Cover des Buches Colorado Kid (ISBN: 9783453433960)
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Rezension zu Colorado Kid von Stephen King

Rezension zu "Colorado Kid" von Stephen King

von Siiri vor 13 Jahren

Rezension

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Siirivor 13 Jahren
Inhalt: Die angehende Journalistin Stephanie McCann absolviert ein Praktikum beim Weekly Islander, einem kleinen Blatt auf der beschaulichen Insel Moose-Lookit Island. Die gesamte Besetzung der Redaktion besteht aus dem 90-jährigen Vince Teague und dem 65-jährigen Dave Bowie. Die beiden etwas kauzigen, aber freundlichen Journalisten halten viel von ihrer Praktikantin und weihen sie deshalb in eine überaus rätselhafte Begebenheit aus dem Jahre 1980 ein, das Rätsel um Colorado Kid, das sie jahrelang erfolglos aufzuklären versuchten… Am Strand von Maine, im Frühjahr 1980: zwei junge Leute finden auf dem Weg zu ihrer Highschool eine Leiche am Hammock Beach. Es handelt sich um einen ungefähr 40-jährigen Mann, der anscheinend erstickt ist. Davon bekommt auch Vince Teague Wind, der sich sofort an den Fundort begibt. Die Recherchen ergeben, dass der Mann aus Colorado stammt, was ihm den Namen „Colorado Kid“ einbringt. Wurde der Mann ermordet? Welche Motive stecken dahinter? Was wollte der Mann an der Küste Neuenglands? Und wie konnte er innerhalb kürzester Zeit von seinem Büro, in dem er vormittags noch gesehen wurde, an den Ort seines Todes gelangen, wo er abends noch in einem Imbiss gesichtet wurde? Meine Meinung: Dieses Buch hat mich trotz – oder gerade wegen – seines ungelösten Rätsels fasziniert und beschäftigt. Stephen King baut hier anhand einer rätselhaften Begebenheit der frühen 1980er Jahre eine sehr mysteriöse Stimmung auf, die mich förmlich zum Weiterlesen zwang. Die Charaktere und der Handlungsort werden mithilfe einer scheinbar alltäglichen Szene eingeführt: Die Journalisten Vince und Dave treffen sich in einem Restaurant mit einem Redakteur eines größeren Blattes, das Boston Globe, zu einer Besprechung. Der Journalist hofft, den beiden Kollegen einige Geschichten über ungelöste Rätsel zu entlocken, da er einen Artikel über dieses Thema plant. Vince und Dave nennen dem Journalisten allerdings nur belanglose, bereits bekannte Begebenheiten, so dass er unverrichteter Dinge wieder abziehen muss. Eine besonders interessante und mysteriöse Geschichte behalten sie jedoch für sich: die Geschichte von „Colorado Kid“. Genau genommen ist diese Geschichte gar keine Geschichte, da sie kein befriedigendes Ende, keine Lösung bietet. Deshalb – und weil es ihre eigene Geschichte ist, die für keinen anderen bestimmt ist – behalten Vince und Dave das Rätsel um Colorado Kid für sich. Kurz danach entschließen sie sich jedoch, es ihrer sehr intelligenten Praktikantin Stephanie weiterzugeben. Das Buch ist in kurze Kapitel eingeteilt, die nur mit Ziffern überschrieben sind. Die Story um Colorado Kid, dem geheimnisvollen Toten am Strand von Maine, wird in Dialogform von den beiden Protagonisten Vince Teague und Dave Bowie an ihre Praktikantin Stephanie weitergegeben. Während die Polizei den Fall „Colorado Kid“ bald als erledigt betrachtet, stellen die beiden Journalisten – fasziniert von dem Geheimnis, dass den Toten umgibt – sehr genaue Nachforschungen über den Toten und die Todesumstände an. Sie begeben sich auf die Suche nach den Spuren des Mannes, finden vieles über seine Identität und seine Lebensumstände heraus; die Todesumstände jedoch bleiben im Dunkeln. Mit großer Neugier verfolgte ich die Erzählungen von Vince und Dave, wartete gespannt darauf, weitere Einzelheiten über Colorado Kid zu erfahren, die vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen. Doch stattdessen wird die Erzählung immer rätselhafter… Trotz der Kürze baut Stephen King in dem Roman eine dichte, sehr geheimnisvolle Atmosphäre auf. Dies liegt zum einen an der liebevollen Beschreibung des Handlungsortes, des beschaulichen Moose-Lookit Island. Zum anderen lebt das Buch von der ungewöhnlich engen, freundschaftlichen Beziehung zwischen der jungen Praktikantin Stephanie und ihren beiden „Chefs“, Vince und Dave. Die Charaktere werden trotz der Kürze des Buches gut ausgearbeitet und insbesondere durch die gelungenen Dialoge, die mich oft zum Schmunzeln brachte, wurden mir die Drei sehr sympathisch und ich hatte nach einer Weile das Gefühl, sie schon lange zu kennen. Der Roman überlässt, was Colorado Kid angeht, vieles der eigenen Fantasie und der Interpretation des Lesers. Es ließ mich nachdenklich, zunächst sogar etwas ratlos zurück. Jedoch vermute ich, dass er mich noch längere Zeit beschäftigen wird. Fazit: Ein Roman, der sich sehr von den anderen Werken Stephen Kings abhebt, kein wirkliches Ende hat – und dennoch sehr kunstvoll und virtuos Spannung aufbaut und Atmosphäre erzeugt. Ein Roman über die Faszination ungelöster Geheimnisse. Empfehlenswert für alle Leser, die Geschichten ohne wirkliche Auflösung, dafür aber mit viel Interpretationsspielraum, etwas abgewinnen können. Wer das jedoch nicht kann, wird an dem Buch nicht viel Freude haben.
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