Simon Stranger

 4,4 Sterne bei 49 Bewertungen

Lebenslauf

Simon Stranger, geboren 1976, hat seit 2003 mehrere Romane, Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Sein Roman VERGESST UNSERE NAMEN NICHT (2018) erhielt den norwegischen Buchhandelspreis und den Riksmål-Preis und erschien in über zwanzig Ländern. MUSEUM DER MÖRDER UND LEBENSRETTER war für den norwegischen Buchhandelspreis 2023 nominiert. Simon Stranger lebt mit seiner Familie in Oslo.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Simon Stranger

Cover des Buches Vergesst unsere Namen nicht (ISBN: 9783847900726)

Vergesst unsere Namen nicht

(43)
Erschienen am 26.02.2021
Cover des Buches Museum der Mörder und Lebensretter (ISBN: 9783847902072)

Museum der Mörder und Lebensretter

(4)
Erschienen am 28.03.2025
Cover des Buches Barsakh (ISBN: 9783833350856)

Barsakh

(2)
Erschienen am 08.09.2011
Cover des Buches Vergesst unsere Namen nicht (ISBN: 9783838792729)

Vergesst unsere Namen nicht

(0)
Erschienen am 04.09.2020

Neue Rezensionen zu Simon Stranger

Cover des Buches Museum der Mörder und Lebensretter (ISBN: 9783847902072)
VeronikaGruenschlags avatar

Rezension zu "Museum der Mörder und Lebensretter" von Simon Stranger

VeronikaGruenschlag
Zwischen Menschlichkeit und Verrat

Simon Stranger gelingt mit Museum der Mörder und Lebensretter ein aufwühlendes, tiefgründiges Werk, das unter die Haut geht. In diesem Tatsachen- und Familienroman verwebt er akribische historische Recherche mit einer eindringlich erzählten Familiengeschichte – ein Buch, das sowohl dokumentarisch als auch literarisch überzeugt.

Im Zentrum stehen zwei jüdische Familien in Norwegen zur Zeit der nationalsozialistischen Besatzung. Stranger stützt sich auf private Aufzeichnungen und Archivmaterialien aus der Nationalbibliothek in Oslo, um die dramatischen Schicksale der Feldmanns und einer weiteren Familie zu rekonstruieren. Besonders erschütternd: Die Feldmanns werden von ihren eigenen Fluchthelfern ermordet, ausgeraubt und in einem See entsorgt – ein unfassbarer Verrat an Menschen, die auf Hilfe angewiesen waren. Derselbe Täter verhilft jedoch einer anderen jüdischen Familie und vielen weiteren zur Flucht nach Schweden. Diese doppelte Rolle – Täter und Retter in einer Person – zieht sich wie ein moralisch ambivalenter Faden durch das Buch und macht es zu einem zutiefst verstörenden, aber notwendigen Leseerlebnis.

Stranger schildert nicht nur die individuellen Lebenswege und Leiden mit großer Empathie, sondern öffnet auch den Blick für die politischen Verstrickungen jener Zeit. Besonders eindrucksvoll ist seine kritische Auseinandersetzung mit der Kollaboration norwegischer Eliten, etwa des damaligen Regierungschefs Vidkun Quisling, dessen Name bis heute synonym für Verrat steht.

Der Roman ist nichts für schwache Nerven – gerade weil er nicht beschönigt, sondern den Schrecken konkret macht. Gleichzeitig ist er ein eindringlicher Appell an das Erinnern und an die Wachsamkeit gegenüber wiedererstarkendem Rechtsextremismus. In einer Zeit, in der autoritäre Bewegungen weltweit und auch in Deutschland – Stichwort AfD – erstarken, ist dieses Buch aktueller denn je.

Museum der Mörder und Lebensretter ist ein eindrucksvolles literarisches Denkmal für die Opfer, ein Mahnmal gegen das Vergessen – und eine unbedingte Leseempfehlung.

Cover des Buches Museum der Mörder und Lebensretter (ISBN: 9783847902072)
Judithas avatar

Rezension zu "Museum der Mörder und Lebensretter" von Simon Stranger

Juditha
Kein Roman im Sinne von Lesen und sich Wohlfühlen

Ich habe vor einigen Jahren das Hörbuch von Simon Stranger „Vergesst unsere Namen nicht“ gehört und es hat mich sehr beeindruckt, auch wenn mir der Stil nicht ganz so gut gefiel. Norwegen und seine Geschichte im Nationalsozialismus und in Verbindung zum Holocaust ist mir durch das Hörbuch aber schon damals etwas nähergekommen. Nun habe ich bei ttt den Bericht über das neue Buch von Stranger gesehen und war sofort Feuer und Flamme, bestellte und las in kurzer Zeit das ganze Buch.

Zuerst war ich wieder irritiert vom Schreibstil, von den hin- und herspringenden Gedanken, von verschiedenen Familien, von unglaublichen Schicksalen, von Erinnerungsstücken und Dokumenten. Dass das Buch den Genretitel Roman trägt, kann ich nicht so ganz verstehen, für mich kommt es einem Geschichte und Geschichten erzählenden Sachbuch näher.

Die Grundidee von Stranger ist der Besuch des imaginären „Museums der Mörder und Lebensretter“, er führt den Leser vom Foyer über 12 Säle bis zum Ausgang. Er führt durch Geschichte seiner Familie und Familienangehörigen, die er an Ellen, die Großmutter seiner Ehefrau Rikke, adressiert. Das Leben von Ellens Familie vor der Besetzung Norwegens durch die Nazis ist vergleichbar mit dem Leben gutbürgerlicher jüdischer Familien in Deutschland vor 1933. Der Vater besitzt eine Tabakfabrik und Ellen, ihre Zwillingsschwester Grete und zwei weitere Geschwister wachsen behütet auf, bis ihre Welt in Stücke bricht. Schritt für Schritt begleitet der Leser die Familie bis in die Emigration nach Schweden und wieder zurück.

Parallel dazu erfährt man vom Großvater des Autors, der als Druckereibesitzer während der deutschen Besatzung schmutzigste Nazipropaganda für die deutschen und norwegischen Nazis druckt. Auszüge aus diesen Pamphlets lassen einem das Blut in den Adern stocken, besonders, wenn man selbst jüdische Vorfahren hat, die dem Holocaust zum Opfer fielen. Einen Großvater zu haben, der die Nazis durch seine Arbeit unterstützte, ist auch kein leichtes Erbe. Ohne die Nachforschungen des Autors wären diese Details seiner Familiengeschichte aber wohl auch im Dunklen geblieben.

Stranger reiht Ausstellungsstück an Ausstellungsstück, Fotografie an Fotografie, die Säle sind angefüllt mit Erinnerungsdetails, die er durch mühevolle Recherchen zusammengetragen hat und beschreibt, einige auch als Illustrationen zeigt. Ursprünglich hat er die Inspiration zum Buch wohl einem Podcast zu verdanken, der verschüttete Wahrheiten ans Licht brachte. Und so ist das tragische Schicksal der nicht mit Stranger verwandten Eheleute Jakob und Rakel Feldmann der rote Faden, der durch das Buch geleitet. Ihr Tod auf der Flucht nach Schweden ist kein Unfall, er ist Mord, ein Mord der nie gesühnt wird.

Je länger man diesen Erzählungen folgt, umso spannender und aufwühlender wird das Buch. Dass es gerade Ellen und ihre Familie ist, die durch die gleichen Fluchthelfer nach Schweden gerettet werden, die den Tod der Feldmanns auf dem Gewissen haben, ist so makaber wie der ganze Holocaust. Eine Aneinanderreihung von Zufällen, die gut oder böse ausgehen, wenn man die einzelnen Schicksale betrachtet. Und selbst wenn die Zufälle gut ausgehen, wie bei Ellen, so heißt das noch lange nicht, dass mehr als ihr nacktes Leben gerettet wurde. Das Erlebte bleibt so traumatisch, nicht nur für sie, für alle Überlebenden, dass ein normales Leben kaum möglich wurde. Die Traumata wirken nach bis in die Generationen der Kinder, Enkel, Urenkel. Zitat (S. 277) der Tochter eines ehemaligen KZ-Häftlings: „… die, die wir direkt nach dem Krieg geboren wurden, haben die Angst unserer Eltern mitgenommen. Das ist unser Erbe.“

Makaber sind auch die Auflistungen der Gegenstände, die aus jüdischen Haushalten gestohlen und versteigert wurden, es sind Parallelen zum Vorgehen der Nazis in Deutschland, Österreich und überall, wo ihnen Juden und deren Hab und Gut in die Hände fielen. Die Gier kannte keine Grenzen. Ebenso makaber ist die sogenannte Wiedergutmachung , die nach dem Krieg die wenigen überlebenden Juden zu Bittstellern machte, die am Ende ein Almosen von ihren Staaten bekamen oder gar nichts. Das lief in Norwegen genauso ab wie in Deutschland, ich besitze Akten von einem Verwandten, der eigentlich nur ausgelacht wurde ob seiner Forderungen nach Gerechtigkeit.

Interessant fand ich die Charaktere der Protagonisten. Alles bezieht sich ja immer auf real existierenden Vorbilder, aber der Autor ist natürlich ein subjektiv beobachtender Mensch, innerhalb seine Familienstruktur und innerhalb der gefundenen Details bei seinen Recherchen. So mutet zumindest die Beschreibung der ungeduldigen, zänkischen Frau Feldmann etwas übertrieben an. Vielleicht war sie so, vielleicht haben die, die sie beschrieben haben, ja auch nur ihre Unschuld zeigen wollen ob des Gezeters. Man weiß es nicht. Man weiß auch nicht, wie sehr Peder sich den Mord zu Herzen genommen hat, sein Mittäter jedenfalls scheint über moralische Skrupel erhaben gewesen zu sein. Wie muss sich da erst Peders Mutter gefühlt haben, in deren Stiefeln Frau Feldmann in den Tod ging. Und dann auch die Schilderung der Widerstandskämpfer, die tatsächlich selbstlos gehandelt haben, wie schwer muss es sein, im Nachhinein immer die Spreu vom Weizen zu trennen? Simon Stranger hat es sich nicht leichtgemacht mit diesem Buch!

Mir ist beim Lesen ein Wort immer wieder, eigentlich viel zu oft begegnet, die ständigen Wiederholungen sind vielleicht in Ermangelung passender Äquivalenzen zu verstehen. Flüchtende. Im Staatsrecht ist es so, dass die Bezeichnung Flüchtling, die mir persönlich oft viel leichter fällt, nur für diejenigen Personen gilt, die in einem anderen Land Asyl erhalten haben. Die sogenannte Genfer Flüchtlingskonvention hat das so festgelegt.

Fazit: Dem Leser bietet sich keine leichte, unterhaltsame Lektüre. Der schwierige und emotional bedrückende Gang durch das „Museum der Mörder und Lebensretter“ lohnt sich jedoch. Für den Widerstand gegen den seit dem 7. Oktober 2023 ständig anwachsenden, sich überall zeigenden Antisemitismus und Israelhass stärkt er den offenen Leser auf jeden Fall. Ich empfehle das Buch gern weiter. Gute vier Sterne.


Cover des Buches Vergesst unsere Namen nicht (ISBN: 9783847900726)
J

Rezension zu "Vergesst unsere Namen nicht" von Simon Stranger

Jamii
A wie Andeutung

Hvor mye må det vel ikke til for å bevare sin verdighet, sin mennesklighet, når hele systemet, du er plassert inn i, er bygget opp med ett eneste formål: å ta det vekk fra deg? (Wie viel braucht es wohl, um die eigene Würde und Menschlichkeit zu bewahren, wenn das gesamte System, in dem du plaziert bist, nur ein einziges Ziel hat: Sie dir zu nehmen?


Inhalt

Als Simon Strangers Sohn eines Tages den Stolperstein von Hirsch Komissar freilegt, setzt das eine Reihe von Ereignissen in Gang, die Teile der Familiengeschichte seiner Frau Rikke aufdeckt. 

Was macht es mit Menschen, in ein Haus zu ziehen, in dem während des zweiten Weltkriegs eine der gefürchtetsten Banden Norwegens ihr Unwesen trieb und zahlreiche Menschen folterte und umbrachte? 

Was ist mit Hirsch passiert, nachdem er eines Vormittages in ein Gefangenenlager gebracht wurde und wie reagierten seine Kinder auf die Nachricht von seinem Tod?

Und was muss passieren, damit der Sohn eines Schuhmachers zu einem der meistverhasstesten Schreckensgestalten Norwegens wird?


Meine Meinung

Von der ersten Seite an, findet Stranger genau die richtigen Worte, um seine Leser_innen zu treffen. Mehr als ein Mal musste ich das Buch auf die Seite legen, ein paar Mal tief durchatmen und eine kurze Pause einlegen, bevor ich weiterlesen konnte. Das lag sicher auch daran, dass das Buch, wo es nur irgendwie möglich war, auf historischen Ereignissen beruht.

Durch den Aufbau des Buches und der Kapitel (A wie Anklage, B wie Bande, usw) und dass er dieses Format immer wieder aufgreift, bringt Leser_innen immer wieder aus dem Buch heraus, gibt einem Platz und kurze Atempausen. Gleichzeitig macht er mit den Wörtern, die er als Vergleiche verwendet, Andeutungen, die oft grausamer sind, als es Beschreibungen wären. (Anm: hier kann ich nur von den, in der Originalsprache verwendeten, Wörtern ausgehen, weil das die einzige Ausgabe ist, die ich gelesen habe, ich weiß nicht, wie die übersetzt wurden

Was die Charaktere betrifft, sind die meisten Aktionen wenigstens teilweise nachvollziehbar. Hauptsächlich Rinnan und (teilweise) Ellen haben meiner Meinung nach oft wiedersprüchlich gehandelt. 

Was mich im Laufe des Buches oft verwirrt hat und wovon ich mir mehr gewunschen hätte, wäre ein Übersicht, wie die einzelnen Personen miteinander in Verbindung stehen. Obwohl ein Glossar vielleicht etwas kontraproduktiv wäre, weil es in gewisser Weise auch darum ging, die Familiengeschichte und deren Zusammenhänge auszugraben, hatte ich vor allem am Anfang oft Schwierigkeiten, Leute zuzuordnen.

Eine Sache, die vielleicht noch erwähnt werden sollte: in dem Buch fehlen jegliche Triggerwarnungen, obwohl Themen wie sexuelle und andere Gewalt, Selbstmord und natürlich Krieg und Folter erwähnt und ausdrücklich beschrieben werden. 

Fazit

Es ist ein wirklich interessantes Buch, das mich jedenfalls öfter die Namen auf Stolpersteinen lesen lässt und Leuten in Erinnerung ruft, dass das diese Leute nicht nur Namen, sondern auch Kindheiten, Erinnerungen, Liebende und zu früh beendete Leben hatten. Wir werden ihre Namen nicht vergessen und dafür sorgen, dass sie noch lange nicht ein zweites Mal sterben.

Allerdings ist es kein Buch, dass man auf die leichte Schulter nehmen und einfach mal nebenbei lesen kann.


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