Cover des Buches Blame (ISBN: 9780552569071)
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Rezension zu Blame von Simon Mayo

Viel zu oberflächlich für eine solch erschütternde Idee

von Kittyzer vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Die Idee wird als Auslöser für einen Action-Thriller genutzt, nicht jedoch als wichtiger zentraler Aspekt.

Rezension

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Kittyzervor 8 Jahren
MacMillan rammed his finger onto the sensor - the lights stayed red. "My God, they've locked us out," he muttered.
Ant took his hand and wiped his index finger on her shirt. "Too much sweat and blood," she said. "Try again."
He placed his finger on the pad again. There was a heart-stopping pause, then the light turned green and the door swung open. As soon as the gap was wide enough, they squeezed through.
Ninety seconds to Spike. It was Ant who led the way, glancing back to make sure MacMillan was keeping up. He ran with one hand pressed to his side. He looked wiped out, his face white, eyes bloodshot.
What happened to you?
--

INHALT:

Die ökonomische Krise, die die Welt in naher Zukunft im eisernen Griff hat, hat die Regierungen vieler Länder dazu gebracht, den Rufen verzweifelter Bürger zu folgen: Danach, Verwandte von Verbrechern für deren Taten büßen zu lassen. Auch in England wurde ein solches Gefängnis eröffnet, Spike - und die junge Ant und ihr Bruder Mattie sind gemeinsam mit ihren Stiefeltern Insassen dort. Spike ist mit zwei anderen Gefängnissen verbunden - in denen die eingebuchteten Kriminellen äußerst unzufrieden sind. So unzufrieden, dass ein enormer Aufstand ausbricht, der die Wärter völlig überfordert. Gleichzeitig bietet er Ant und ihrer Familie aber auch die lang ersehnte Chance zur Flucht...

MEINE MEINUNG:

Simon Mayo verfolgt in "Blame" ein äußerst interessantes und vor allem neues Thema: Das Absitzen von Gefängnisstrafen in Vertretung für Familienmitglieder - als Ausgleich für das gute Leben, das durch die Verbrechen geführt wurde. Die leidende Bevölkerung hatte diese Änderung gefordert, ohne Gedanken an moralische Grundsätze. Eine Idee mit einigem an Zündstoff für existenzielle und vor allem tief gehende Fragen. Leider nutzt der Autor sie aber nur, um einen Action-Thriller daraus zu stricken. Prinzipiell nicht schlecht, wird es doch nicht langweilig. Leider verliert der Roman dadurch aber auch alles an emotionaler Wucht.

Ant ist die meiste Zeit über eine Kick-Ass-Heldin, die weiß, was sie will und zu allem bereit ist, um das System zu stürzen. Gleichzeitig ist sie aber auch unfassbar wütend, auf alles und jeden, und bricht regelmäßig - unnötige - Streits vom Zaun, was stark an den Nerven zerrt. Mattie ist mit seiner ruhigen, nachdenklichen Art zwar ein wenig klischeehaft, aber trotzdem eindeutig der Sympathie-Träger der Geschichte und eine Figur, die man gern selbst beschützen würde. Den Stiefbruder der beiden, Max, kann man anfangs aufgrund seiner Wut auf sie und seine Entscheidung, zur Universität zu gehen, statt um seine Eltern zu kämpfen, nur schwer einschätzen. Er entwickelt sich aber zum Glück zum durchsetzungsfähigen Kämpfer. Der Rest der Charaktere ist leider überwiegend sehr eindimensional, insbesondere der Gefängnisleiter Grey, den man schnell durchschaut und der nichts anderes kann als böse und grausam zu sein.

Dafür, dass mir die Grundlage des Romans und auch der Beginn so gefallen haben, wurde ich, je mehr Seiten ist las, umso stärker enttäuscht. Es wirkt so, als hätte Simon Mayo ganz einfach ein spannungsgeladenes Buch voller Verfolgungsjagden und blutiger Kämpfe schreiben wollen, und sich das Gedankenspiel nur als Auslöser ausgesucht, nicht jedoch als zentralen Aspekt des Romans. Es wird nur angerissen, wie es überhaupt zu den Familien-Gefängnissen gekommen ist, Deutschland wird als einziges Land glorifiziert, das aus seiner Geschichte gelernt hat (was ja nett klingt, aber doch sehr weit hergeholt ist) und moralische Fragen werden kaum welche gestellt. Es geht nie wirklich darum, den Menschen ins Bewusstsein zu rufen, dass das neue System falsch ist, sondern einzig und allein um die Freiheit einiger weniger Insassen.

Die Geschichte ist mitreißend und lässt einen selten zur Ruhe kommen, aber das lenkt ganz einfach nicht von den Logiklücken ab: Dass aufständische Kriminelle statt Privilegien oder Freilassung zu fordern, nur an Ant herankommen wollen etwa; oder dass den ungefährlichen "struttern" (Bezeichnung für diejenigen, die die Strafen ihrer Verwandten absitzen) ein schmerzhafter Riemen umgelegt wird, den gefährlichen Mördern oder Räubern aber nicht. Bis zum Ende werden keine tiefgreifenden Elemente der Thematik behandelt, bis zum Schluss geht es einzig und allein darum, den Gefängnisleiter zu entmachten, nicht um eine Lösung für das große Ganze. So bleibt auch der Schluss seltsam offen, ohne rechte Aussicht auf Veränderungen. Letztendlich erscheint einem das Ganze damit irgendwie ziellos.

FAZIT:
Ein anderer Autor hätte aus der Idee von "Blame" eventuell einen die Gesellschaft in Frage stellenden und kritischen Roman gemacht - Simon Mayo war aber eher auf einen Action-Thriller aus. Den liefert er, keine Frage, dabei blieben für mich aber zu viele wichtige Dinge auf der Strecke. So reicht es nur für 2,5 Punkte.
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