Cover des Buches Puls (ISBN: 9783453565098)
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Rezension zu Puls von Stephen King

Phonies vs Normies

von katiandbooks vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Leidet an der typischen King-Krankheit: es ist zu lang. Trotzdem toll erzählt.

Rezension

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katiandbooksvor 6 Jahren
Am Tag von Clay Ridells größtem Erfolg als Comicautor geht die Welt unter. Als mitten in Boston plötzlich alle Menschen durchdrehen, die mit ihren Handys telefonieren, bleibt er verschont. Doch was ist mit seiner Frau und seinem Sohn? Haben Sie auch mit ihren Handys telefoniert und dadurch einen Impuls empfangen, der sie dazu gebracht hat, willkürlich aufeinander und auf andere loszugehen? Mit einer kleinen Gruppe macht er sich auf die Suche nach ihnen und versucht, unterwegs dem Rätsel der "Handy-Verrückten" auf die Spur zu kommen.

Die Grundidee und auch der Anfang folgen einem ganz gewöhnlichen Schema, wie es in den gängigen Zombiegeschichten schon mehr als genug zu lesen oder zu sehen war: der Protagonist ist zum Zeitpunkt des Ausbruchs von der Familie getrennt und macht sich mit einer Gruppe Zufallsbekanntschaften auf den Weg, um diese zu finden. Richtige Zombies, d. h. Untote, gibt es in Puls zwar nicht, und man muss auch nicht zielsicher den Kopf treffen, um sie zu töten, aber sei's drum. Zombie ist Zombie.

Dass ich kaum gemerkt habe, wie klischeehaft der Roman beginnt, liegt an Stephen Kings Schreibstil, den ich einfach mag. Der missachtet sämtliche Schreibregeln und Tipps (kurze Sätze, klar und einfach ausdrücken, etc), und man liest schon mal Schachtelsätze, Einschübe, Ausklammerungen, Großbuchstaben, das ganze Programm. Mir gefällt das sehr gut, und ich mag es einfach, wie King auf die ganzen aktuellen Ratschläge pfeift und macht, was er will, weil sich auch das einfach mal gut liest.

Die Suche (nicht aber die Sorge) nach Frau und Kind verliert Clay zwischenzeitlich aus den Augen und findet heraus, woran es gelegen haben könnte, dass die Handytelefonierer durchdrehen und was sie sonst noch so draufhaben. Auch laufen Clay und seine Gruppe nicht einfach nur weg, sondern sie handeln. Die Gefahr, die für sie aufzukommen scheint, ist nicht einfach nur das stumpfe Getötet-, bzw. Gefressenwerden, sondern es steckt noch etwas viel größeres und bedrohlicheres dahinter. In diesen Aspekten fand ich Puls wirklich sehr stark. Auch hat King am Schluss nicht die Nerven verloren und irgendeinen Schwachsinn hingeschmiert, wie er es schon ein paarmal zuvor getan hat.

Doch wie einige andere seiner Bücher, vor allem den neueren, leidet auch Puls unter der üblichen Krankheit: es ist einfach zu lang. Die Story gibt schon einiges her, aber nicht für über 500 Seiten, so dass es sich im Mittelteil zieht und insgesamt ein bisschen aufgebläht wirkt. Gerade am Schluss zeigt sich das sehr deutlich. Die letzten knapp 30 Seiten sind dermaßen in die Länge gezogen, dass ich mich ein wenig durchquälen musste und doch noch Angst hatte, er versaut jetzt wieder alles. Letztendlich hat das Ende mir jedoch sehr gut gefallen, hätte es aber auf einem Zehntel der Seiten effektiver gefunden.

Der zweite Kritikpunkt geht an die Charaktere, die mir sehr fremd und vor allem gleichgültig geblieben sind. Clay hat einen von Kings Lieblingsberufen (Autor und Lehrer), die er immer wieder an seine Protagonisten verteilt, ansonsten ist er eine Figur, die mich nicht besonders berührt hat, was für King-Charaktere durchaus unüblich ist. Viel Blödsinn reden können sie auf jeden Fall alle, machte mir aber keinen wirklich sympathisch oder wenigstens unsympathisch.

Fazit: Obwohl Grundidee und Anfang sehr genretypisch geraten sind, empfinde ich Puls als eine der besseren und besonderen Zombiegeschichten. King-unüblich ist die Charakterzeichnung sehr dürftig geraten. Gerade der Protagonist ist mit Figuren seiner anderen Romane sehr austauschbar. Trotzdem vergebe ich 4****, denn die Idee hinter dem Ganzen ist vom Autor wirklich gut ausgearbeitet und vor allem durchgezogen worden.
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