An sich liegen die Fakten auf dem Tisch: Es muss sich was tun – doch wir Menschen haben ein unfassbares Talent, die Augen vor Notwendigkeiten zu verschließen bzw. trotz erkannter Notwendigkeit nicht zum Tun überzugehen. Der Frage, woran das liegt bzw. wie sich das ändern ließe, geht Stefan Klein in „Aufbruch“ nach.
Das Buch gliedert sich in 3 Teile, deren erstes „Das gespaltene Bewusstsein“ heißt und um eindrückliche (historische) Beispiele kreist, man könnte sagen, dieser Teil macht die Ist-Analyse aus. Im zweiten Teil geht es um sieben Illusionen über den Fortschritt (beginnend mit der Illusion, uns für Realisten zu halten, über das Gehirn, das in der Zukunft lebt, warum wir Bekanntes lieben, bis zur Illusion, dass Ideologien ausgedient haben (da wird es am politischsten). Im dritten und letzten Teil geht es darum, wie Veränderung funktioniert (hier betritt der berühmte Arzt mit vom Zigarettenkonsum gelb gefärbten Fingern auf, der eben jenen mahnend seinem Patienten entgegenreckt, er möge das Rauchen bleiben lassen) und insbesondere, welche Schritte auf dem Weg in eine bessere Welt zu gehen sind. Abgerundet wird das, ganz wissenschaftlichen Ansprüchen genügend, mit Anmerkungen und einem Literaturverzeichnis.
Wenngleich das Buch nur aus drei Teilen besteht, ist es durch Abschnitte gut strukturiert und enthält doch jede Menge Informationen, Substanz – Inhalt. Dieser wiederum weist zwar einige Merkmale wissenschaftlichen Arbeitens und verschiedener Disziplinen von psychologischen bis soziologischen auf, liest sich jedoch sehr flüssig, denn Klein beherrscht es hervorragend, komplexe bzw. „widerspruchfordernde“ (im Sinne genau dessen, was Klein erläutert) Themen so aufzubereiten, dass auch Laien sie gut verstehen können, ja, das Ganze sich sogar unterhaltsam liest. Wer es zuvor noch nicht wusste, sollte nach der Lektüre verstanden haben, was die drängendsten Probleme unserer Gesellschaft sind, dass wegducken sie nicht lösen wird und dass wir das eigentlich auch wissen und „nur“ noch ins Handeln kommen müssten bzw. kennt die Mechanismen, die uns daran hindern. Frei nach dem Motto „Jede Veränderung zu deinem Besten“ ermutigt Klein, zu erkennen, was uns hindert, die nötigen Veränderungen anzugehen und die Gestaltungsmöglichkeiten zu ergreifen, die ein Aufbruch ermöglicht. Lesenswert!