Frankreich zur Zeit der Regirung von Louis XI (1461-1483) und Karl der Kühnen (1433-1477). Quentin Durward ist der letzte Spross einer adligen schottischen Familie, die von einem rivalisierenden Klan ausgerottet wurde. Quentin überlebte den letzten Angriff nur knapp und durfte weiterleben unter der Bedingung, Mönch zu werden, damit die Familie Durward mit ihm endet. Das Mönchsdasein ist aber so gar nicht Quentins Berufung, er flüchtet nach Frankreich zu seinem Onkel Ludovic Lesley, Le Balafré, der als Schütze und Bodygard für Louis XI arbeitet. Zunächst ziert sich Quentin in den Dienst des Königs zu treten, der nicht den besten Ruf hat und daher würde ein Dienst für Louis XI gegen Quentins Ehrenkodex verstoßen. Durch gewisse Umstände dazu gezwungen tritt Quentin doch bei den schottischen Schützen ein und purzelt die Karriereleiter hoch, nicht ahnend, dass der König seine ehrenhafte Naivität für seine Zwecke ausnutzen will, den die reiche Erbin Isabelle de Croye hat am französischen Hof um Hilfe gebeten, weil sie nicht den Mann heiraten will, denn ihr Lehensherr ihr dazu bestimmt hat. Die Lage ist gespannt, Louis XI muss Isabelle los werden, will er keinen Ärger mit Karl dem Kühnen. So beauftragt er Quentin, Isabelle zu Karls Schwager, dem Bischof von Liege zu bringen, organisiert aber gleichzeitig einen Überfall auf diese durch den Banditen captain William de la Marck, damit dieser Karl ablenkt und beschäftigt, während Lousi die Bürger von Liege aufwiegelt. Die Liebe jedoch, macht ihm einen Strich durch die Rechnung.
Quentin ist 19 Jahre alt, voller Ideale, hochfahrender Ideen und unglaublich naiv. Mit seinem Gutgläubigkeit und Ehrpusseligkeit geht er einem manchmal auf die Nerven und Isabelle ist auch nicht besser. Walter Scott hat diese Geschichte sicherlich auch nicht sonderlich ernst genommen und eher mit einem Augenzwinkern geschrieben, denn er lässt in diesem Roman eine junge Frau vor den dümmlichen Ritterromanzen voller Liebe und Ehre explizit warnen. In dieser Warnung zieht er seinen eigenen kompletten Plot einmal so richtig durch den Kakao:
"Mabel took the opportunity to read a long practical lecture to Trudchen upon the folly of reading romances, whereby the flaunting ladies of the Court were grown so bold and venturous, that, instead of applying to learn some honest housewifery, they must ride, forsooth, a-damsel erranting through the country, with no better attendant than some idle squire, debauched page, or rake belly archer from foreign parts, to the great danger of their health, the impoverishing of their substance, and the irreparable prejudice of their reputation. "
Auch Quentin wird vom König darauf hingewiesen, dass die Romanzen über Palladine, die er so gerne liest unrealistisch sind und er sich diese gleich mal aus dem Kopf schlagen soll:
"I can allow thee like a youth, who hath listened to romances till he fancied himself a Paladin, to form pretty dreams for some time, but thou must not be angry at a well meaning friend, though he shake thee something roughly by the shoulders to awake thee."
Um was ging es Scott dann, wenn er die romantische Rittergeschichte selber ins Lächerliche zieht, den ganz ehrlich, das Geschichtchen ist schon eher dünn und kommt an andere Romane Scotts nciht ran, weder in der Charakterisierung seiner Figuren noch in der Komplexität des Plotts. Dieser Roman, der auch auf dem Kontinent ein Bestseller war ist nur oberflächlich eine klassische mittelalterliche Rittergeschichte, voller Ehre, Liebe, Galanterie, denn er hat einen anderen Auftrag, einen Bildungsauftrag. Ja Bildungsauftrag! Normalerweise muss ich in solchen Romanen vieles das mir unbekannt ist nachschlagen. Das erspart Scott dem Leser. Er gibt weite Exkurse in denen er die Geschichte kurz unterbricht und dem Leser erklärt, wie die tatsächliche historische Konstellation war und wo er aus dramaturgischen Gründen abgewichen ist. Historische Personen, die als Vergleich in Dialogen erscheinen, werden in Klammern mit einem kurzen Abriss ihres Lebens versehen. Man lernt, dass "cards were invented for the amusement of an insane king" und "The Fairy Melusina […]is closely interwoven with the legends of the Banshee and Mermaid".
Erneut kramt Scott seine Deutschkenntnisse hervor, ist dismal aber so net, diese Dialoge seinen Landsleuten zu übersetzen, was sich für deutsche Leser ein wenig lustig liest, wenn man zu deutschen Passagen die englische Übersetzung in Klammern bekommt, das klingt sehr karriert.
"Du bist ein comische man [thou art a droll fellow]," said the lanzknecht, "I swear."
Dennoch blitzt auch in diesem Roman Scotts Genialität durch. In jedem Seiner Romane findet man etwas, dass sich auf die heutige Zeit anwenden lässt und schon fast Prophetisch anmutet, so auch in diesem sonst eher durchschnittlichen Roman:
"When I reflect with what slow and limited supplies the stream of science hath hitherto descended to us, how difficult to be obtained by those most ardent in its search, how certain to be neglected by all who regard their ease; how liable to be diverted, altogether dried up, by the invasions of barbarism; can I look forward without wonder and astonishment to the lot of a succeeding generation on whom knowledge will descend like the first and second rain, uninterrupted, unabated, unbounded; fertilizing some grounds, and overflowing others; changing the whole form of social life; establishing and overthrowing religions; erecting and destroying kingdoms."
Scott sagt hier die digitale Revolution voraus und wie das für jeden verfügbare Wissen Staaten stürzen und Regierungen entmachten wird!
Witzig ist der Schluss. Ich empfand ihn zunächst als unbefriedigend. Scott äußert sich dazu persönlich, warum er diesen Schluss so gewählt hat und meint, wem der nicht passt, soll eben einen anderen schreiben:
"I will not, therefore, tell more of this matter, but will steal away from the wedding, as Ariosto from that of Angelica, leaving it to whom it may please to add farther particulars, after the fashion of their own imagination. "
Fazit: Ein durchwachsener Roman. Die Geschichte an sich ist vorhersehbar, ausgelutscht und sehr platt. Die Charakterisierung der Personen kommt an andere Romane Scotts nicht heran, hier wimmelt es von Archetypen. Hier geht es eher darum etwas über die Regierungszeit von Louis XI zu lernen und dabei mit einer kleinen Liebesgeschichte unterhalten zu werden. Ein Bildungsroman, der das Genre der romantischen Rittererzählung ein wenig auf die Schippe nimmt, was den meisten Lesern auch Filmemachern jedoch entging.
Zur deutschen Kindle Ausgabe:
Sie entstammt dem Spiegel Gutenberg Projekt und ist eine alte, schreckliche, entstellende Übersetzung.
Das einführende, wichtige Vorwort des Autors fehlt.
Sämtliche erklärende Einschübe des Autors fehlen. Das Buch wurde auf die reine Rittergeschichte zurückgestutzt und hat somit mit dem Original nur noch wenig zu tun. Sie ist wohl am ehesten als gefällig gekürzte Version zu bezeichnen. Ich kann nur dringend empfehlen, nach einer gescheiten, vollständigen Übersetzung zu suchen, oder die englische Kindle Ausgabe zu lesen.