‚Dies ist kein Buch über verlorene Orte, keine Lost Places. Es sind Orte des Übergangs. Es sind Orte, die ihre ursprüngliche Bestimmung verloren haben und auf ihre nächste Transformation warten. Es sind stille, träumende Orte.‘ (Seite 15)
Stefan Hilden bietet in ‚venexia‘ Einblicke in eher unbekannte Orte Venedigs, z.B. Palazzo Mora, Accademia di belle arti di Venezia, Forte Marghera, Officina Lampadari, Veneland, Psichiatria infantile, Ospedale al Mare.
Ich liebe Venedig und finde, die Lagunenstadt ist die zweitschönste Stadt der Welt (nach der jemenitischen Hauptstadt Sanaa).
Dieser Bildband ist anders als andere Venedig-Bildbände, und das hat mir sehr gefallen, denn ich finde das neblige, geheimnisvolle, abgelegene, verfallene Venedig am schönsten und am faszinierendsten.
Nach einer kurzen stimmungsvollen Einführung richtet Hilden seinen Fokus auf die großformatigen Fotografien, die ungewöhnlichere, unbekanntere Facetten der Stadt zeigen und die der morbiden Schönheit Venedigs eine Bühne bieten.
Die Fotografien sind eher düster und oft recht mysteriös. Ich empfand das als sehr stimmig und als großen Gewinn, wenn man auch andere Seiten der Stadt kennenlernen möchte, die fernab der ausgetretenen Touristenpfade liegen (die zweifelsohne schön sind, die man aber schon x-fach gesehen hat).
‚Ea morte de Venexia, xe anca ea morte mia.‘ / ‚Wenn Venedig stirbt, so sterbe auch ich.‘ (Seite 4, Inschrift auf einer Gondel aus dem 18. Jahrhundert)
Stefan Hilden
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Stefan Hilden
Elbenkinder, Band 01
Venexia
Neue Rezensionen zu Stefan Hilden
Ich liebe Fotografie, die nicht gestellt, sondern echt und unverfälscht ist, verborgene, nicht touristische Orte und nicht zuletzt Italien, ganz besonders La Serenissima. In dieser Stadt habe ich erst vor zwei Jahren eine Woche die Nebengassen und nicht touristischen Viertel erforscht.
Daher hat dieser Bildband mich sofort gereizt. Auf stolzen 207 Seiten schafft es der Autor und Fotograf Stefan Hilden ein Venedig zu zeigen, das nicht dem Klischee entspricht, den Kitschpostkartenaufnahmen mit Gelati, Gondeln, Tauben, blauen Himmel und Markusplatz. Gezeigt wird Venexia - die verborgenen Ecken, Plätze des Verfalls, die nicht von Touristen überschwemmt werden, sondern vom Aqua Alta, oder von Müll, preisgegeben dem Verfall und Zahn der Zeit. Nichtsdestotrotz haben diese Bilder ihre eigene Ästhetik, sind anrührend und nachdenklich machend zugleich. Auch Künstler werden in ihren Werkstätten bei der Arbeit gezeigt, es sind Schlüssellocheinblicke, die man sonst nicht gewinnt, gerade in einer touristischen Stadt wie Venedig. Lesenswert ist auch der Begleittext. Spontan hätte ich gesagt, es handelt sich um Lost Places, doch der Autor stellt klar, dass es sich nicht um verlorene Orte, sondern Orte des Übergangs handelt. „Orte, die ihre ursprüngliche Bestimmung verloren haben und auf ihre nächste Transformation warten. Es sind stille, träumende Orte.“
Venexia ist ein besonderer Bildband und genauso wie die gezeigten Orte mehr als einen Blick wert. Faszinierend, auch etwas traurig stimmend, aber von einer ganz besonderen Ästhetik. Absolut sehens- und lesenswert.
Venedig und Klischees – gehört irgendwie zusammen. Hoffnungslos überlaufene cale und Brücken, Überschwemmungen und der Karneval. Aber auch Romantik, zauberhafte Aussichten und ein Füllhorn an einzigartigen Eindrücken. Doch all das ist ein Stück harte Arbeit. Mit dieser Einsicht kommt man diesem Prachtband schon ein gewaltiges Stück näher. Denn Venedig ist eben nicht nur Romantik in bella italia und ein Espresso zu exorbitanten Preisen. Hier leben Menschen, echte Venezianer, die die Stadt zu dem machen, was sie ist.
Stefan Hilden hat immer die Kamera im Anschlag. Was so martialisch klingt, war es anfangs auch. Er war auf Bilderjagd. Doch er merkt schon bald, dass er so nicht sehr weit kommt. Denn als Venezianer will man nicht auf Schritt und Tritt für die Ewigkeit eingefangen werden. So kam er ins Gespräch mit den Einwohnern der Serenissima. Und bald schon kamen diese einzigartigen Bilder zustande. Hochglanz, ja. Prospektmaterial, bedingt. Denn Venedig öffnet sich nur dem Aufgeschlossenen.
So darf Stefan Hilden den Palazzo Mora besuchen. Nicht einfach nur mal reinschauen, so wie viele andere auch. Nein, er durfte Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben. Immer schön am Rand bleiben, wurde ihm gesagt. Da weiß man schon, dass das Knarzen im Boden nicht einfach nur Nostalgie ist, sondern eine echte Warnung. Und ab jetzt verschlägt es dem Leser den Atem! Man riecht förmlich den Verfall, atmet Geschichte, sieht, was die Zeit mit dem Gebäude gemacht hat. Aber vor allem, was immer noch zu sehen ist! Lichtpunkte, die durch die brüchigen Fensterläden ihren Weg finden. Patina an kunstvoll geschmiedeten Geländern und Beschlägen. Aussichten, die so selten sind, dass man vor Neid erblassen könnte.
Manche Gebäude werden heutzutage als Ateliers genutzt. Mal expressionistisch wie im Cabinett des Dr. Caligari, mal verwunschen wie in einem Märchenschloss. Immer voller Leben, das sich auf den Straßen abspielt.
Aber auch Orte der Ruhe findet Stefan Hilden bei seinen Fotostreifzügen, die keine Jagd mehr sind. Keine auf Hochglanz polierte Gondeln findet den Weg vor die Linse, sondern genutzte Wasserfahrzeuge, die ihre Pflicht vor langer Zeit getan haben. Pures Mauerwerk kündet von dem, was mal war. Und immer mit im Bild: Die Sehnsucht, die Grandezza der Stadt, die einmal die Meere beherrschte. Deren Ruhm seit Jahrhunderten an- und die Besucher in Atem hält.
„Venexia – Hinter den Kulissen von Venedig“ spiegelt dem Betrachter nichts vor, wie es so manch Unerfahrenen in der Lagunenstadt ergeht. Die Stadt ziert sich etwas ihre nicht ganz so prächtigen Seiten zu offenbaren. Stefan Hilden leistet exzellente Überzeugungsarbeit und lässt sie bei aller fehlender oberflächlicher Eleganz erstrahlen. Venedig mal anders – dieser zu oft missbrauchte Satz trifft bei diesem Buch auf jeder der 180 Seiten zu.
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