Cover des Buches Die Wende (ISBN: 9783886808489)
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Rezension zu Die Wende von Stephen Greenblatt

Stephen Greenblatt: Die Wende

von DamonWilder vor 11 Jahren

Rezension

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DamonWildervor 11 Jahren

Nein, es geht hier nicht um innerdeutsche Geschichte im Jahre 1989, sondern um die Zeitenwende vom Mittelalter zur Renaissance, also grob die Zeit zwischen 1400 - 1600 (wobei ich glaube, dass die Renaissance bereits viel früher einsetzte…). Nun das klingt zunächst dröge und nach starkem akademischen Tobak. - Ist es aber erstaunlich nicht.

Dem Autor gelingt es auf packende Weise, diese Wende exemplarisch an der Wiederentdeckung des antiken Klassikers de rerum natura von Lukrez zu veranschaulichen. Lukrez’ Bestseller galt über 800 Jahre als verschollen und wurde von der katholischen Kirche versteckt und unterdrückt. Erst dem italienischen Humanisten Poggio Bracciolini, der zugleich Privatsekretär des Papstes war, gelang die Wiederentdeckung in einem deutschen Kloster und machte das Werk damit - zunächst im kleinen Kreis - wieder bekannt. Lukrez’ Lehrgedicht ist geprägt von einer lebens- und Jetztseinsbejahenden Philosophie, die ein Leben nach dem Tod verneint und deshalb das Glück im Hier und Jetzt als erstrebenswertestes Ziel deklariert. Der Mensch steht nicht im Dienste eines imaginären Gottes, sondern ganz im Dienste seiner selbst.

Lukrez’ Ideen, die weitgehend auf seinen Lehrer Epikur zurückgehen, verbreiten sich schnell in Europa, Machiavelli, Morus, Bruno, Shakespeare, Galilei, etc. und leisten so einen entscheidenen Beitrag zur Entwicklung der Renaissance.

Greenblatt gelingt es, diese Geschichte spannend und überzeugend zu verpacken, ohne den anstrengenden akademischen Überwurf. Es geht um den päpstlichen Hof, Intrigen, Kirchenschisma, Hinrichtungen und Ketzer. Und wenn er beschreibt, wie Bracciolini ziellos durch Deutschland eilt, von Kloster zu Kloster, immer auf der Suche nach neuen Büchern, dann bekommt dieses Sachbuch romanhafte, fast kriminologische Züge.

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