Cover des Buches Something from the Nightside (ISBN: 0441010652)
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Rezension zu Something from the Nightside von Simon R. Green

Nicht zu hart, aber auch nicht weichgespült

von Wortmagie vor 8 Jahren

Rezension

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Wortmagievor 8 Jahren

Simon R. Green ist nicht nur ein erfolgreicher Science-Fiction und Fantasy Autor, er hat auch das Drehbuch für den Horrorfilm „Judas Ghost“ geschrieben. Die Kurzbeschreibung des Films klingt, als entspräche dieser Streifen genau meinem Geschmack. Bedauerlicherweise konnte ich nicht herausfinden, ob es eine deutsche Übersetzung gibt und falls ja, wie der deutsche Titel lautet. Mein Englisch ist zwar gut, aber Filme schaue ich trotzdem lieber auf Deutsch, weil ich mich dann weniger stark konzentrieren muss. Vielleicht weiß ja jemand von euch mehr darüber?
„Something from the Nightside“ ist der erste Band von Greens bisher 12-teiliger Reihe „Nightside“, die ich einfach mal antesten wollte.

John Taylor ist Privatdetektiv, denn er ist gut darin, Dinge zu finden. Das bedeutet jedoch nicht, dass er erfolgreich wäre. Die Geschäfte seiner Detektei in London laufen schlecht, weshalb ihm der Tag, an dem Joanna Barrett an seine Tür klopft, wie ein Segen erscheint. Joanna möchte, dass John ihre Tochter Cathy findet. Cathy ist eine Ausreißerin und schon oft für mehrere Tage verschwunden, aber dieses Mal ist es anders. Dieses Mal ist Cathy in die Nightside abgehauen. Die Nightside, Londons dunkle Parallelwelt, in der jede Sünde gekauft und gelebt werden kann; der Höllenpfuhl in den Schatten, bevölkert von Monstern, Lügnern und Legenden. John hat geschworen, niemals in die Nightside zurückzukehren. Doch welche Wahl hat er, wenn Rechnungen bezahlt werden wollen und sich eine schöne Frau auf ihn verlässt? Dinge zu finden, ist Johns angeborenes Talent – wer wäre er, würde er es nicht nutzen, um Cathy außer Gefahr zu bringen? John sieht den Tatsachen ins Auge: er muss heimkehren…

„Something from the Nightside“ beginnt wie ein typischer Groschenroman über einen Privatdetektiv. Die schöne, mondäne Frau betritt das abgeranzte, schmuddelige Büro des Ermittlers, weil sie verzweifelt ist und nicht mehr weiß, an wen sie sich sonst wenden soll. Der Held ist ein weltverdrossener, brummiger harter Hund, der schon zu viel gesehen und erlebt hat. So weit, so normal. Damit hat es sich allerdings auch schon mit der Normalität, denn John Taylor ist alles andere als gewöhnlich oder normal. Er ist ein Kind der Nightside, geboren in einem magischen, übernatürlichen Sündenpfuhl. Ich mochte die Idee zu dieser unheimlichen Parallelwelt von Anfang an sehr. Angeblich ist die Nightside so alt wie die Menschheit selbst; mich fasziniert der Gedanke, dass es einen Ort gibt, an dem sich all unsere Schlechtigkeit bündelt und lebendig ist. Vermutlich kann man nicht wirklich erklären, was die Nightside ist, weshalb Simon R. Green seine Figuren auf eine Achterbahnfahrt krasser Situationen schickt, um sie seinen Leser_innen stattdessen zu zeigen. Dadurch entwickelt sich „Something from the Nightside“ rasant. Ein irres Ereignis jagt das nächste und Green beweist, dass seine Fantasie diverse gruselige Geschöpfe zu bieten hat. Trotzdem gewährt er vorerst nur einen kleinen Einblick in sein ungewöhnliches Setting. Die Handlung hangelt sich am Fall der verschwundenen Cathy entlang, sodass Szenen, die nicht direkt mit der Ermittlung zu tun haben, etwas kontextlos wirkten. Die Nightside scheint durch ein komplexes Machtgefüge zu funktionieren, das ich noch so gut wie gar nicht überblicken kann, weil Green die Strukturen im ersten Band nur streift. John spielt offenbar eine wichtige Rolle in diesem Gefüge – inwiefern blieb jedoch zunächst im Dunkeln. Ich schätze, dass seine Beziehung zu seinem Geburtsort die übergeordnete Handlungslinie der Reihe darstellt, denn Green deutete an, dass sein Schicksal und das Schicksal der Nightside eng miteinander verknüpft sind. Obwohl ich verstehe, dass der Autor viele Informationen vorerst zurückhält, um nicht zu viel Stoff vorweg zu nehmen, hätte ich mir in „Something from the Nightside“ doch etwas mehr Konkretes gewünscht. Ich fühlte mich zu sehr ins kalte Wasser geschubst und hätte auch John gern besser kennengelernt. Ich bin weit davon entfernt, ihn einschätzen zu können und habe nicht das Gefühl, eine besonders intensive Bindung zu ihm aufgebaut zu haben, weil mir bisher nur seine grundlegenden Eigenschaften vorgestellt wurden. Tiefergehende Facetten seiner Persönlichkeit klammert dieser erste Band aus.

„Something from the Nightside“ kombiniert Science-Fiction und Fantasy und ist eine wunderbare Zwischendurch-Lektüre. Es ist auf abgedrehte Weise unheimlich und angenehm kurzweilig. Nichtsdestotrotz fehlte mir beim Lesen das Besondere. Natürlich ist die Nightside aufregend und reizvoll, doch das winzige Fenster, das Simon R. Green für seine Leser_innen öffnet, konnte mich nicht voll und ganz packen. Ich wurde das Gefühl nicht los, das alles bereits zu kennen. Daher bin ich noch nicht sicher, ob ich die Reihe tatsächlich weiterverfolgen möchte. Einerseits gefällt mir die leicht verdauliche Unterhaltung, die Greens „Nightside“ bietet, andererseits frage ich mich, ob eine durchschnittlich gute Lektüre den zeitlichen und finanziellen Aufwand rechtfertigt. Vielleicht muss noch ein wenig Zeit vergehen, vielleicht muss ich auch erst den zweiten Band lesen, um eine Entscheidung zu treffen. Wer weiß.
Ich denke, „Something from the Nightside“ ist ein passender Roman für Einsteiger_innen in die männliche Urban Fantasy, da es nicht allzu blutig oder brutal ist und einen etwas zwielichtigen Protagonisten fokussiert, der moralisch nachvollziehbare Entscheidungen trifft. Nicht zu hart, aber auch nicht weichgespült.

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