Cover des Buches Bananama (ISBN: 9783218011037)
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Rezension zu Bananama von Simone Hirth

Rezension: Bananama

von killmonotony vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Eine eigensinnig erzählte Geschichte, die einen ironischen Blick auf Selbstversorger und Weltverbesserer riskiert.

Rezension

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killmonotonyvor 6 Jahren

"Bananama“ von Simone Hirth hat mich aufgrund des Titels und auch wegen dem schönen Cover angesprochen. Als dann noch der Klappentext so interessant klang, war klar, dass ich dieses Buch lesen muss. „Bananama“ erzählt von einer Aussteigerfamilie und deren namenlose Tochter, die Ich-Erzählerin, der ihre Eltern immer seltsamer erscheinen. Schreie im Wald, zwei Leichen vorm Haus und tonnenweise im Internet bestelltes Zeug, das nie benutzt wird, aber hauptsache, es ist bio und öko und regional. Zunächst geht unsere Protagonistin noch zur Schule, aber später unterrichtet ihr Vater sie dann daheim. Ob er wirklich geeignet dazu ist, ist fraglich, denn er unterrichtet seine Tochter nicht objektiv, sondern tief subjektiv gefärbt, und so lernt sie über Kapitalismus, Ressourcenknappheit und Biosphärenparks anstatt Mathematik, Geschichte oder Grammatik. Die Kleine wird im Wissen aufgezogen, dass die Eltern ihren ökologischen Fußabdruck möglichst klein halten möchten, sie gehen zu Tauschmärkten und ziehen ihr eigenes Obst und Gemüse im Garten — allerdings ohne dieses jemals zu ernten oder gar das Fallobst zu essen. Das Obst wird gesammelt, bis es schwarz ist und somit „perfekten Kompost“ abgibt, ein Vorgang, den weder die Protagonistin noch ich verstehen. Die Mutter bestellt asiatische Gewürze, Pasten und Nudeln und kocht asiatisch, anstatt das überreife vorhandene Gemüse zu verarbeiten. Nach und nach rücken mehr Fragen in das Bewusstsein der Protagonistin, das Fertighaus, in dem die Familie wohnt, erscheint ihr zu steril, sie versteht ihre komplette Situation nicht mehr. Und so wird Bananama, wie das Grundstück der Familie genannt wird, ihr immer fremder, die Welt „draußen“ zieht sie immer magischer an und sie sehnt sich nach einfachen „Luxusartikeln“ wie Nutella, Limo oder ein Happy Meal — Dinge, die sie nie gesehen oder gar gekostet hat, die sie aber vom Hörensagen aus der Schule kennt.

Ich will verstehen, warum ich, wenn ich abends im Bett liege, zittere und gleichzeitig schwitze. Warum es so eng geworden ist in meiner Brust, dass ich nicht mehr richtig einatmen kann. […] Warum ich weinen muss, wenn ich morgens von der Sonne aufwache, die mir ins Gesicht scheint. Und warum Mutter die Tomaten nicht erntet, obwohl sie längst rot sind und süß schmecken.

Simone Hirth wirft hier einen ironischen Blick auf das Leben, das wir heutzutage alle so feiern — bio, öko, plastikfrei und nur regional — und dabei das Wichtigste aus den Augen verlieren. Die Eltern der Protagonistin sind dafür das beste Beispiel: sie bestellen nahezu alles online, sei es eine tonnenschwere Sonnenuhr aus Kupfer, damit man sich die Batterie der Wanduhr spart und auch näher an der Natur ist; das Messerset mit Griffen aus regional gefälltem Holz, das die Mutter nicht einmal benutzt; biologisch voll abbaubares Plastikgeschirr für die nächste Gartenparty, die niemals stattfinden wird; eine große, schwere Decke aus Schurwolle, die die Mutter „nachstricken“ möchte, wenn sie mal „den Kopf dafür frei hat“; etc. pp. Die Protagonistin hat hier schon einen guten Blick auf das, was unnütz ist und was gegen das erklärte Weltbild der Eltern geht; sie zweifelt, sie stellt Fragen — die jedoch alle vermeintlich nicht gehört werden. Unangenehmerweise erscheint der Lebensstil der Eltern für den Leser nun fast schon heuchlerisch und vor allem aber inkonsequent, das Kind leidet währenddessen und kommt nicht in den Genuss von einer angemessenen Bildung. Widerspruch reiht sich an Widerspruch (Ballast ist „schlecht“, trotzdem erfolgen unzählige Internetbestellungen) und das idyllische Bananama bekommt erste, tiefe Risse. Die zwei Leichen im Vorgarten werden von den Eltern weggelächelt, sie erscheinen fast erleichtert, dennoch ist spätestens bei Erscheinen der zweiten Leiche vorauszuahnen, was nun geschehen wird.

In einer eigenen, seltsamen Art und Weise, mal wie ein Lexikon-Artikel, mal fast wie ein Gedicht, erzählt die Autorin aus der Sicht der jungen Tochter von Bananama und den Dingen, die sich im Schatten der Gemüsepflanzen abspielen. Die Sprache ist gewöhnungsbedürftig und viele Phrasen erscheinen für ein unter 10-jähriges Kind doch ein wenig unglaubwürdig, genauso unglaubwürdig wie der „Selbstversorger“-Lebensstil, den die Eltern führen.

Die vollständige Rezension findet ihr auf meinem Blog: https://killmonotony.de/rezension/simone-hirth-bananama

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