Cover des Buches Die Unmöglichkeit des vierhändigen Spiels (ISBN: 9783423141376)
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Rezension zu Die Unmöglichkeit des vierhändigen Spiels von Stefan Moster

Musikalische Wiedervereinigung

von Bellami vor 10 Jahren

Rezension

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Bellamivor 10 Jahren

"Die Firma lebt. Sie lebt in ihren Mitarbeitern weiter. Seit fünfzehn Jahren außer Dienst, nicht mehr in Amt und sowieso noch nie in Würden, aber immer noch auf den Beinen und somit nicht aus der Welt. Sie tragen ihre Namen ohne Gänsefüßchen, und klingen harmlos wie eine heute ausgesproche Erinnerung mit ein bisschen Nostalgie.


Almut ist 48 Jahre alt, in Rostock geboren und hat noch zu "DDR-Zeiten" Psychologie in Leipzig studiert. Sie liebt das Klavierspiel, am liebsten spielt sie Bach oder Schubert.

Ihr Sohn Sebastian ist 21 Jahr alt und hat noch keine konkreten Vorstellungen, wie sein weiteres Leben verlaufen soll. Er ist ein begnadeter Musiker. Das Klavierspiel, das ihm seine Mutter beigebracht hat, liegt ihm im Blut.

Abwechselnd erzählen Almut und Sebastian ihre Geschichte. Sie wissen nicht, dass sie sich beide auf dem selben Kreuzfahrtschiff befinden. Sie ist die Psychologin/Lebensberaterin an Bord, er der Bordpianist. Beide haben sich vor Monaten zerstritten und seit dem keinen Kontakt mehr gehabt.

Auch an Bord will es der Zufall, dass sie sich monatelang nicht begegnen.

Beide habe eine Verbindung zu Gaus, dem Personalmanager und ehemaligen Führungsoffizier der Staatssicherheit.

Als einstiger überzeugter Sozialist arbeitet er jetzt ohne Skrupel und moralische Bedenken für den Kapitalismus. Was sagt die Figur Gaus über sich:


" Mir genügt es gebraucht zu werden. Das ist die Voraussetzung für meine Überzeugung. Wenn ich das Gefühl habe, gebraucht zu werden, bin ich auch von der Sache überzeugt. Und wenn ich überzeugt bin, dann bin ich loyal"


Almut kommt aus einer intellektuellen Familie hat ihre eigenen Erfahrungen mit der Staatssicherheit. Sie hält Abstand zu Gaus, ist reserviert und ihm zeitweilig feindlich gegenüber eingestellt. Jedoch auch er ist fanatisch dem Klavierspiel erlegen und das einzige Klavier, das nicht in den Bars und Restaurants steht, steht im Praxiszimmer von Almut. Also kommt Gaus jeden Nachmittag zu ihr, um eine Stunde Klavier zu spielen.

Gaus testet stets und akribisch Almuts Wissen über die Musik und ist versessen darauf, mit ihr Schuberts F-Moll-Fantasie zu spielen, ein vierhändiges Stück. Gerade dieses Stück war es, mit dem Almut ihren Sohn regelrecht genervt hat. Vierhändig mit ihrem Sohn spielen, war die Nähe die sie gesucht und gebraucht hat. Ihr Mann hatte sie schon vor Jahren verlassen und sein Glück in Hamburg gefunden.


Wochen und Monate verbringen Passagiere und Personal auf einem Kreuzfahrtschiff, da pulsiert das Leben auf engstem Raum. Viele Themen können in einer Geschichte interessant verwoben werden und vieles wird in die Erzählungen von Almut und Sebastian eingearbeit. DDR-Vergangenheit , ein Mutter-Sohn-Konflikt, eine Hommage an die Musik, ein aktuelles Flüchlingsdrama, argentinische Politik, die Probleme der Luxuspassagiere.

Die Sprache ist schön und klug, die Personen authentisch.

Die Gefühle schwanken wie auf einem richtigen Schiff. Am Anfang ist es noch ruhig, dann kommen die ersten Wellen auf.

" Eine alte Frau, die eben noch mit Almut Kaffee getrunken hat, sagt zu Sebastian: Sie haben Ähnlichkeit mit jemandem........ und dann ..


Unverblühmt erzählte Gegenwart und wunderbar unaufdringlich erzählte Vergangenheit , ein Schwellgen in Erinnerungen, eine bewegende Geschichte.

"Nostalgie ist Erinnerung, die glaubt, sie komme ohne Schmerz, Trauer, Scham, Schuldgefühle und so weiter aus. Das ist ein Irrtum, das ist Selbstbetrug. Dann tut man nur, als ob. "






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