Rezension zu "Westerbork Girl" von Steffie van den Oord
Die niederländische Journalistin und Literaturwissenschaftlerin Steffi van den Oord erzählt die Geschichte von Hannelore Cahn. Sie hat äusserst gründlich recherchiert. Die am Ende der Recherchen noch vorhandenen Lücken hat sie gefüllt, indem sie Fehlendes rekonstruierte oder erfand.
In dem Buch geht es um Überleben in furchtbaren Zeiten, um die Liebe und um eine Entscheidung, die alles verändern kann.
Mit zwanzig Jahren kommt Hannelore Cahn in das niederländische Durchgangslager Westerbork. Ihr Sonderstatus als Tänzerin der sogenannten „Westerbork Girls“ wird sie am Ende nicht retten; diese Illusion macht sie sich nicht. Obwohl sie ihrer grossen Liebe, dem jüdischen Widerstandskämpfer Rob de Vries, nachtrauert, gibt sie dem hartnäckigen Werben von Hans Eisinger nach. Er, Mitglied der jüdischen Lagerpolizei, hält seine schützende Hand über Hannelore. Durch diese Beziehung fühlt Hannelore sich im Lager sicher; relativ sicher. Was aus Rob geworden ist, weiss Hannelore nicht.
Rob rettet sein arisches Aussehen. Mit seinen dunkelblonden Locken und den strahlend blauen Augen kann er sich unerkannt bewegen und einen auf den ersten Blick verrückten Plan aushecken.
„Vor ein paar Wochen waren zwei Gefangene aus dem Lager geschmuggelt worden; sie hatten es bis nach Amsterdam geschafft“.
Rob geht dieser Geschichte nach und erfährt, dass den beiden mit Hilfe des Post-Zugs die Flucht geglückt war. Er sucht und findet diesen solidarischen Lokführer und schafft das scheinbar Unmögliche. Als angeblicher Rangierer-Lehrling fährt er einfach in Westerbork ein und holt seine Hannelore ab. Die Flucht gelingt und sie wird in Amsterdam bei Freunden von Rob untergebracht Dort lebt sie in ständiger Angst vor Entdeckung. Rob lässt sich nicht mehr blicken.
Im Lager zurück bleibt Hans Eisinger, der natürlich verdächtigt wird, mit der Flucht etwas zu tun zu haben. Und der mit dem Lagerkommandanten einen Deal abschliesst. Wenn er Hannelore zurückbringt, wird ihnen beiden nichts geschehen. Bringt er sie nicht zurück, wird er umgehend nach Ausschwitz deportiert. Er findet Hannelore und bittet sie händeringend, sein Leben zu retten....
Fazit: Eine aussergewöhnliche Geschichte; stellenweise spannend wie ein Krimi. Lesenswert!