Rezension zu "Das Gesetz der Natur" von Solomonica de Winter
Das junge Mädchen Gaia Marinos lebt in Neuamerika, einem Teil der durch Katastrophen zerstörten Welt, in dem die Menschen nach dem Gesetz der Natur leben. Versteckt im Wald lebt die Mutantin gemeinsam mit einem Jäger und einem Lehrer, die ebenfalls als von der Gesellschaft verstoßen gelten. Obwohl Gaia selbst eine intensive Nähe zum Lehrer verspürt, ist es der Jäger, der ihr nachstellt und vergewaltigt.
Zwischen Ohnmacht und Schwangerschaft nimmt das Schicksal seinen Lauf - und Gaia muss den Schutz ihres Verstecks verlassen. Es folgt eine lange Reise, in der Gaia sowohl zur Mutter als auch zur Kriegerin wird, wodurch die Suche nach dem Erbe der Menschheit etwas in den Hintergrund gerät und erst gegen Ende zumindest ansatzweise aufgelöst wird.
Obwohl mich das Cover und der Klappentext sehr neugierig gemacht hatten, fiel es mir anfangs etwas schwer, ins Buch zu finden. Die ersten ca. 20 Seiten war ich immer wieder abgelenkt, weil ich über den doch eher ungewöhnlichen Schreibstil nachgedacht habe. Ich habe das Buch dann ein paar Tage zur Seite gelegt und nach dieser kurzen Pause noch einmal neu begonnen – und auf einmal konnte ich mich viel besser auf die Geschichte einlassen, die mich bis zur ersten Hälfte sogar so gepackt hat, dass ich das Buch nicht mehr zur Seite legen wollte. Je mehr man in diese fantastische Welt eintaucht, desto schlüssiger wurden für mich auch die Gesetze und Verhaltensweisen, die zu einer Sicherung der neuen Ordnung beitragen sollen. Dass jedoch die gezielte Ermordung der Mutanten dazu gehört, ist furchtbar und wahrscheinlich nur möglich, weil Bildung in dieser neuen Welt keine Rolle spielt - sonst wäre ein Lernen aus der Weltgeschichte und ein Widerstand dagegen unumgänglich gewesen.
Auch wenn ich mich aufgrund der Rahmenhandlung mit anderen Erwartungen für diesen Fantasyroman entschieden habe, hat mir besonders der erste Teil aufgrund der atmosphärisch sehr dichten Beschreibungen sehr gut gefallen. Dystopien wie diese, die sich mit einer neuen Weltordnung nach dem Zusammenbruch bestehender Strukturen auseinandersetzen, interessieren mich sehr. Insofern habe ich mich gern auf einen Fantasy-Roman eingelassen, jedoch zu spät bemerkt, dass es sich hier um den Auftakt einer Trilogie handelt. Dementsprechend bietet das Ende zwar einige Lösungen an, es bleibt aber offen, wie es mit Gaias Auftrag und ihrer Reise weitergeht.
Somit ist "Das Gesetz der Natur" meiner Meinung nach eher als literarisches Kunstwerk einzuschätzen, da dieser Roman wahrscheinlich erst nach dem zweiten oder dritten Lesen aufgrund der immanenten Symbolsprache und der intertextuellen Bezüge seine ganz eigene Wirkung vollumfassend ausbreitet.