Tilman wird als Sohn eines Dachdeckers in einer kleinen Gemeinde in der Pfalz geboren. Der ruhige und höfliche Junge soll einmal den Betrieb des zur Cholerik neigenden Vaters übernehmen und ist eigentlich ganz zufrieden mit dieser Aussicht. Doch Aufgrund einer Störung seiner Hypophyse wächst Tilman immer weiter und weiter und weiter. So erlangt er bald ungewollte Berühmtheit als der "deutsche Riese".
Die Geschichte um den Riesen Tilman und sein Leben mit all den Widrigkeiten, die seine Krankheit mit sich bringt, ist hübsch und ein wenig traurig mit einem altmodischen Touch – die Geschichte scheint in den 80ern oder 90ern angesiedelt zu sein.
Tilmans durch seine schwierige Lage bedingte Ruhe, seine Gesetztheit, die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Nachsicht mit sich selbst und anderen spiegelt sich im Schreibstil aus dem Siepens wieder. So liest sich der Roman schnell und locker, hat aber einen feinen Ton. Auch mit augenzwinkernder Kritik an der Gestelztheit von Ärzten oder den pompös klingenden aber leeren Worthülsen von Professoren oder Studierenden spart aus dem Siepen nicht. Gerade durch dieses "Tilman ist besser als alle anderen" wurde es mir aber gegen Ende etwas zu versnobt und zu abgeklärt.
Insgesamt ist "Der Riese" ein lesenswerter Roman über einen ganz speziellen Außenseiter, aber meiner Meinung nach weniger gelungen als "Das Seil" oder "Die Entzifferung der Schmetterlinge".