Cover des Buches Das rote Adressbuch (ISBN: 9783442314997)
kalanthias avatar
Rezension zu Das rote Adressbuch von Sofia Lundberg

Schweden, Paris, New York

von kalanthia vor 6 Jahren

Rezension

kalanthias avatar
kalanthiavor 6 Jahren
Doris ist 96 Jahre alt und auf den Strom an Pflegerinnnen angewiesen, die in ihre Wohnung kommen, um ihr im Alltag zu helfen. Mangels eigener Kinder schreibt sie ihre Lebenserinnerungen für ihre Großnichte Jenny auf und orientiert sich dabei an ihrem roten Adressbuch, das einst ein Geschenk ihres Vaters war...

Die Idee, einen Roman anhand eines Adressbuchs zu erzählen, wobei die Hauptfigur Doris zu den darin genannten Leuten ihre Erinnerungen aufschreibt, ist ein interessantes Konzept. Anfangs gelingt es der Autorin, spannend zwischen Doris' Gegenwart, in der sie eine gebrechliche alte Frau ist, und ihren Erinnerungen an Kindheit und erste Jobs zu springen. Beim Lesen wurde es mir hier nie langweilig, was mit sonst oft passiert, wenn zwischen zwei Zeitebenen gewechselt wird, von denen eine weniger ansprechend ist als die andere.

Doris muss von Kindheit an viele harte Schicksalschläge erleben, die anfangs noch einen Überraschungseffekt haben, einen dann aber abstumpfen lassen, da die schiere Anzahl an negativen Erlebnissen unglaubwürdig wird.

Ich hätte mir insgesamt eine realistischere, biografie-ähnlichere Geschichte gewünscht. Das wäre, wenn Doris nur die Hälfte von allem erlebt hätte, immer noch aufregend zu lesen gewesen.

Zudem fehlt, gerade da man Doris' gesamtes Leben kennenlernt, die Charaktertiefe, da Gefühle nur an der Oberfläche angekratzt werden, und die Charakterentwicklung, denn nie ist Doris kritisch gegenüber eigenen Entscheidungen oder ihrem väterlichen Freund Gösta gegenüber. Auch reflektiert sie leider nie, ob sie nicht doch hätte Jennys Mutter werden sollen, da sich ihre Nichte nicht um das Kind kümmern konnte.

In der Gegenwart wird gegen Schluss des Buchs Doris' Großnichte Jenny als weitere Figur eingeführt, aus deren Perspektive das Ende des Buches geschildert wird, so dass dem Leser Doris' letzte Tage nicht vorenthalten werden. Das Happy End, falls man es so nennen mag, war leider etwas vorhersehbar. An dieser Stelle wäre für mich ein tragischerer Ausgang passend gewesen, da Doris ja sonst nichts gegönnt wird.

Alles in allem dennoch ein unterhaltsames Buch, wenn man nicht allzu kritisch mitliest.

3,5 Sterne.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks