Zeitfieber – Sehr gut recherchiert, aber etwas kompliziert
von Nicky_G
Kurzmeinung: Informativ und anregend, aber keine leichte Kost.
Rezension
„Wir hatten einmal Zeit zum Denken, jetzt aber lässt uns die Kommunikation in Echtzeit kaum noch die Zeit zum Reagieren.“ (S. 335)
In 15 Kapiteln erzählt Simon Garfield über verschiedene Aspekte, die alle mehr oder weniger mit dem Thema „Zeit“ zu tun haben. Am Anfang jedes Kapitels gibt es ein Bild, das auf den Inhalt vorbereitet, und amüsant oder informativ ist.
In der Einleitung stehen sich Bölls Fischergeschichte und die Kuriosität von William Strachey gegenüber, weshalb ich ein durchaus amüsantes, informatives und nachdenkliches Buch erwartet habe. Ersteres wurde nicht ganz erfüllt, was vielleicht auch der ein oder anderen Übersetzungsschwierigkeit aus dem Englischen geschuldet ist. Dies kann man schon bei dem Zitat, das Groucho Marx zugeschrieben wird, erkennen: „Time flies like an arrow but fruit flies like a banana.“
Die letzten beiden Ansprüche allerdings wurden voll und ganz erfüllt. Eine gute Allgemeinbildung wird dabei von dem Autor vorausgesetzt. Auch war es sehr interessant, sich nebenbei im Internet über manches Thema speziell zu informieren und den Wissensstand zu vertiefen. Dafür eignet sich zudem das am Ende des Buches zu findende Literaturverzeichnis.
Das Buch regt dazu an, über die Zeit nachzudenken. Und das in unterschiedlichen Bereichen des Lebens. Wahrscheinlich weil man selber so eingefahren und fixiert ist, fällt einem manches gar nicht mehr auf oder ist einem gar nicht bewusst. Hier wird einem eindeutig ein Spiegel vorgehalten.
Die Anekdoten sind mal mehr, mal weniger interessant. Bei manchen frage ich mich, worauf der Autor hinaus wollte, außer dass irgendwie das Thema „Zeit“ darin verarbeitet wird, was dann nicht allzu überraschend oder besonders ist. Dennoch blitzt ab und an schwarzer Humor hervor, wenn u. a. über alternative Tagesbezeichnungen berichtet wird und was an diesen Tagen passiert ist (z. B. dass am Tag des Hasels Michele Ferrrero, der Erfinder von Nutella, verstorben ist).
Verblüffende Fakten wie die frühere Anzahl der Zeitzonen in den USA (49!) oder die Anfänge des Films lassen den Leser immer wieder staunen. Ab und an driftet Garfield allerdings sowohl in Sprache als auch in Ausführung etwas zu weit ab. Trotzdem eine interessante Lektüre, die anregend und beschäftigend ist.