Gabriel reist von Wien nach Ventimiglia, um seinen Vater zu finden, der seinerzeit nach Italien ausgesiedelt ist. Doch an der Adresse, die er bekommen hat, trifft er seinen Vater nicht und niemand weiß, wohin er verzogen ist. Nachdem Gabriel eine junge Frau kennenlernt, beschließt er am Ort zu bleiben und dort ein neues Leben zu beginnen.
Struhar hat hier eigentlich keinen Roman geschrieben. Es ist eine Aneinanderreihung von Szenen, die als Ganzes ein unverbindliches Porträt der kleinen Stadt und ihrer Bewohner ergibt. Zwar folgt er einer Chronologie, in der es eine Entwicklung der Beziehung unter den Protagonisten gibt, aber die Handlung als solche ist ohne Weg, das Einzige, das kontinuierlich verfolgt wird, sind die Lebensumstände der Hauptfiguren. Die einzelnen Absätze sind Szenen an sich, teilweise ohne direkten Bezug zueinander. Die sind zwar sehr schön geschrieben, obwohl man beim Lesen so manches Mal auf ein paar Eigenheiten der Sprache stößt, doch sind sie zu abgeschlossen, sodass man manchmal von einem Absatz zum nächsten nicht weiß, worum es geht. Manchmal verwirren auch große Zeitensprünge und die vielen Namen verlangen einiges vom Leser ab.
Unter dem Strich bleibt Ratlosigkeit. Für eine Short-Story sicher zu lang, einen Roman kann man es allerdings auch nicht nennen und ob es nun wirklich ein ergiebiges Leseerlebnis ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Eher zwiespältig.
Stanislav Struhar
Lebenslauf von Stanislav Struhar
Quelle: Verlag / vlb
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Neue Rezensionen zu Stanislav Struhar
Rezension zu "Das Gewicht des Lichts" von Stanislav Struhar
Fabian hat seine ganz eigene Art, mit Schicksalsschlägen umzugehen: Er zieht an einen anderen Ort weiter.
So ist er nach dem Tod seiner Mutter mit seinem Onkel nach Rom gegangen, und nun, nachdem er dort seine geliebte Lucilla verloren hat, zieht er nach Ligurien, wo der Onkel bei Ventimiglia Ferienwohnungen besitzt, um die Fabian sich kümmern soll.
Wie in so vielen kleinen Orten ziehen immer mehr Einheimische in die Welt hinaus, während die Zurückgebliebenen den leeren Wohnraum an Feriengäste vermieten. Das hat meistens gravierende Auswirkungen auf die Dorfgemeinschaft, irgendwann jedoch kommen die Menschen wieder zurück, denn niemand möchte in der Fremde sterben.
In diesem Ort ist die Dorfgemeinschaft noch spürbar, und sie macht es Fabian sehr leicht, sich einzugewöhnen. Er bezieht eine der Wohnungen seines Onkels, genießt die italienische Dorfatmosphäre und hat wenig Probleme mit den Urlaubern. Vor allem aber kümmern sich die Frauen des Dorfes um ihn, besonders Kerstin, die ebenfalls Ferienwohnungen betreut und eine kluge Frau ist. „Männer brauchen sehr wohl eine Mutter, die meisten sogar ein Leben lang, sagte sie.“
Dieses Buch ist ein wunderbar leiser und ruhiger Roman, in den man sich schön versenken kann. Die Atmosphäre eines italienischen Dorfes wird so gut eingefangen, dass beim Lesen die Wärme der Sonne fast zu spüren ist. Ich mag den Schreibstil dieses Autors, der so genau beobachtet und so kluge Bemerkungen einstreut.
Es passiert nicht viel in diesem Buch, alles geht langsam vonstatten, und das ist gerade das Schöne daran. So kommen die leisen Töne, die gefühlvollen Beschreibungen und die funkelnde Sprache besser zur Geltung.
Ach ja, die Kommunikationsfähigkeit von Männern!
Zum Beispiel Alan. Da zieht seine Kommilitonin Bernadette bei ihm ein, weil sie von ihrem Stiefvater aus der Wohnung geworfen wurde, und was macht Alan? Nichts. Er redet nicht mit ihr, er zeigt keine Empathie, er geht ihr innerhalb der Wohnung aus dem Weg. Aber Frauen sind beharrlich, und so entwickelt sich schließlich doch ganz langsam eine ganz leise Liebesgeschichte.
Auch Stefan ist nicht sehr gesprächig. Er war seiner italienischen Freundin Arianna in deren Heimatland gefolgt, aber leider hat sie wieder mit ihrem Jugendfreund angebandelt. Stefan bleibt in Italien, arbeitet für Ariannas Onkel, wird von den italienischen Kollegen und Nachbarn herzlich aufgenommen und in die Gemeinschaft integriert und – schweigt. Auch hier ist es wieder die Frau, die initiativ werden muss, nämlich Francesca, die Tochter seines Chefs.
In diesem Buch spielen Grenzen eine zentrale Rolle. Grenzen zwischen Ländern, aber auch Grenzen zwischen Menschen. Die Protagonisten haben es schwer, eine Beziehung einzugehen und sich einer Frau gegenüber zu öffnen, denn sind Entwurzelte, sie haben ihre Heimatländer verlassen und versuchen, in einem anderen Teil Europas Fuß zu fassen. Beide Männer haben traumatische Erfahrungen gemacht, aber sie reden nicht darüber.
Den Titel des Buches finde ich übrigens irritierend, schließlich sind die Fremden in diesen beiden Erzählungen nicht die Frauen, sondern die Männer.
Die Kernfrage dieser Erzählungen ist, ob Menschen, die völlig unterschiedlich sind, zusammenleben, sich mögen und sogar lieben können. Ja, ist die Antwort dieses atmosphärisch dicht geschriebenen, vielschichtigen und tiefen Buches.
Einmal mehr wird deutlich, dass wir gar nicht so viel über das Zusammenwachsen Europas reden müssten. Denn wir sind längst ein Europa. Ein Europa von Menschen, die die gleichen Gefühle, Wünsche, Träume und Probleme haben. Wir mögen zwar unterschiedliche Sprachen sprechen und unterschiedliche Gerichte kochen, aber wir sind in allen europäischen Ländern einfach nur – Menschen.
Das wird in diesem Buch meisterhaft auf den Punkt gebracht.
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