Das System der Cosa Nostra ist wie ein Spinnennetz. Hauchdünn, kaum zu sehen aber effektiv. Dass sie wie ein erloschener Vulkan schlummert, hält auch die Autorin für ein Gerücht. In diesem Buch wird deutlich, wie fein die Netze gesponnen sind und wie brandgefährlich es ist, auch nur am Rande mit ihr zu tun zu haben.
Santino und Giovanni sind gute Freunde. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in der Nähe von Sciacca auf Sizilien werden sie als Kinder zum Spielball ihrer Mütter. Ihre Perspektiven sind unterschiedlich. Während der eine den größten Wunsch seiner Mutter erfüllt und Anwalt wird, gerät der andere in den Kreis der Bauunternehmer und lernt das Handwerk von der Pike auf.
Doch zweifelhafte Beziehungen legen eine unsichtbare Schlinge um ihn. Und so wird er zum Gehilfen, obwohl er das gar nicht möchte.
Über mehrere Jahrzehnte verfolgen wir das Aufwachsen der beiden Knaben. Ihre tiefe Freundschaft ist bis zum Schluss ein zentrales Thema der Geschichte. Wie stark die Prägung durch die Kindheit ist, wird hier sehr deutlich. Und die Abschnitte, in denen Giovannis Großvater eine Rolle spielte waren mir die allerliebsten
Die beiden Mütter Assunta und Cettina sind imposant gezeichnete Figuren. Die eine wild und scheinbar nicht zu bändigen. Die andere kalt und unnahbar. Doch beide eint ein Ziel – sie benutzen, ihre Söhne um sich das zu verschaffen, was sie brauchen.
Agnello Hornby hat Schicht für Schicht das System der Cosa Nostra freigelegt, ohne ständig kriminelle Szenarien zu kreieren. Ganz langsam bewegen wir uns mit den beiden Protagonisten in die Vielschichtigkeit dieses Netzwerks. Es scheint, als könne man ihr nicht entkommen. Es wird deutlich, wie sehr die Mafia in den Nervenbahnen der sizilianischen Gesellschaft manifestiert ist. Auch die Beziehungen der Mütter zu ihren Söhnen, haben eine eigentümlichen Dynamik. Recht früh merken wir, dass sie durchschaut wurden, doch sich dagegen zu wehren ist dann noch mal eine andere Angelegenheit.
Sprachlich hat die Autorin einen sehr literarischen Stil. Man wird von den Zeilen förmlich getragen. So Schweben wir nicht nur mit dem Plot in die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts, sondern finden uns auch sprachlich im Stile damaliger zeitgenössische Autoren wieder. Das hat mir über weite Teile sehr gut gefallen und passte zum Inhalt. Ich hätte mir allerdings ein bisschen mehr sizilianisches Flair gewünscht. Die Besonderheit der Inseln im Zusammenhang mit dem Geschehen kam wenig deutlich heraus. Es geht hier nicht um die Lebensweise, die Natur und die Infrastruktur dieses Teils Italiens, sondern um die Beziehung die Menschen zueinander knüpfen und wieder lösen. Die exponierte Bedeutung von Freundschaft und Familie, sowie Ihre Fragilität bildet dabei den Schwerpunkt. So unterschiedlich sie sind, so ähnlich sind sich Giovanni und Santino.
Ab und an hätte ich mir ein bisschen mehr Handlung gewünscht. Es wurden zwar große Zeitabstände eingearbeitet, das führte aber bei mir oft zu Orientierungslosigkei, da mir die Übergänge doch sehr fehlten. Aufschlussreich fand ich die Stellen, in denen Santino und Giovanni sich per Post austauschen. Ein Stilmittel Welches mir gut gefallen hat.
Eine Geschichte im Stile großer und breit ausgelegter Erzählkunst in der Freundschaft und Familie im Mittelpunkt der Mafia und der Lesenden steht und die trotz ein paar Längen allein dadurch fesselt, weil sie sprachlich raffiniert und ansprechend geschrieben ist. Ein bisschen wie die „geniale Freundin“ jedoch weniger plastisch und nicht so plottgetrieben.










