Stefan Brijs

 3,9 Sterne bei 52 Bewertungen
Autor*in von Der Engelmacher, Post für Mrs. Bromley und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Stefan Brijs, Jahrgang 1969, gelang mit seinem Roman "Der Engelmacher" in Belgien und den Niederlanden ein Sensationserfolg. Er wurde dafür u. a. mit der "Goldenen Eule" für das beste Buch des Jahres ausgezeichnet sowie mit dem Preis der Königlichen Akademie für Literatur der Niederlande. Die Auslandsrechte wurden in zahlreiche Länder, darunter auch England und die USA, verkauft. Bei btb ist außerdem sein von der Kritik hochgelobter Roman "Post für Mrs. Bromley" erschienen, die Geschichte eines jungen Mannes, der in Kriegszeigen versucht, menschlich zu handeln.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Stefan Brijs

Cover des Buches Der Engelmacher (ISBN: 9783442748389)

Der Engelmacher

 (38)
Erschienen am 10.11.2014
Cover des Buches Post für Mrs. Bromley (ISBN: 9783442714001)

Post für Mrs. Bromley

 (9)
Erschienen am 11.07.2016
Cover des Buches Taxi Curaçao (ISBN: 9783442714728)

Taxi Curaçao

 (4)
Erschienen am 11.10.2016
Cover des Buches The Angel Maker (ISBN: 9780753825907)

The Angel Maker

 (1)
Erschienen am 28.07.2009

Neue Rezensionen zu Stefan Brijs

Cover des Buches Post für Mrs. Bromley (ISBN: 9783442714001)
engineerwifes avatar

Rezension zu "Post für Mrs. Bromley" von Stefan Brijs

Warum, warum, warum?
engineerwifevor 8 Monaten

Auf sehr eindringliche Weise stellt der niederländische Autor Stefan Brijs die zwei gegensätzlichen Blickpunkte des Krieges dar, indem er den jungen John Patterson in die Ecke der Kriegsgegner und seinen Kindheitsfreund Martin Bromley als glühenden Krieger darstellt, der es gar nicht erwarten kann, dabei sein zu dürfen. Doch Martin ist zu jung und so gelingt es ihm nur durch eine List, die Altersvorgabe zu umgehen, indem er sich für einen anderen ausgibt. Doch sollte er fallen, wird seine Mutter dadurch nie davon erfahren. Zwischenzeitlich widmet sich John weiterhin seinem Studium, merkt jedoch schnell, dass er sich damit selbst ins Abseits drängt und die Anfeindungen gegen ihn als vermeintlichen Feigling immer größer werden. Als schließlich geliebte Menschen in seinem direkten Umfeld sterben, gibt auch er klein bei und tritt den Militärdienst an. Seine Gedanken gehen jedoch immer wieder zurück nach Hoxton, seiner Heimat Gebiet im London Borough of Hackney, wo er nicht nur Mrs. Bromley vermisst, sondern sich auch nach ihrer Tochter Mary verzehrt, die ihm schwer den Kopf verdreht hat. Es fällt ihm mehr schwer, ein guter Soldat zu sein …

Nachdem ich mich eingelesen hatte, war ich fasziniert davon, wie gut es dem Autor hier gelungen ist mit „Post für Mrs. Bromley einen Antikriegsroman erster Klasse zu schreiben. Ohne jemals den Finger zu erheben, klagt er an, zeigt aber auch Verständnis für die, die den Kriegseintritt bejubeln. Johns Freund und Studienkollege William bringt es mit der folgenden Aussage auf den Punkt: „Die Menschen sind Lemminge. Sie wollen in der Masse mitlaufen. Dort wähnen sie sich sicher. Sie brauchen nicht nachzudenken. Sich nicht zu entscheiden. In einem blinden Drang schwimmen sie im Strom mit, wohin er auch führt. Angestachelt vom Atem der anderen um sie herum. Immer weiter.“ 

Dieser Roman ist keine einfache Lektüre doch umso mehr lohnt es sich dranzubleiben und einzutauchen. Ich vergebe mit fünf Sternen hier sehr gerne die Bestnote und spreche eine absolute Empfehlung aus. Es ist ein Buch, das noch eine ganze Weile nachhallen wird. 

Cover des Buches Taxi Curaçao (ISBN: 9783442714728)
pardens avatar

Rezension zu "Taxi Curaçao" von Stefan Brijs

Melancholisch und eindringlich...
pardenvor 8 Monaten

MELANCHOLISCH UND EINDRINGLICH...

Curaçao, 1961. An einem Septembermorgen bringt der Taxifahrer Roy Tromp seinen zwölfjährigen Sohn Max zum ersten Mal in die weiterführende Schule zu Bruder Daniel. Max ist der erste in seiner Familie, der sie besuchen kann, und erweist sich als talentierter Junge, der davon träumt, Lehrer zu werden und den gesellschaftlichen Aufstieg aus der Armut zu schaffen. Bruder Daniel, der selbst von der Insel stammt, will ihm dabei helfen. Denn so prächtig der azurblaue Dodge Matador ist, mit dem Roy seinen Sohn zur Schule bringt, so bettelarm ist die Familie des Trinkers und Spielers. Vierzig Jahre später ist der Traum geplatzt und Max, der längst selbst Vater eines erwachsenen Sohnes ist, verschwindet aus heiterem Himmel in die Niederlande, womöglich für immer. (Verlagsbeschreibung)

Die Spanne der hier erzählten Jahre umfasst vier Dekaden, beginnend von 1961 an. Der schwarze Ordensbruder Daniel, der auf Curaçao als Lehrer arbeitet, fungiert hier als beobachtender Ich-Erzähler, wobei er sich gelegentlich auch leise Emotionen gestattet. Im Fokus des Romans steht die Familie Tromp - zunächst der Taxifahrer Roy, dann sein anfangs 12jähriger Sohn Max und schließlich später auch dessen Sohn Sunny, der jedoch vergleichsweise wenig Raum einnimmt.


"Die Armut interessierte die Regierung schließlich wenig,denn sie hatte größtenteils eine dunkle Hautfarbe und blieb im Verborgenen in den Wohngebieten weit weg von der Macht..." (S. 52)


Roy ist ein grobschlächtiger Macho, der Treue nicht einmal buchstabieren kann, dem es aber immer wieder gelingt, bei den Frauen zum Zug zu kommen. Elf Kinder habe er auf ganz Curaçao, so wird er nicht müde zu behaupten, an eine einzelne Frau binden lasse er sich jedenfalls nicht. Immerhin besorgt er für Max und seine Mutter eine Bleibe, schäbig zwar und ohne jeden Komfort, aber doch ein kleines Häuschen. Und er fährt Max mit seinem Taxi an dessen erstem Schultag in Barber zur Schule, stolz in Uniform mit Mütze und Handschuhen und sehr darauf bedacht, dass keine dreckigen Kinderhände den glänzenden Lack seines nagelneuen Dodge Matador betatschen. Auffallen ist Roys Devise, an seinem Macho-Ruf arbeiten und alle Tricks auf Lager haben, um nie um Fargäste verlegen zu sein. Roy hat sehr eigene Vorstellungen und wird auch nicht müde, diese jedem zu verkünden

Max dagegen ist ein eher schüchternes, sensibles Kind, dem das Auftreten seines Vaters eher unangenehm ist. Ihm fällt das Lernen leicht, und mit Unterstützung seiner Mutter sowie vor allem von Bruder Daniel, der nicht müde wird, den Jungen zu ermuntern, nimmt bald schon ein Zukunftsplan im Kopf von Max Gestalt an. Er will auch Lehrer werden und damit der Armutsschlaufe entrinnen. Doch sein Vater hat andere Pläne für seinen Sohn...

Während Bruder Daniel im Jahr 2001 auf den Anruf von Max wartet, dass er gut angekommen ist in den Niederlanden, springt er in seinen Erinnerungen an die letzten vierzig Jahre von Episode zu Episode und gewährt so einen intensiven Einblick in das Familiengefüge der Tromps. Stolz und Armut, Hoffnungen und Niederschläge sind die Widersprüchlichkeiten, in denen sie sich bewegen. Kurze Augenblicke des Glücks weichen nur zu bald schon den Widrigkeiten des Alltags, denen man kaum entkommen kann.


"Curaçao ist zu einem Patienten geworden, der sich wundgelegen hat, weil er sich schon seit Jahren selbst vernachlässigt und jede Pflege verweigert." (S. 187)  


Eingebettet in die Familiengeschichte sind auch die Gegebenheiten der niederländischen Insel in diesen vier Dekaden - der Maiaufstand von 1969, in dem Schwarze für gleiche Rechte und Entlohnung kämpften und dabei schnell in eine Gewaltschleife gerieten; die große Armut, die oft die Schwarzen betraf; der wirtschaftliche Niedergang, als Shell sich in den 1980er Jahren aus Curaçao zurückzog und die Erdölraffinerie (samt Altlasten) für einen symbolischen Gulden an die Inselregierung verkaufte, weiter verpachtet an eine staatliche venezolanische Ölgesellschaft, die jedoch keine Investitionen tätigte; die steigende Arbeitlosigkeit auf der Insel, v.a. auch der Jugendlichen; und die steigende Kriminalität, als die Drogenbosse z.B. aus Kolumbien und Venezuela entdeckten, dass Curaçao ein guter Umschlagplatz und Transitmarkt für ihre Drogen ist - allein diese Gegebenheiten verschaffen dem Ganzen schon einen pessimistischen Anstrich.

Gerade an diesen äußeren Bedingungen scheitern viele Hoffnungen v.a. von Max immer wieder. Er, der so klare Pläne für sein Leben hat, muss stets aufs Neue der Tatsache ins Auge sehen, dass diese nicht zu verwirklichen sind. Wenn er einmal zu dieser Erkenntnis gelangt, hadert er jedoch nur kurz mit dem "Schicksal" und beugt sich dem, was eben nicht zu ändern ist. Hinfallen und aufstehen, immer wieder. Aber Stefan Brijs lässt trotzdem eine Beklemmung aufkommen, der man sich beim Lesen nicht entziehen kann. Und wie weit diese reicht, zeigt sich erst ganz am Schluss - mit einem letzten Hammerschlag. Ich war ehrlich gesagt richtig geplättet.

Ein häufig leise melancholischer Roman, der sich beim Lesen irgendwie im Hirn festfrisst und einen kaum wieder loslässt. Ein eindringlicher Blick hinter die Kulissen des karibischen Traums...


© Parden

Cover des Buches Post für Mrs. Bromley (ISBN: 9783442714001)
Literatur-Universums avatar

Rezension zu "Post für Mrs. Bromley" von Stefan Brijs

Der Krieg ist der Liebe ihr Tod
Literatur-Universumvor 6 Jahren

Krieg ist eine Berührung mit dem Tod. Er hinterlässt Teufelsspuren. Sich zu widersetzen ist die Botschaft, die John und sein Studienkollege William setzen wollen. Doch wie bringt man eine Menge zur Vernunft, wenn sie von den Medien angestachelt wird? Wie beruhigt man eine Masse von Menschen, die tagtäglich Nachrichten von Todesopfern bekommen? Die den Menschen suggerieren, dass Rache die einzige Option ist, um Erlösung im Herzen zu erlangen. Der Kampf der beiden Studenten scheint noch härter zu sein als der Krieg selbst. Entschlossen spricht William immer wieder Parolen gegen den Krieg aus:
„Die Menschen sind Lemminge. Sie wollen in der Masse mitlaufen. Dort wähnen sie sich sicher. Sie brauchen nicht nachzudenken. Sich nicht zu entscheiden. In einem blinden Drang schwimmen sie im Strom mit, wohin er auch führt. Angestachelt vom Atem der anderen um sie herum. Immer weiter.“

John ist die Hauptfigur, ist 19, und es wird aus der Ich-Perspektive von ihm erzählt. Er wächst alleine mit seinem Vater auf, weil seine Mutter bei seiner Geburt gestorben war. In der Folge nimmt ihn Mrs. Bromley bei sich auf und er wird von ihr gestillt. Die Bromleys sind eine 8-köpfige Familie. Während Mrs. Bromley eine herzensgute Frau ist, ist der Vater ein Tyrann. Martin, der älteste und einzige Sohn, wird Johns bester Freund.

Die Erzählung setzt ein am 05.08.1914. Das Ultimatum an Deutschland ist abgelaufen und die Menge jubelt. Sein bester Freund Martin Bromley will sich sofort freiwillig melden. John ist zunächst nicht geschockt, weil er, wie so viele andere, glaubt, dass der Krieg sowieso bald vorbei sein wird. Er denkt nicht daran, dass er sich meldet und strebt ein Englischstudium an. Sein Vater verkauft sein wertvollstes Buch, um ihn dies zu ermöglichen. Im Studium lernt er William, einen Germanistikstudenten kennen. Ähnliche Gedankengänge verbinden sie. Krieg ist die schrecklichste Erfindung der Menschheitsgeschichte. Je länger der Krieg jedoch andauert, desto intensiver werden die Manipulationen betrieben. Soldaten werden an Universitäten geschickt, um junge Männer für den Krieg zu überzeugen. Außerdem werden junge Männer, die sich noch nicht für den Krieg gemeldet haben, von Frauen und älteren Männern auf der Straße beschimpft.

Stefan Brijs, der Autor dieses Romans, hat sich sehr intensiv mit dem 1. Weltkrieg beschäftigt. Insbesondere hat er sein Augenmerk auf London geworfen. Er versucht die Zustände zu beschreiben und die Grausamkeit und die Aussichtslosigkeit zu manifestieren. Er hat bereits mit „Taxi Curacao“ einen fantastischen Roman geschrieben und entwirft mit „Post für Mrs. Bromley“ einen Kriegsroman, der die Hierarchie einer Gesellschaft deutlich zeichnet.

Mit John erleben wir die Geschichte einer Figur, die versucht gegen den Strom zu schwimmen, jedoch lässt sie sich von Trieben und Manipulationen in den Gedankengängen immer wieder stören. Sein Vater ist ein Postbote und ebenfalls gegen den Krieg. Als die Zahl der Toten zunimmt, erhält er die Aufgabe die Telegramme der Toten, direkt an die Familien auszuliefern. Diese Tätigkeit lässt ihn verrückt werden. Er sieht sich als Totenbote. Als eines Tages ein Telegramm für Mrs. Bromley ankommt, welches John findet, zögert er es ihr auszurichten.

Darf man die Hoffnung eines Menschen aufrechterhalten durch das Verschweigen einer Wahrheit? Ist der Krieg zu rechtfertigen, wenn man aus Rache handelt? Ist man unschuldig, wenn man nicht aus Eigengedanken, sondern Fremdgedanken gehandelt hat? Josh handelt vielmehr auch aus Liebe. Liebe zu den Menschen und Liebe zu Mary Bromley, der ältesten Tochter. Er versucht zu imponieren und Lösungen für das Unmögliche zu finden. Ihm bleibt jedoch nur die Option des Willens einer höheren Macht. Vielleicht sind diese Schranken tatsächlich die Bilder der Wirklichkeit. Jedoch lassen sie vermuten, dass eine Möglichkeit zum Widerstand ausgeschlossen sei. Eine sehr zweifelhafte These. John versucht Goethes jungem Werther zu gleichen. Dieser scheiterte an der Liebe und beendete sein Leben. John nutzt die Schwierigkeiten der Liebe, um Rechtfertigung für seine destruktiven Entscheidungen zu finden.
Insgesamt ist es eine großartige Geschichte mit einigen ethischen Schwächen und etwas zu vielen Versuchen, die Seiten unnötig zu füllen.

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