Cover des Buches Die Kinder der Rothschildallee (ISBN: 9783453407787)
mabuereles avatar
Rezension zu Die Kinder der Rothschildallee von Stefanie Zweig

Rezension zu "Die Kinder der Rothschildallee" von Stefanie Zweig

von mabuerele vor 13 Jahren

Rezension

mabuereles avatar
mabuerelevor 13 Jahren
Zehn Jahre sind vergangen seit Anna, die uneheliche Tochter des Johann Isidor Sternberg, in die Familie Sternberg aufgenommen wurde. Sie wird gehalten wie die eigenen Töchter, doch wurde sie nie adoptiert. Das sollte sich bald als Segen erweisen. Während die anderen Kinder ihren Illusionen nachhingen, zeichnete sich Anna durch Optimismus, Freundlichkeit und Lebensklugheit aus. Erwin, der einzige Sohn, lebte in Berlin mehr schlecht als recht in der Hoffnung, ein berühmter Maler zu werden. Clara, seine Zwillingsschwester, lebte mit ihrer unehelichen Tochter im Elternhaus. Den Vater hatte sie verschwiegen. Victoria, die sich zu einer Schönheit entwickelt hat, träumte von einer Karriere als Schauspielerin, obwohl ihr schon mehrmals Talentlosigkeit bestätigt wurde. Doch ausgerechnet sie sollte die Familie wieder zusammenführen. Mit einem jungen Mann 1928 heimlich auf den Weg nach Berlin gefahren, verlor sie nicht nur ihre Unschuld, sondern auch ein Großteil des Geldes. Erwin brachte sie zurück und blieb in Frankfurt. Er erhielt eine Stelle in der Akademie. Victoria gab ihre Träume auf und heiratete den Rechtsanwalt Friedrich Feuereisen. Johann Isidor Sternbach hatte nach dem Tod seines ältesten Sohnes im ersten Weltkrieg und der Judenzählung alle Illusion verloren, jemals in Deutschland als Gleicher unter Gleichem anerkannt zu werden. doch der schnelle Erfolg der Nationalsozialisten in Frankfurt kam auch für ihn überraschend. Die Kinder verloren die Arbeit, Friedrich Feuereisen die Wohnung und Johann Isidor musste Stück um Stück seinen Besitz für einen Schleuderpreis verkaufen, um überleben zu können… Die Autorin hat die Stimmung in Deutschland zwischen 1928 und 1937 sehr gut eingefangen und wiedergegeben. Es ist erschütternd zu lesen, wie man versucht hat, den Juden nach und nach ihren Besitz und ihre Würde zu nehmen. Auch wie geschickt das Ausland über die wirklichen Verhältnisse getäuscht wurde, klingt an. Speziell die Olympischen Spiele waren Mittel zum Zweck. Das Buch macht betroffen, insbesondere an den Stellen, wo mir als Leser vermittelt wird, wie Freundschaften zerbrechen und aus Hinwendung Ablehnung wird. Familie Sternberg gehörte zu den vermögenden Familien. Wie mag es erst denjenigen gegangen sein, die keine Reserven hatten? Das Buch arbeitet auf sensible Weise anhand des Lebens einer Familie eines der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte auf. Es ist für mich unverständlich, dass dieses Gedankengut, welches so viel Leid gebracht hat, immer wieder aufflammt. Das Buch ist ein wichtiges und lesenswertes Buch, gerade deshalb, weil es ohne erhobenen Zeigefinger, einfach durch die sachliche Beschreibung des Lebens die Folgen brauner Diktatur aufarbeitet. Dabei kommt auch die Vielschichtigkeit der Bevölkerung zum Tragen. Nicht jeder hat sich gebeugt. Manch kleine Geste war ein Zeichen der Achtung. Und nicht jeder hat die Situation ausgenutzt. Es ist ein Buch, dass zum Nachdenken zwingt über die eigene Sichtweise, über Werte und Menschenwürde.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks