Rezension
Ulenfluchtvor 10 Jahren
Stefan Ulrich kennen vor allem Leser der Süddeutschen Zeitung. Vier Jahre war er deren Italien-Korrespondent und veröffentlichte zwei sehr interessante Bücher über diese Zeit, die ich beide verschlungen habe. Als das zweite Buch damit schloss, dass die Familie Ulrich zum nächsten Korrespondentenjob nach Paris aufbrechen würde, wartete ich erst recht auf das nächste Buch, das dann schließlich im August 2013 veröffentlicht wurde. Ich versprach mir eine Fortsetzung der Italien-Erlebnisse: Ein stilvolles, aufmerksames Porträt des Landes, das sich trotzdem flüssig liest und durch die zahlreichen Anekdoten äußerst unterhaltsam ist. Schade, dass ausgerechnet das Frankreichbuch da nicht ganz mithalten kann.
Dabei beginnt es ganz amüsant. Wie die vierköpfige Korrespondentenfamilie mit seinem "Wohnturm" in Saint-Cloud vor den Toren der Hauptstadt zu kämpfen hat, weil sie unter anderem vertraglich zugesichert hatten, die Absauganlage im Gästebad nicht zu beanstanden, bevor sie wussten, um was es sich handelte. Einen Fäkalienzerhäcksler nämlich, da das Bad unterhalb dem Abwassersystem der Stadt liegt. An dieser Stelle muss der Frankreichfreund nicht nur schmunzeln, sondern auch zustimmend nicken: Ja, erfindungsreich und praktisch veranlagt sind sie, unsere Nachbarn.
Im Laufe des Jahres begegnet die Familie nicht nur den Tücken der Technik (Stichwort Installation von Fernseh-/Telefon-/Internetanschluss), der Sprache (Bekanntschaft mit der Nachbarin Aurore: "'Je suis horror' 'Sie sind die Horror?', fragte ich entgeistert") und des Wetters in der Bretagne, wo der Urlaub ganz anders wird als auf Sardinien. Wie schon in den Italienbüchern sind es vor allem die journalistischen Begegnungen, die punkten können. Der Besuch beim Komponisten von Edith Piafs "Je ne regrette rien" etwa, die Fahrt durch den unschönen Teil der Banlieue, die Geschichte des Phantoms der Oper und auch die Begegnung mit dem Bürgermeister von Montereau-Fault-Yonne, der einen Napoleon-Erlebnis-Park plant: "Und was wird die erwarten? Eine Waterloo-Achterbahn? Ein Schießstand namens Jena&Leipzig?", fragt der Journalist da und bringt auf amüsante Art und Weise die zweifelhafte Liebe der Franzosen zum Empéreur auf den Punkt.
Auf diese Art, journalistische Abstecher quer durchs Land, bringt Stefan Ulrich viele Themen auf den Tisch, die Frankreich bewegen, darstellen, charakterisieren und schafft somit ein solides Porträt. Es gibt aber zwei Schwächen und beide dürften wohl eher auf den Leser selber zurückzuführen sein, wenn er Frankreich schon gut kennt und liebt: Erstens nämlich ist und bleibt Stefan Ulrich Italienliebhaber und schmachtet den Jahren in Rom hinterher, und zweitens birgt das Buch wenig Überraschendes oder Neues für Frankreichkenner. Während ich Italien durch die vorangegangen Bücher noch entdecken konnte, ist dieses hier eher eine Zusammenfassung von größtenteils Bekanntem. Das macht es aber nicht weniger lesens- und empfehlenswert und fügt der Ullstein-Reihe zu den Zeitungskorrepondenten wieder einen guten Titel hinzu. Wer die Möglichkeit hat, sollte es lesen. Am besten im Urlaub in Frankreich. Oder in der Bahn, von Urlaub träumend.
Dabei beginnt es ganz amüsant. Wie die vierköpfige Korrespondentenfamilie mit seinem "Wohnturm" in Saint-Cloud vor den Toren der Hauptstadt zu kämpfen hat, weil sie unter anderem vertraglich zugesichert hatten, die Absauganlage im Gästebad nicht zu beanstanden, bevor sie wussten, um was es sich handelte. Einen Fäkalienzerhäcksler nämlich, da das Bad unterhalb dem Abwassersystem der Stadt liegt. An dieser Stelle muss der Frankreichfreund nicht nur schmunzeln, sondern auch zustimmend nicken: Ja, erfindungsreich und praktisch veranlagt sind sie, unsere Nachbarn.
Im Laufe des Jahres begegnet die Familie nicht nur den Tücken der Technik (Stichwort Installation von Fernseh-/Telefon-/Internetanschluss), der Sprache (Bekanntschaft mit der Nachbarin Aurore: "'Je suis horror' 'Sie sind die Horror?', fragte ich entgeistert") und des Wetters in der Bretagne, wo der Urlaub ganz anders wird als auf Sardinien. Wie schon in den Italienbüchern sind es vor allem die journalistischen Begegnungen, die punkten können. Der Besuch beim Komponisten von Edith Piafs "Je ne regrette rien" etwa, die Fahrt durch den unschönen Teil der Banlieue, die Geschichte des Phantoms der Oper und auch die Begegnung mit dem Bürgermeister von Montereau-Fault-Yonne, der einen Napoleon-Erlebnis-Park plant: "Und was wird die erwarten? Eine Waterloo-Achterbahn? Ein Schießstand namens Jena&Leipzig?", fragt der Journalist da und bringt auf amüsante Art und Weise die zweifelhafte Liebe der Franzosen zum Empéreur auf den Punkt.
Auf diese Art, journalistische Abstecher quer durchs Land, bringt Stefan Ulrich viele Themen auf den Tisch, die Frankreich bewegen, darstellen, charakterisieren und schafft somit ein solides Porträt. Es gibt aber zwei Schwächen und beide dürften wohl eher auf den Leser selber zurückzuführen sein, wenn er Frankreich schon gut kennt und liebt: Erstens nämlich ist und bleibt Stefan Ulrich Italienliebhaber und schmachtet den Jahren in Rom hinterher, und zweitens birgt das Buch wenig Überraschendes oder Neues für Frankreichkenner. Während ich Italien durch die vorangegangen Bücher noch entdecken konnte, ist dieses hier eher eine Zusammenfassung von größtenteils Bekanntem. Das macht es aber nicht weniger lesens- und empfehlenswert und fügt der Ullstein-Reihe zu den Zeitungskorrepondenten wieder einen guten Titel hinzu. Wer die Möglichkeit hat, sollte es lesen. Am besten im Urlaub in Frankreich. Oder in der Bahn, von Urlaub träumend.