Sonya Hartnett ist 1968 in Melbourne geboren, Medienwissenschaftlerin, aber nun freie Schriftstellerin. Dieses Buch hier, ist ihr fünftes, Sleeping Dogs und 1995 erstmals veröffentlicht worden.
Protagonisten müssen nicht immer Sympathieträger sein. Sind sie es eben nicht, reflektiert das nur authentisch das Leben, in welchem man auch des öfteren auf sehr unsympathische Menschen trifft.
In diesem Buch wimmelt es nur so von abstoßenden Menschen, bis auf eine Ausnahme.
Irgendwo im australischen Outback haust die Familie Willow bereits auf ihrer dritten Farm, alles total heruntergekommen. Kaum Geld vorhanden, schon von Anbeginn der Ehe, aber Vater Griffin wollte viele Kinder, also haben sie derer fünf. Der Älteste, Edward, 25, leitet die Farm und macht die meiste Arbeit. Michelle ist 23, Jordan 21 und dann gibt es noch die Schüler Oliver und die Jüngste, die zwölfjährige Jennifer, "Spot" genannt. Mutter Grace hat sich schon längst aus der Welt ausgeklinkt, nicht mehr wirklich da, kümmert sich um nichts mehr.
Alle Kinder haben schwarze Haare und dunkle Augen. Nur Jordan sticht heraus, weil er blond ist. Er ist der Pariah der Familie, wird grundlos von seinem Vater mit haltlosen Vorwürfen überhäuft und regelmäßig verprügelt, auch noch mit seinen 21 Jahren. Er ist ein Tyrann. Nur Michelle ist sein Liebling.
Vor einigen Jahren haben sie auf ihrem Grundstück einen Campingplatz eröffnet, weil Griffin sich das in den Kopf gesetzt hat. So haben sie, vor allem während der Sommerferien diverse Gäste vor Ort.
Die meisten Familienmitglieder gehen ziemlich grausam und herzlos mit Tieren um, nicht nur mit Nutztieren. Da gibt es einige Szenen, die ich lieber überlesen habe. Nur Jordan, der sogenannte Träumer ist sensibel, künstlerisch hochbegabt und einfach anders. Er ist auch der einzige sympathische und tragische Protagonist.
Jordan und Michelle haben eine verbotene Beziehung. Und die grausame und herzlose Michelle befördert durch ihr infames Verhalten gegen Ende einen Kataklysmus verheerenden Ausmaßes.
Und das alles befördert von einem der Gäste, einem Maler namens Fox, der durch sein unmögliches und kleinkariertes Verhalten, als er vom Geheimnis erfährt, das alles, was folgt, erst triggert ....
Die Protagonisten ( außer, wie erwähnt, Jordan ) sind widerwärtig, abstoßend, asozial im wahrsten lexikalischen Sinne dieses Wortes und hassenswert. Mann, verabscheue und verachte ich dieses Pack, ebenso den Maler Fox.
Deswegen ist das Buch so erschreckend gut, weil es Sonya Hartnett gelungen ist, ein tiefgründiges Psychogramm einer absolut dysfunktionalen Familie zu zeichnen.
Warum bleiben die erwachsenen Kinder noch da? Warum läßt ein Erwachsener sich noch verprügeln? Jordan selbst hat dazu hellsichtige Gedanken. Aus Angst, auch vor der Einsamkeit und weil man aus Mangel an Geld nirgends hin kann.
Die ganze Familie befindet sich unter- und zueinander in einer wirklich pathologischen Abhängigkeit. Durch Gewalt, Druck, emotionale Erpressung und artifiziell erzeugte Abhängigkeit und einer gewissen Gehirnwäsche von klein auf, ist diese Familie bis in den tiefsten Kern verrottet. Die verbotene Beziehung von Jordan und Michelle ist noch das "Normalste" unter all den dort angehäuften Absonderlichkeiten.
Im Grunde genommen zutiefst verunsichert und doch verloren, kompensieren die meisten der Kinder dies durch Gemeinheit, Hinterhältigkeit und einem eklatanten Mangel an Empathie. Das Ende des Buches verstört zutiefst.
In einer klaren, schnörkellosen Sprache schrieb die Autorin die Anatomie einer sich anbahnenden Katastrophe auf. Man erhält profunde Einblicke in äußerst deviante Menschen. Wirklich abartig und psychologisch ausgefeilt.