Cover des Buches Der Herr der Wolken (ISBN: 9783442735259)
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Rezension zu Der Herr der Wolken von Stéphane Audeguy

Der Herr der Wolken ist durchlässig wie eine Wolke

von kingofmusic vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Hatte mir wesentlich mehr von versprochen...

Rezension

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kingofmusicvor 9 Jahren

Nein, ich kann es eigentlich nicht akzeptieren, dass ich einem vielversprechend beginnenden Roman „nur“ 3 Sterne gebe. Trotzdem bleibt mir nach der Lektüre nichts anderes übrig und ich würde mich selbst und andere Leser belügen, wenn ich mehr Punkte verteilt hätte.

Kurzer Inhalt: Akira Kumo, ein in Paris lebender Modeschöpfer aus Hiroshima stellt die junge Bibliothekarin Virginie Latour als Assistentin ein, um seine umfangreiche Bibliothek zum Thema Wolken und Meteorologie zu ordnen und zu katalogisieren. Während der Arbeit daran erzählt Akira Kumo ihr immer wieder über die Historie der Wolken- und Wettererforschung und über wegweisende historische Persönlichkeiten wie Luke Howard, der die Einteilung der Wolkenformen in Cirrus, Cumulus, Stratus und Nimbus vorgenommen hat und von Goethe verehrt wurde (also real existenten Personen) als auch fiktiven Personen wie Richard Abercrombie, an dessen Weltreise sich ein Großteil des Romans entlang hangelt– ein verwirrender Umstand, der scheinbar vom Autor Stephane Audeguy so gewollt ist.

Im Laufe der Geschichte lernen wir aber auch die brutal beendete Kindheit von Akira Kumo kennen, die er in zwei Briefen vor Virginie episch ausbreitet und die einem wieder mal die Widerlichkeit des 2. Weltkrieges im August 1945 vor Augen führt. Letztendlich zerbricht er auch an den Erinnerungen und begeht Selbstmord.

Warum nur 3 Sterne? Es liegt noch nicht mal an dem etwas gewöhnungsbedürftigen Schreibstil im Präsens und dem totalen Verzicht auf wörtliche Rede. Was mich am meisten an der Lektüre dieses Romans gestört hat, sind die teils wirklich abartig beschriebenen sexuellen Passagen des Buches. Mich interessiert weder, wie die weibliche Protagonistin jeden Freitag das „Do it yourself“-Verfahren anwendet und wie sie dabei ausläuft noch möchte ich solche Passagen lesen wie „…er würzt das Wasser, das er seine Frauen trinken läßt, er legt sich dann unter sie und trinkt ihren Urin, um zu prüfen, ob Anis, Kardamom oder Vanille zu schmecken sind.“

Sowas ist in einem Roman über den „Herrn der Wolken“ schlicht und einfach überflüssig und ich war manches Mal kurz davor, das Buch in die Ecke zu pfeffern. Aber um ein abschließendes Urteil bilden zu können, muss ich ein Buch von vorne bis hinten lesen.

Außerdem hat man das Gefühl, dass Stephane Audeguy beim schreiben vergessen hat, dass er seinen Protagonisten Richard Abercrombie im Jahr 1889 dreiundvierzig Jahre alt sein lässt, um ihn dann 1891 neununddreißig und 1892 fünfundvierzig werden zu lassen. Oder ist das gewollte Verwirrung bzw. Ironie des Autors?

Das Buch hat immer seine besten Passagen, wenn man etwas über historisch belegte Vulkanausbrüche (August 1883: Ausbruch des Krakatau) oder über den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima liest. Letztgenannte Passage jagt mir jetzt noch Schauer über den Rücken (s. o.).

So enthusiastisch ich am Anfang über das Buch war, umso enttäuschter bin ich nach kompletter Lektüre und kann nur bedingt eine Empfehlung aussprechen. Schade!
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