Stephan Buchheim

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Lebenslauf

Stephan Buchheim, 1963 im ost-westfälischen Lemgo geboren, war in den achtziger Jahren Mitbegründer der Popformation DeSign, ehe er sich Anfang der neunziger Jahre dem Radio verschrieb. Buchheim arbeitet seit dieser Zeit als Reporter und moderierte unzählige Radiosendungen. Seit Ende der neunziger Jahre ist er auch als Sprecher für Fernsehdokumentationen, Hörspiele und Videogames tätig.

Quelle: Verlag / vlb

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Cover des Buches Am Leben bleiben (ISBN: 9783844550320)
A

Rezension zu "Am Leben bleiben" von Wolfram Gössling

Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück
AnnetteTraksvor einem Jahr

Dr. Wolfram Gössling stammt ursprünglich aus Bielefeld, ist jedoch vor über 20 Jahren in die USA ausgewandert.Im Februar 2013 hat er eine Professur inne und arbeitet als Chefarzt an der renommierten Harvard Medical School in Boston, wo er auch ein innovatives Ausbildungsprogramm federführend betreut. Außerdem leitet er als Onkologe die Abteilung Gastroenterologie am Bostoner Massachusetts General Hospital. In seinem Forschungslabor untersucht er diverse Aspekte von Leberkrebs. Gössling ist verheiratet und Vater von 4 kleinen Kindern.

Darauf, dass er in dieser Phase seines Lebens, mit 45 Jahren, selbst die Diagnose Krebs bekommt, ist er überhaupt nicht vorbereitet:Bei ihm wird ein Angiosarkom im Gesicht diagnostiziert. Dabei handelt es sich um einen äußerst aggressiven bösartigen Krebs, der vom Endothel ausgeht, also von der inneren Zellschicht der Blutgefäße. Die Prognose ist äußert ungünstig. Doch Gössling nimmt den Kampf auf, macht ihn im wahrsten Sinne des Wortes zu seiner Lebensaufgabe – er will am Leben bleiben (siehe Titel). Während der Jahre dauernden aggressiven Therapie und Gesichtsrekonstruktion durchleidet er Höllenqualen, ist dann aber endlich krebsfrei.

Doch der Krebs kommt 2020 auf der anderen Gesichtshälfte zurück, und die Tortur beginnt von Neuem. Doch auch sie übersteht er, nicht zuletzt dank seiner Frau, die immer an seiner Seite ist. Auch für sie bedeutet der Vollzeit-Job ihres Mannes als Patient eine riesige Herausforderung, und auch vor den kleinen Kindern kann man die Krankheit und die Qualen des Vaters sowie sein zeitweise entstelltes Aussehen natürlich nicht verheimlichen. Wie erklärt man ihnen die Situation, ohne sie zu verängstigen?

Resümee: 

Wolfram Gössling betont immer wieder, dass er mit diesem Buch, in dem er seine ganz persönliche „Erfolgsgeschichte“, wie er es nennt, niedergeschrieben hat, anderen Menschen Mut machen will. Er schildert die einzelnen Stadien und Gefühlslagen während seines jahrelangen Kampfes: Ausdauer, Hoffnung, Zuversicht und Freude über Erfolge kämpfen mit (Ver-) Zweifeln, Trauer und manchmal auch Wut. Unerträgliche Schmerzen führen ihn an seine Grenzen. Die Wandlung vom Onkologen, der zum Teil schwer kranke Personen behandelt, zum Patienten ist für ihn aber auch eine bereichernde Erfahrung, die ihm viele vor allem menschliche Einsichten liefert.

Ich bin in Bezug auf die Bewertung des Buches zwiegespalten. Um es vorweg zu nehmen, und ich kann es nicht genug betonen: Dem Krebspatienten Wolfram Gössling gebührt mein uneingeschränkter Respekt; in dem Kampf um sein Leben hat er in meinen Augen schier Unmenschliches geleistet. Meine große Anerkennung gilt auch seiner Frau und den Kindern.

Er schildert in diesem Werk seine ganz individuelle Krankengeschichte und liefert - auch für den Laien sehr verständlich – Hintergrundinformationen. Dabei wird auch deutlich, dass das Schreiben für ihn selbst ein Akt der Verarbeitung dieser traumatischen Lebensphase war. Er selbst sagt, dass sie ihn in Bezug auf seine Tätigkeit als Arzt auch bereichert hat, weil er sich jetzt viel besser in die Situation seiner Patienten hineinversetzen kann. Entsprechende Hinweise für den wünschenswerten Umgang mit Kranken lässt er auch in seine Lehrtätigkeit einfließen.

Bei allem Respekt bin ich mir jedoch nicht sicher, ob Gössling seinem Anspruch gerecht werden kann, mit dem Schildern dieser Phase seines Lebens anderen Krebspatienten Mut zu machen und sie zum Durchhalten zu motivieren, auch wenn die Prognose äußerst schlecht ist. Denn er ist als Onkologe per se privilegiert, wenn es um die Beurteilung der Tragweite seiner Diagnose und das medizinische Verständnis von Therapiemöglichkeiten geht.

Zum anderen, und das ist für mich ungleich gravierender, ist er in Arztkreisen hervorragend vernetzt und konnte immer wieder berufliche Kontakte nutzten. So schildert er z.B. die Situation, dass er auf eine Untersuchung einen Tag warten sollte (was ohnehin schon sehr kurz ist), aber auf sein ungeduldiges Drängen hin konnte aufgrund seiner Bekanntheit innerhalb von wenigen Stunden ein Termin angesetzt werden.

Oder eine befreundete Ärztin seines Vertrauens reiste auf seine Bitte hin an, um ihn post-operativ im Krankenhaus zu betreuen und wirkte bezüglich bestimmter Maßnahmen auf Kollegen und Pflegepersonal ein.

Es ist auch zweifelsohne eine Beruhigung, wenn (Arzt-) Freunde sich nach einem „Hilferuf“ sofort auf den zum Teil langen Weg machen, um einen fachlich und mental zu unterstützen.

Und welcher Kranke hat das Privileg, dass sich ein ganzer Ärztekader aus verschiedenen Disziplinen zu einem gemeinsamen Gespräch auf Augenhöhe mit ihm trifft?

Um nicht missverstanden zu werden: Es ist selbstverständlich nicht zu verurteilen, wenn jemand – vor allem in so einer existenziellen Lage – seine Kontakte nutzt. Ganz im Gegenteil!

Gössling betont auch immer wieder seine privilegierte Situation, doch gerade deshalb bleibt nur ein geringer Bodensatz übrig in Bezug auf seine Absicht, anderen Mut zu machen, dass man auch bei extrem ungünstiger Prognose eine Krebserkrankung überleben kann. Denn er selbst hat zum Teil Höllenqualen gelitten und Grenzerfahrungen gemacht, aus denen Kollegen, die stets und schnell zur Stelle waren, ihn immer wieder zurückgeholt haben. „Normale“ Patienten hätten diese - auch mit ähnlich starkem Lebenswillen - mit Sicherheit nicht überlebt.

Meine Bedenken gehen dahin, dass aus den genannten Gründen „der Schuss nach hinten losgeht“, weil so mancher Leser möglicherweise denkt, dass Gössling, der dem Tod manchmal näher war als dem Leben, „nur“ aufgrund seiner Stellung und Beziehungen überlebt hat. Das macht dann nicht Mut, sondern ist im Gegenteil ent-mutigend.

Aber nochmals: Was der Onkologe und Krebsforscher Dr. Wolfram Gössling durchgemacht hat, sein Lebensmut und Kampf nötigen mir den größten Respekt ab.

Dennoch stellt sich für mich persönlich gerade auch nach dieser Lektüre wieder einmal die Frage nach der Gewichtung von Lebensqualität versus -quantität – die Antwort kann sicher nicht allgemeingültig sein, sondern richtet sich vor allem nach der jeweiligen Lebenssituation und Mentalität.


 

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