Stephanie Kelton

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Der Nutzen der Modern Money Theory für eine neue sozialpolitische Agenda

Das neueste Buch der ehemaligen Mitarbeiterin von Bernie Sanders, Stephanie Kelton, welches zum aktuellen Zeitpunkt (März 2021) noch nicht auf Deutsch vorliegt, ist kein Lehrbuch über die Moderne Geldtheorie (Modern Money Theory, MMT), sondern es ist ein Versuch aufzuzeigen, welche Möglichkeiten die MMT bei der Lösung der sozialökonomischen Probleme in der Welt im Allgemeinen und für die USA im Besonderen bietet.

 Die Grundthese von S. Kelton lautet, dass ein Land, welches volle Souveränität über seine Währung besitzt (wie z. B. die USA), praktisch (fast) unbegrenzt viel Geld emittieren und somit alle Sozialprogramme finanzieren kann, die für die Schaffung einer gerechteren, besseren Welt erforderlich sind. So stellt S. Kelton die MMT in den Dienst einer sozialpolitischen Agenda, die für den linken Flügel der demokratischen Partei in den USA typisch ist. Während klassische linke Sozialpolitik in dem Dilemma steckt, entweder soziale Projekte durch höhere Steuern oder durch die Kürzung anderer staatlicher Ausgaben finanzieren zu müssen, soll MMT durch die Emission von mehr Geld einen einfachen dritten und politisch schmerzfreien (Königs-) Weg bieten.

Zentrales Thema ist für die einflussreiche Wirtschaftswissenschaftlerin der Strategiewechsel in der klassischen amerikanischen Finanzpolitik, bei der durch eine entsprechende Zinspolitik die Inflation und die Arbeitslosigkeit auf ein vorher festgelegtes Maß reguliert werden soll; also staatlich verordnete Arbeitslosigkeit für Millionen Amerikaner. Nach Überzeugung der Autorin soll ein staatlich garantiertes Recht auf Arbeit das oberste Ziel der Finanzpolitik sein und so Vollbeschäftigung und die Beseitigung der Arbeitslosigkeit mit Hilfe eines staatlichen bzw. kommunalen sekundären Beschäftigungsmarktes garantieren. Wie soll dieser neue Wohlfahrtsstaat oder aber auch der Kampf gegen den Klimawandel finanziert werden?

Kein Problem, der Staat druckt einfach neues Geld. Das Limit für die Gelddruckmaschine ist natürlich die Inflation. S. Kelton ist sich zwar bewusst, dass ein Übermaß an Geldemission zu einer Hyperinflation führen und das Geldsystem vollends zerstören kann. Jedoch bleibt die Autorin bei der Grenzziehung zwischen der Finanzierung aller sozialen Wohltaten und einem selbstmörderischen Emissionsexzess sehr vage, womit wir beim Pferdefuß der MMT sind und das Buch eine gehörige Schlagseite beim Abwägen der Chancen und Risiken einer MMT-basierten Geldpolitik erhält. Zuweilen stellt sich ein schwärmerischer Unterton ein, wenn Stephanie Kelton über ihre sozialpolitische Agenda spricht: Arbeit, gerechte Entlohnung, Mindestlohn, Gesundheit und Wohlstand für Alle, alles finanziert durch die Notenbank.

Nun ist es ja nicht so, dass die MMT nur ein Hirngespinst linker Sozialromantiker ist. Zwar hat Nobelpreisträger Paul Krugman die MMT als „Rezept für sehr hohe Inflation“ bezeichnet, jedoch funktioniert eine MMT-basierte Finanzpolitik in Zeiten von Null- oder Negativzinsen für einige Länder (bisher) ganz hervorragend. Klar, wenn keine Zinsen für Staatsanleihen anfallen, kommt es auf ein paar Billionen mehr Schulden nicht an. Und wenn man wie die USA eine Sonderstellung im weltweiten Währungsmarkt innehat, klappt dies umso besser. Auch ist es der klassischen Geldtheorie bislang nicht gelungen, den Widerspruch zwischen wachsender Staatsverschuldung und ausbleibender Inflation überzeugend zu erklären. Bekanntermaßen versucht auch die EZB, die realen und vermeintlichen Probleme, vor denen Europa steht, mit monetären Mitteln zu lösen. Negativzinsen im Verbund mit Gemeinschaftsanleihen sind der Ausgangspunkt für lukrative Handlungsoptionen der Politik. 

Besondere Aktualität gewinnt das Buch durch die billionenschweren Investitionsprogramm zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie und der aktuell zunehmenden Inflationsgefahren. Nicht auszuschließen, dass dies eine entscheidende Nagelprobe für die MMT wird.

Auch wenn man der MMT skeptisch gegenüberstehen mag, ist das Buch durchaus ein Gewinn für den Leser, denn es zeigt Optionen und Risiken einer Politik auf, die mit Hilfe der MMT ein sozial gerechteres Amerika schaffen will. Zweifellos macht das Buch auch Appetit, sich dem theoretischen Gebäude des MMT durch vertiefende Studien zu nähern. Insofern kann das Buch von Stephanie Kelton dem volkswirtschaftlich interessierten Publikum in den USA, aber auch in Europa und Deutschland durchaus empfohlen werden, denn auch hier setzt sich zunehmend der Glaube durch, dass durch das Drucken von Geld, die verschiedenen Probleme Europas gelöst werden können.

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