Wenn der Ermittler selbst zum Verdächtigen wird, wird die Wahrheit zur lebensgefährlichen Suche.
Ein Ort zwischen Idylle und Abgrund – und ein Hausmeister zwischen Schuld und Wahrheit.
Ein Ort voller Sehnsucht – ein Fall voller Abgründe – Wenn man an St. Peter-Ording denkt, hat man sofort die langen Holzstege im Kopf, das Rauschen des Meeres, den Duft von Salz in der Luft und das Gefühl von Weite und Freiheit. Doch Stefanie Schreiber zeigt uns einmal mehr, dass selbst die schönsten Orte ihre Schatten werfen. Und manchmal fällt dieser Schatten auf genau den Menschen, der das Herz eines kleinen Kosmos ist. Mit „Torge unter Verdacht in St. Peter-Ording“ – erschienen beim servitus Verlag – nimmt uns Stefanie Schreiber mit in einen Fall, der persönlicher nicht sein könnte. Bereits der Titel lässt ahnen, dass diesmal alles anders ist – und das ist es auch. Dieser Roman ist intensiver, emotionaler, spannungsgeladener als je zuvor. Denn diesmal steht nicht irgendein Verdächtiger im Fokus – sondern Torge selbst. Wenn du jetzt neugierig geworden bist, dann nehme ich dich gerne mit auf eine Buchlänge nach St. Peter-Ording. Auf geht’s.
Ein eskalierter Streit, eine Leiche – und ein Abgrund an Zweifeln – Nach einem hitzigen öffentlichen Schlagabtausch über die Zukunft des Gemeindezentrums liegt der charmant-arrogante Investor Oliver Falk tot im Sand. Todgeprügelt. Und ausgerechnet Torge Trulsen, der aus Prinzip lieber mit einem Gummihammer kämpft als mit der Faust, kann sich an nichts erinnern – zu sehr verschwimmt der Abend vor seinem inneren Auge. Alkohol? Drogen? Ein Hinterhalt? Alles scheint möglich.
Charlotte Wiesinger, seine langjährige Weggefährtin, weiß, dass Torge kein Mörder ist – und dennoch sprechen viele Indizien gegen ihn. Der Roman entfaltet sich wie ein packendes Kammerspiel: Einerseits erleben wir die zermürbende Zerrissenheit Torges, der plötzlich selbst in den Fokus der Ermittlungen rückt. Andererseits begleiten wir die Ermittler auf ihrer Suche nach der Wahrheit, die sich als ebenso trügerisch wie komplex erweist. Der Ort, der sonst für Geborgenheit steht, beginnt zu bröckeln – Misstrauen, Machtgier und Rachsucht legen sich wie ein Schleier über das geliebte St. Peter-Ording.
Stefanie Schreiber beweist: Heimatkrimis können emotional unter die Haut gehen – Was diesen Roman so besondersmacht, ist die enorme emotionale Tiefe. Torge ist nicht nur ein schrulliger Hausmeister mit einem Faible für Ordnung und Meerblick – er ist Mensch mit Geschichte, mit Herz, mit Fehlern. Und genau das macht diesen Fall so schmerzlich und bewegend. Beim Lesen leidet man mit ihm, zweifelt, hofft, klammert sich an jede noch so kleine Spur, die seine Unschuld beweisen könnte.
Stefanie Schreiber gelingt es wunderbar, diese Spannung nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern durch gezielte Perspektivwechsel und starke Nebenfiguren zu verdichten. Jeder Charakter – von der Ermittlerin bis zum ehemaligen Jugendfreund des Opfers – wirkt lebendig, greifbar, voller Widersprüche. Der kriminalistische Aspekt bleibt dabei ebenso raffiniert wie nachvollziehbar konstruiert: Wendungen kommen genau im richtigen Moment, nie übertrieben, nie konstruiert – sondern tief verankert im Geflecht aus persönlichen Motiven, alten Rechnungen und gesellschaftlichen Zwängen.
Lokalkolorit mit Tiefe: Die Nordsee ist mehr als nur Kulisse – Die Region rund um St. Peter-Ordingist nicht bloß ein hübsches Setting, sondern ein atmender, fühlbarer Teil der Geschichte. Die hochwertig gestaltete Klappenbroschur mit Fotos aus der Region unterstreicht diesen Eindruck zusätzlich. Jede Kapitelöffnung wird zum stimmungsvollen Einstieg, zur kleinen Hommage an die Landschaft – aber auch zum Kontrast zum Abgründigen, das sich hinter den Dünen verbirgt. Dieses Nordseegefühl, das raue, ehrliche, stille – es zieht sich wie ein feiner Nebel durch die Seiten und macht diesen Krimi einzigartig.
FAZIT: Ein zutiefst menschlicher Krimi mit emotionalem Tiefgang und atmosphärischer Wucht – Dieser Krimi bekommt von mir natürlich eine 100%ige Leseempfehlung. „Torge unter Verdacht in St. Peter-Ording“ ist nicht einfach der nächste Fall in einer Reihe – es ist ein Wendepunkt. Selten zuvor wurde Torge Trulsen so verletzlich, so greifbar und so existenziell bedrohtdargestellt. Stefanie Schreiber nimmt uns mit auf eine emotionale Reise zwischen Zweifel und Mut, zwischen Einsamkeit und Solidarität. Der Roman besticht durch einen Stimmigkeit, großartige Charakterzeichnungen und die perfekte Balance dazwischen. Dabei gelingt ihr ein Kunststück: Sie verbindet die Spannung mit Menschlichkeit, den Tiefgang mit leiser Ironie und macht aus einem schrulligen Hausmeister einen tragischen Helden, der uns alle daran erinnert, wie wertvoll Loyalität und Freundschaft in dunklen Zeiten sein können. Dieser Roman rüttelt auf – nicht mit Schockmomenten, sondern mit ehrlicher Verletzlichkeit. Es ist die stille Größe ihrer Figuren, die berührt. Und es ist das große Herz dieser Geschichte, das bleibt. Wer Krimis mit Seele liebt, wer Figuren sucht, die nicht perfekt, aber voller Leben sind, und wer die norddeutsche Küstenlandschaft nicht nur sehen, sondern spüren möchte – der wird in diesem Band voll auf seine Kosten kommen. Dieser Fall hallt nach – nicht nur, weil wir wissen wollen, ob Torge seine Unschuld beweisen kann, sondern weil wir spüren, wie viel auf dem Spiel steht: Vertrauen, Freundschaft, die eigene Identität. Ein Kriminalroman, der viel mehr ist als ein Fall. Er ist ein Stück Nordsee, ein Stück Menschsein – und ein Appell, hinter die Fassade zu blicken. Mir bleibt jetzt nur noch dir eine schöne Lesezeit in St. Peter-Ording zu wünschen. Es lohnt sich auf jeden Fall, denn wir haben hier einen Kriminalroman, der in Erinnerung bleibt. Und ein Torge, der uns mehr denn je ans Herz wächst.