Rezension zu "Brunooo!" von Sandra Rodenkirchen
Gewiss, Marlas Dackel Bruno ist ungezogen! Aber kann man es ihm verdenken? Er musste mit Marla und ihrer Familie nicht nur sein gewohntes Revier verlassen, sondern darüber hinaus auch von lieben alten Gewohnheiten Abschied nehmen. Da er jetzt in einem Haus mir Garten lebt, wurde auch gleich beschlossen, dass er von nun an, anstatt es drinnen, wo er doch unumschränkter Herrscher war, so richtig gemütlich zu haben, in eine Hütte nach draußen verfrachtet wurde! Marlas Vater hatte das angeordnet, denn schließlich ist er allergisch gegen Hundehaare. Marla aber mutmaßt, dass der Vater der Umzug in das Haus seiner verstorbenen Mutter gut zupass kam – um Bruno nicht mehr in eben diesem Haus haben zu müssen! Und dabei ist er doch sowieso dauernd auf Reisen in seinem neuen Job! Bruno jedenfalls ist ganz verwirrt – und da macht man schon mal Dinge, die sich nicht gehören, wie im Gemüsebeet der Nachbarin Fratzke buddeln, den Postboten angreifen, wie sich das für einen richtigen Hund gehört, beim Metzger Würstchen stehlen, was doch ganz normal ist, wenn der nicht von sich aus auf den Gedanken kommt, die Würstchen freiwillig herzugeben, oder den Pfannkuchenteig für das Mahl, auf das sich Marla so gefreut hat, auf dem Boden landen lassen, was ein probates Mittel ist, um, als vernachlässigter Hund, auf sich aufmerksam zu machen....
Gewiss trägt auch Marla selbst ihren Teil dazu bei, dass alle Welt sich über ihren geliebten Dackel aufregt; sie liebt ihn sehr, daran liegt es also nicht, aber im Moment spielt er eher eine Nebenrolle in ihrem Leben, denn sie ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, ist noch nicht wirklich angekommen in ihrem neuen Zuhause, konnte in der Schule noch keinen Anschluss finden und muss zu allem Überfluss auch noch, von ihrer leicht verpeilten Schriftsteller-Mutter angeordnet, die Ferien in einem Schreibcamp verbringen, mit dessen geforderten Beiträgen sie sich zunächst schwer tut.
Doch dann kommt ihr der zündende Gedanke: sie beginnt, Brunos Schandtaten in Reimform zu verpacken – und sofort wird ihr die Aufmerksamkeit aller zuteil. Als sie sich dann mit Finn aus der Parallelklasse, der auch an dem Ferienschreibkurs teilnimmt, anfreundet, scheint es so, als könnte sie sich endlich langsam einleben, denn zu zweit macht doch alles viel mehr Spaß!
Leider aber hat sich Bruno inzwischen Feinde gemacht – und die versuchen mit allen Mitteln, den vorwitzigen kleinen Hund aus dem Verkehr zu ziehen! Wie gut, dass Finn Marla zur Seite steht und ihr dabei hilft, das Knäuel von Verdächtigungen und daraus resultierenden Missverständnissen aufzulösen – und nicht nur Bruno zu retten, sondern auch seine Feinde auf den rechten Weg zu führen....
Ein hübsches Kinderbuch ist der Autorin da gelungen – woran freilich auch die Illustratorin ihren Anteil hat. Die Geschichte ist durchweg sehr ansprechend bebildert, wobei dies nie überhand nimmt. Die Erzählung selbst steht immer im Mittelpunkt, die Illustrationen bilden die ideale Ergänzung und machen eine angenehm runde Sache aus Brunos Geschichte, die im Übrigen sehr glaubhaft ist, wie jeder Dackelbesitzer bestätigen kann. So sind sie in der Tat, die pfiffigen kleinen Hunde! Darüber hinaus gefällt auch die Sprache, die freundliche und spaßige Art des Erzählens, das die Autorin das Mädchen Marla, das so viel fürs Reimen übrig hat, selbst übernehmen lässt. Und die spricht so, wie sich das für eine ganz normale Neunjährige gehört, was sie mit den jungen Lesern gleich auf Augenhöhe sein lässt. Auch ihr Freund Finn ist authentisch – Bruno sowieso! Nicht recht warm werden jedoch kann ich mit den blass bleibenden Erwachsenen, von denen zumindest zwei eine nicht unwichtige Rolle spielen, und denen ich klarere Konturen gewünscht hätte. Dennoch sind das nur geringfügige Kritikpunkte an einem erfreulichen Kinderbuch, das am Ende sogar Anlass zum Nachdenken bietet, denn es zeigt auch auf, dass man niemanden vorschnell be- oder gar verurteilen sondern stattdessen doch besser ein wenig hinter die Fassade der Menschen und ihrer Beweggründe schauen sollte!