Cover des Buches Kreditinferno (ISBN: 9783941657595)
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Rezension zu Kreditinferno von Stefan Frank

Banken und Staaten bilden ein Ponzi Syndikat

von sabisteb vor 11 Jahren

Rezension

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sabistebvor 11 Jahren

Das Aktuelle Problem der überschuldeten Südeuropäischen Länder fasste Johan Gustav Knut Wicksell in seinem Buch „Geldzins und Güterpreise“ bereits 1898 in zwei Sätzen treffend zusammen. Als Folge des vom Gesetzt gegen Wucher geschaffenen artifiziellen Zustands erhalten die Schuldner ihre Kredite zu billig. Das, was sie zu billig erhalten, verlangen sie in zu großer Quantität.

Banken, die einen großen Teil ihres Kapitals verloren haben, haben keinen Anreiz mehr, solide zu wirtschaften, sondern versuchen durch Hochrisikogeschäfte ihre Verluste wieder wett zu machen und ziehen damit noch gesunde Banken mit in den Ruin.


Was in Europa derzeitig passiert ist ein klassisches Ponzi Schema, auch Schneeballsystem genannt. Staat und Banken bilden dabei ein Syndikat: Die Banken finanzieren die Staatsverschuldung, dafür garantiert der Staat ihre Existenz und ihre Profite.

Die Geschichte wiederholt sich immer wieder. Was wir heute beobachten passierte bereits unter Diokletian:

1. Geldvermehzung

2. Verschwendungssucht des Staates

3. Demagogie: Staat macht Spekulanten verantwortlich.

4. Preiskontrollen, die Lohnkontrollen (nach unten) nach sich ziehen

Wie funktioniert unser Wirtschaftssystem und warum wird es uns demnächst um die Ohren fliegen, darum geht es in diesem Buch. Anschaulich und mit gut verständlichen Beispielen erklärt der Autor dem Laien zunächst wie sich die Geldwirtschaft historisch entwickelte und welche Folgen es hat, wenn Geld gedruckt wird oder Zinsen willkürlich erhöht oder gesenkt werden. Es wird erklärt, warum Inflation auf lange Sicht nichts ändert und nur auf Kosten der eigenen Bevölkerung geht und das Deflation heilsam und wichtig ist um Blasen zu verhindern.

Nach diesem ökonomischen Exkurs wird nach und nach das Szenario entschlüsselt vor dem wir heute stehen und dem Leser wird klar, warum es so weit kommen musste und wie es weitergehen wird. Da dieses Buch aus dem Oktober 2012 stammt, konnte der Autor noch nicht wissen, wie die Situation März 2013 aussehen wird, aber seine Vorhersagen, die seine Theorien bestätigen, sind düster:

1. Der ESM (die geheime europäische Staatsbank), die völlige Immunität genießt, der für ihre Taten weder zivil- noch staatsrechtlich belangt werden kann, geheim, mit unbeschränkter Macht, unwiderruflich und niemandem verantwortlich, ist das Tyrannischste, was in Westeuropa seit 1945 geschaffen wurde und der nicht demokratisch legitimierte Gouverneursrat mit Sitz in Luxemburg der Herrscher über die Parlamente, die ihre Haushaltsautonomie verloren haben.

2. Ein Land (Zypern), dessen Haushalt von einer zentralistischen Geheimorganisation (ESM) finanziert wird, ist davon abhängig und muss sich dem Willen des Geldgebers unterwerfen.

3. Es steht fest, dass der Euro nicht erhalten werden kann, fraglich ist allein, wann die Politiker das eingestehen werden (S. 240).

4. Es stellt sich nur die Frage, ob sich das Ende mit Schrecken sehr bald einstellt oder erst nach weiteren jahrelangen Euroqualen, deren Kosten sich nicht allein in Geld berechnen lassen, sondern langfristige soziale Verluste sind.

So weit, so gut. Leider ergeht sich der Autor in der Wächterfunktion der Zinsen und betet somit unreflektiert die gängige Lehrmeinung herunter. Niedrige Zinsen bewirken seiner und vieler anderer gelehrter Leute Meinung Verschwendung und bei niedrigen Zinsen werden Projekte begonnen, die letztendlich nicht wirklich rentabel sind. Hohe Zinsen haben somit eine Wächterfunktion. Was der Autor dabei jedoch übersieht ist, dass Zinsen das eigentliche dem System zu Grunde liegende Problem sind, den Kredite werden aus dem Nichts erzeugt, Zinsen jedoch sind Geld, das man jemanden wegnehmen muss, wenn man seinen Kredit zurückzahlt. Ein auf Zinsen beruhendes System führt somit rein mathematisch dazu, dass Geld von arbeitenden Menschen zu Kapitelhaltern fliest, unaufhaltsam, mathematisch bedingt. Diese Krise ist nicht nur eine Krise überschuldeter Haushalte und Staaten, sie ist eine mathematische Folge der Zinseszinsfunktion, die jedes darauf basierende Geldsystem nach ca. 70 Jahren zusammenbrechen lässt und unser aktuelles System wurde 1950 gestartet. Ja, die Deregulierung der Banken in den 1980er und 1990er Jahren war ein Fehler ABER sie war eine logische Folge, denn wenn auf dem realen Markt keine Gewinne mehr gemacht werden können (ab einer bestimmen prozentualen Akkumulation des Kapitals in immer wenigen Händen, bei nicht vorhandenem Trickle-Down-Effekt, weil die Superreichen lieber das Geld für sich arbeiten lassen, statt sich selber die Finger mit Arbeit schmutzig zu machen) ist die Börsenspekulation eine normale mathematische Folge. Alles, was derzeitig passiert ist die Schuld des auf Zinsen basierten Systems, der Zins ist kein Wächter sondern die Ursache. Klammert man das aus, ist dieses Buch nur noch eine reine Betrachtung dessen, was in den letzten Jahren zwangsweise passieren musste mit weiteren historischen Beispielen, aber des Pudels Kern wird dabei komplett ignoriert.

Da verwundert es nicht, dass der Autor anhand historischer Beispiele die weiteren gesellschaftlichen Folgen vorhersagen kann, auch wenn er die tatsächliche (mathematische) Ursache nicht erkannt oder verstanden hat. Das kann aber jeder, der ein wenig Ahnung von Geschichte hat.

Nebenbei, alle Euroländer sind bankrott, allen voran Deutschland, aber solange das keiner Glaubt geht es Deutschland gut, denn wir leben nach dem Beggar-thy Neighbour Prinzip (S. 165). Wenn jedoch, bei der geringen Eigenkapitaldeckung von 1-4% der Banken, nur 5% der Menschen ihr Erspartes in Bar abheben würden, brechen alle aktuellen Banken ausnahmslos zusammen.

Insgesamt wird der komplexe Zusammenhang des aktuellen 70 Jahre Zyklus gut verständlich erklärt, und ja, es gibt ein historisches Beispiel der sang-und klanglosen Auflösung einer Währungsunion: Die Auflösung der gemeinsamen Währung der Sowjetrepubliken. Der Untergang des Euro ist keine Katastrophe sondern die einzige Lösung.

Der Gewinn, den der Herrscher (die Banken) aus Geldvermehrung zieht, kann nicht rechtmäßig sein. Der Gewinn des Herrschers (der Banken) ist notwendigerweise der Verlust der Gesellschaft […] So wäre der Herrscher (die Banken) in der Lage, den ganzen Besitz seiner Untertanen an sich zu bringen und sie zu Slaven zu machen. - Nikolaus von Oresme (1336-1382).

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