Rezension zu "Erlebnis Musik" von Stefan Schaub
Dieses Buch trägt zwar den Untertitel „Eine kleine Musikgeschichte“. Es geht aber mehr darum, wie ein Psychologe, der Musik und den Musikhörer analysiert, die Entwicklung des Erlebnisses Musik anhand klassischer europäischer Musik sieht. Was der Leser dabei aus mehr als 2000 Jahren Musikgeschichte erfährt, lässt ihm viele Musikperioden und ihre Protagonisten in neuem Licht erscheinen und regt ihn zu eigenen Überlegungen an. So führt die Beschreibung des Genies W.A. Mozart denjenigen, der sich einmal mit Gottfried Benns „Das Genieproblem“ befasst hat, unweigerlich zur Vertiefung der Frage, was ein musikalisches Genie ausmacht. Eigene Gedanken und Recherchen sind auch dort gefragt, wo Schaub sich damit begnügt, etwas kurz anzureißen, wie zum Beispiel mit der Erwähnung des Komponisten Piccini (meist Piccinni geschrieben; gemeint ist nicht etwa Puccini!). Obwohl sich Schaub redlich bemüht, dem Leser die wichtigsten musikalischen Erscheinungen zu erklären, bleibt gelegentlich eine gewisse Verständnisschwierigkeit (wie bei der Beschreibung serieller Musik; hier möglicherweise deshalb, so würde Schaub es sicherlich beurteilen, weil der Leser dieser Art von Musik mit einer Voreingenommenheit gegenübersteht, die ihn vom Mitdenken abhält). Am Ende des Buches, wo der Autor selbst die „ungewöhnliche Struktur“ seines Werkes anspricht, wird der Leser zu der Einsicht hingeführt, dass wir Musik auch mit dem hören, was wir über Musik wissen oder zu wissen glauben. Wer Schaubs Buch mit Bedacht liest, wird künftig Musik intensiver erleben.