder moralisierend (die Wahrheit ist schlimm genug) noch anmaßend bekommt man(n) ein gutes Gespür dafür, warum jegliche Form der Gleichberechtigung seit jeher immer wieder im Keim erstickt wurde und welchen Einfluss Politik und gesellschaftliche Strömungen auf die 'Männerwirtschaft' all die Jahrhunderte hatte. Tolles Buch!
Simoné Goldschmidt-Lechner
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Rezension zu "Against White Feminism" von Rafia Zakaria
Dieses Buch ist unfassbar gut geschrieben und immer wieder so verfasst, dass ich Lust habe, meine eigenen Privilegien zu hinterfragen. Die wichtigste Aussage für alle Aktivist*innen ist meiner Meinung nach, dass wir anfangen sollten, uns Kapitalismuskritisch zu äußern.
Ich kann mich den Aussagen meiner Vorredner*innen nur teilweise anschließen. Ich finde z.B. nicht, dass allgemein Menschen mit weißer Hautfarbe nicht angesprochen werden oder dass das Buch ausschließlich auf den US amerikanischen Raum anzuwenden ist. Natürlich hat Zakaria darauf einen Fokus, denn sie spricht ja auch aus einer sehr persönlich erlebten Perspektive. Was ich als sehr angenehm bewerte.
Dennoch dürfen wir nicht vergessen, wie lobbyistisch auch der deutsche Raum geprägt ist, wie kolonialistisch, wie tief rassistische Strukturen noch in allen von uns verankert sind. Rafia Zakaria bringt das historisch und soziologisch auf den Punkt. Sie ist kritisch nicht nur basierend auf Hautfarbe, sondern vor allem basierend auf den westlichen Machtsystemen, in denen wir uns nun mal alle befinden.
Das "Raufhauen mit dem Knüppel" habe ich so überhaupt nicht empfunden und in anderen, aktivistischen Büchern als härter empfunden. Zumal Tone Policing bei dem Thema nicht unbedingt angebracht ist, verstehe ich aber die Aussage, dass man mit "Draufhauen" nichts erreicht. Das macht Rafia Zakaria meiner Meinung nach aber eben nicht. Sie beschreibt immer eingängig, wie sie die Situation emfpunden hat. Und Gefühle kann man nun mal nicht absprechen. Sie sind aber wichtig, um den Diskurs zu verstehen.
Bei der ausführlichen Kritik auf dieser Seite finde ich es z.B. bezeichnend, dass erst die (durchaus sehr negativ interpretierte) Kritik angestellt wird und erst dann die positiven Aspekte. Das schafft den Eindruck, als wäre "Against White Feminism" eine reine Hassboschaft an weiße Frauen, was aber nicht der Fall ist. Weiße, bürgerliche Frauen müssen anfangen, das System, in dem sie Leben zu hinterfragen. Und "Against White Feminism" dient als Grundlage dafür. Es zeigt viele praktische Beispiele, wie es nicht zu laufen hat.
Jetzt sollten wir uns überlegen, was wir daraus ableiten können. Ich jedenfalls wurde positiv zum Denken angeregt und würde jeder Person, die sich als Feminist*in bezeichnet, diese Lektüre ans Herz legen.
Mira Jacob hat eine sehr ungewöhnliche Art und Weise gefunden, um ihre Erfahrungen in dieser autobiografischen Graphic Novel zu erzählen. Es beginnt mit vielen Fragen, die ihr Sohn an sie richtet. Fragen, die teils sehr ungewöhnlich sind und hier im Kontext des Alltagsrassismus geschildert werden. Von diesen Gesprächen ausgehend, schaut sie selbst auf ihre Vergangenheit und erzählt von ihren Erfahrungen.
Die Erfahrungen machte die Autorin in den USA, so dass sie sich vielleicht nicht in Gänze eins zu eins nach Deutschland bzw. Europa transferieren lassen. Dennoch kann sich unsere Gesellschaft nicht vom Alltagsrassismus freisprechen. Auch in Deutschland dürfen sich nicht-weiße Menschen das ein oder andere anhören.
Mira Jacob erzählt von ihren Erinnerungen teils mit einer ulkigen Situationskomik, wenn z.B. ihr Sohn fragt, ob Weiße manchmal Angst vor Schwarzen haben, sie dies bejaht und ihr Sohn daraufhin fragt, ob sein weißer Vater Angst vor ihm hat, weil der dunkelhäutig ist.
Die eingangs von mir erwähnte ungewöhnliche Art und Weise, wie diese Graphic Novel aufgebaut ist, bezieht sich auf die Machart. Die Autorin benutzt Collagen aus Fotos und gleichen Zeichnungen, um Bilder zu erstellen, in die sie die Sprechblasen platziert. Es ist also keine klassische Graphic-Novel- oder Comic-Erzählung, die mit Stripes dargestellt wird, sondern es handelt sich um meist großflächige Collagen.
Dadurch hat das Buch einen gewissen Umfang erhalten, der manchmal durch seine Textlastigkeit auffällt. Dieses Buch liest niemand mal eben schnell durch, sondern es braucht seine Weile, was ich persönlich ganz gut finde.
Fazit
Ich finde es sehr interessant, erzählt zu bekommen, was auf nicht weiße Menschen manchmal für ein Unfug einprasselt. Auch wenn die Erinnerungen von einer US-Amerikanerin stammen, so wird es vergleichbare Situationen auch in Deutschland geben. Wir leben in einer multikulturellen Gesellschaft, die geprägt ist von einer Vielfalt von Menschen unterschiedlichster Herkunft. Und egal welches Äußere sie prägt, so sind sie alle Deutsche.
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