Simone Kucher

 4 Sterne bei 15 Bewertungen
Autor*in von Die lichten Sommer.

Lebenslauf

Simone Kucher ist Theater- und Hörspielautorin. Für die Recherche zu dem WDR-Hörspiel »Von einem zum anderen Tag« ist sie 2016 erstmals in das südmährische Dorf Želetice, den Kindheitsort ihrer Großmutter, gereist. Sie lebt in Berlin. »Die lichten Sommer« ist ihr erster Roman.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Simone Kucher

Cover des Buches Die lichten Sommer (ISBN: 9783910372191)

Die lichten Sommer

(15)
Erschienen am 19.02.2024

Neue Rezensionen zu Simone Kucher

Cover des Buches Die lichten Sommer (ISBN: 9783910372191)
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Rezension zu "Die lichten Sommer" von Simone Kucher

downey_jr
„Ab wann ist man denn ein Ansässiger?“

"Die lichten Sommer" von Simone Kucher ist ein anspruchsvoller und berührender Roman über die Folgen von Vertreibung und Flucht.

Erzählt wird hauptsächlich die Geschichte zweier Frauen, Mutter und Tochter. 

Elisabeth, genannt Liz, kommt zu Beginn der Fünfzigerjahre in einem kleinen süddeutschen Dorf zur Welt. Wie alle ansässigen Frauen arbeitet sie schon als Jugendliche tagsüber in der Fabrik, abends hilft sie im Wirtshaus der Eltern. Sie ist das Kind von Geflüchteten, die nach Kriegsende aus der ehemaligen Tschechoslowakei vertrieben wurden. Liz darf keine Ausbildung machen, träumt von einem anderen, besseren Leben. Sie heiratet jung und trägt immer noch die Last der Vergangenheit in sich, ein generationenübergreifendes Trauma.

Die Charaktere sind sehr authentisch und lebendig beschrieben, die Geschichte sehr berührend.

Besonders gelungen fand ich auch, wie die Autorin historische Ereignisse mit den persönlichen Geschichten ihrer Figuren verbunden hat.

Die Rückblenden und Perspektivwechseln machen die Geschichte besonders lesenswert und anspruchsvoll. Man kann sich genauso gut in Liz hineinversetzen wie in ihre Mutter Nevenka, wenn sie aus ihrer Kindheit in der Tschechoslowakei erzählt.

Vieles wird aber auch nur angedeutet, hier hätte ich mir Noch eine Vertiefung gewünscht, besonders was Nevenkas Vergangenheit angeht. 

Insgesamt hat mir das Buch aber sehr gut gefallen und ich hoffe, von Simone Kucher wird man in Zukunft noch mehr lesen!

 

"Und kann doch nicht sagen, was sie denkt, was ihr jetzt klar wird, was sie unterscheidet: Wenn Liz etwas verantwortlich machen müsste für ein Unglück, dann wäre es immer etwas das von innen kommt, aus ihr selbst heraus. Nie etwas von außen: die Umstände, andere Menschen und schon gar nicht die Natur.

Sie setzt erneut an und verstummt. Diese Stimme, mit der sie sprechen könnte, singen. Das, was da aus ihr herauskam, war einfach nicht gut genug. Daran lag es, nicht an den Zahlen."

 

"Liz rutscht unruhig auf ihrem Stuhl herum, beim ersten Mal völlig überrumpelt, beim zweiten Mal schon gefasster. Warum bleibt sie denn so stumm? Lässt sich das einfach so gefallen? Ist sie schon zu weich geklopft von diesem täglichen Kampf. Sie kämpft doch jeden Tag, oder nicht? Seit Jahren. Immer schon. Und warum kann sie nicht einfach sagen: Nein, ich bin verdammt noch mal kein Flüchtling. Ich bin genauso wie du auf dieser stinkenden Erde hier geboren. In Baracken zwar, aber eindeutig hier, schleudert sie in Gedanken die Worte durch die Luft. Und fragt sich erstaunt: Ab wann ist man denn ein Ansässiger?"


Cover des Buches Die lichten Sommer (ISBN: 9783910372191)
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Rezension zu "Die lichten Sommer" von Simone Kucher

nessabo
Ein zarter und poetischer Roman über ein Stück fast vergessener deutscher Geschichte

Simone Kucher hat auf der Suche nach der eigenen Geschichte einen Roman über Vertreibung, intergenerationales Trauma sowie die Ambivalenz von Anpassung und Widerstand geschrieben.


In diesem Buch begleiten wir abwechselnd Liz, die in den 60/70ern in Süddeutschland groß wird, und ihre Mutter Nevenka auf verschiedenen Zeitebenen. Nevenka wuchs in der ehemaligen Tschechoslowakei auf und wurde nach dem zweiten Weltkrieg zusammen mit 3 Millionen weiteren Sudetendeutschen aus ihrer Heimat vertrieben.


Kucher schreibt poetisch und sanft über schlimmste Menschenrechtsverletzungen und über die Vielschichtigkeit des Themas. Besonders Nevenkas Perspektive als eine Jugendliche im letzten Kriegsjahr vermittelt ein Gefühl für die Bevölkerungsgruppe, die erst unter der gewaltvollen Besetzung durch das NS-Regime und wenige Jahre später unter der nicht weniger gewaltvollen Vertreibung (und teilweise Ermordung) zu leiden hatte. In dieser dunklen Zeit entwickelt sich eine zarte Freundinnenschaft zwischen Nevenka und Zena, die ein schreckliches Ende nimmt und Nevenka noch lange begleitet.


Liz wiederum kämpft gegen patriarchale Normen und die Diskriminierung als „Flüchtling“ an, obwohl sie ja in Deutschland geboren wurde. Sie trägt zusätzlich Scham und Trauma in sich, bei denen nicht immer klar ist, ob es die eigene Geschichte oder die der Mutter ist, die hier zugrundeliegt.


Die Sprache fand ich eher anspruchsvoll, auch wenn sich das Buch trotzdem erstaunlich flüssig lesen ließ. Den Perspektivenwechsel mochte ich zwar prinzipiell, ich hätte beide Figuren aber gern noch etwas tiefer kennengelernt. Einiges wird nur angedeutet, was bei allem Grauen manchmal jedoch schlicht notwendig ist. Auch, wenn die Handlung elegant gewisse Grundinformationen mitliefert, hatte ich das Bedürfnis, mich weiter mit diesem Teil der Nachkriegsgeschichte zu befassen. Das möchte ich zwar nicht ständig, fand es hier aber wirklich gut und ansprechend umgesetzt.


Der unabhängige Kjona-Verlag hat ein herausforderndes, aber lohnenswertes Buch publiziert, das ich allen empfehle, die sich gern mit historisch eher unbekannten Ereignissen befassen und eine anspruchsvoll-poetische Sprache mögen.

Cover des Buches Die lichten Sommer (ISBN: 9783910372191)
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Rezension zu "Die lichten Sommer" von Simone Kucher

Physsie
Eine wunderbare Geschichte über Heimat, Fremdsein und einen hoffnungsvollen Neuanfang

Liz wird als Flüchtlingskind Anfang der 50er Jahre in Süddeutschland geboren. Schon als Jugendliche arbeitet sie in einer Batteriefabrik, Ihre Eltern wurden nach Kriegsende aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben. Ihre Mutter leidet noch immer stark darunter und schwelgt in Erinnerungen an ihre alte Heimat und eine längst vergangene Zeit.

Simone Kucher verwebt in "Die lichten Sommer" die zwei Erzählstänge um Liz und ihre Mutter zu einer wunderbaren Geschichte über Heimat, Fremdsein und einen hoffnungsvollen Neuanfang - Themen, die heute so aktuell sind wie damals. Die Autorin findet einen Mittelweg zwischen Hinzufügen und Weglassen, der dem Ernst der Story gerecht wird, aber trotzdem eine gewisse Leichtigkeit der Erzählung bewahrt. Einzig die Wechsel zwischen Liz' und ihrer Mutter waren für mich zu häufig und nicht immer an der passenden Stelle, das tat dem Lesevergnügen insgesamt aber keinen Abbruch. Sehr lesenswert!

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