Cover des Buches Todesmarsch (ISBN: 9783453436916)
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Rezension zu Todesmarsch von Stephen King

Mein erster King - und gleich ein Meisterwerk!

von Benni_Cullen vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Berührend, emotional und ehrlich - Stephen King präsentiert einen Roman mit großartigem Schreibstil und eine Geschichte, die berührt!

Rezension

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Benni_Cullenvor 7 Jahren
Stephen King kennt jeder. Auch Menschen, die eigentlich gar nicht lesen oder nur selten, haben den Namen schon einmal gehört und ganz oft auch mindestens eins seiner Werke mal durchlebt. Tja, und dann gibt es da mich, der für einen Durchschnittsmenschen richtig viel liest (ich meine, der Deutsche liest im Durchschnitt zehn Bücher im Jahr - damit befinde ich mich wahrscheinlich schon im Jahr 2136 oder so :D) und dennoch bis vor einigen Tagen noch kein einziges Stephen King-Buch gelesen hat. Warum auch immer. Aber irgendwie hatte ich nie großes Interesse daran bzw. wusste bei der Fülle nicht, mit welchem Buch ich anfangen sollte. Die liebe Mella von Book-Angel hat mir dann den "Todesmarsch" empfohlen, den sie selbst total geliebt hat. Und so stellte ich mich auf eine düstere Geschichte ein, vom wohl berühmtesten Autoren der Welt - und erhielt alles und noch viel mehr.

Die Regeln sind einfach: Ein Lauf. 100 Jugendliche. Ein Gewinner. Das war's. Wer am längsten durchhält kriegt all seine Wünsche erfüllt, alle anderen müssen sterben. Grausam? Vielleicht. Mutig? Auf alle Fälle. Emotional? Sowas von! Denn natürlich entstehen Freundschaften, Gruppen bilden sich und Erfahrungen werden gemeinsam gemacht - und das, obwohl jeder von ihnen weiß, dass es für sie gemeinsam nie eine Zukunft geben wird. Wenn der Tod schlussendlich umarmt, statt gefürchtet wird, dann weiß man, dass der Preis hoch ist. Ein Wettlauf gegen die Zeit, sich selbst und der eigenen Psyche beginnt - und hat ungeahnte Folgen.

Schon der Klappentext sorgt für Gänsehaut bei mir, weshalb ich wirklich gespannt war, wie und ob ich den Roman überhaupt durchhalte. Doch überraschenderweise war es gar nicht so eklig oder blutig wie zunächst angenommen. Denn Stephen King beschreibt nicht das blutige Szenario, welches man sich vorstellt (okay, doch, an einigen Stellen, aber wirklich nicht an vielen), sondern zeigt, dass die körperlichen Anstrengungen bald überwunden sind und dann nur noch eine Sache im Vordergrund steht: Die eigene Psyche. In "Todesmarsch" werden zwar beide Aspekte, also sowohl physisches als auch psychisches Leiden, thematisiert, allerdings wird schnell klar, dass es nicht darum geht, einfach blutig festzuhalten, was mit den Teilnehmern passiert, sondern vielmehr darzustellen, wie sich ihre Persönlichkeit und ihre Gedanken verändern während sie im wahrsten Sinne des Wortes um ihr Leben laufen. Dabei wirkt der Marsch so echt, so real und so gefährlich als würde ich ihn selbst im Fernsehen live mitverfolgen - diese glaubwürdige Skizzierung der Handlung führte dazu, dass ich den Roman nicht aus den Händen legen konnte. Anfänglich erinnerte mich die Idee etwas an die Hunger Games (ja, ich weiß, die kamen später, aber nicht in meiner Lesehistorie), wobei ich sagen muss, dass im "Todesmarsch" eben mehr die Charaktere und ihre Entwicklung im Vordergrund stehen als die eigentlichen Spiele, was es mehr zu einem psychologischen als körperlichen Experiment macht.

Hinzu kommen Figuren, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die genau deshalb für Spannung sorgen. Allen voran der Hauptprotagonist Ray, der nahbar, aber auch etwas geheimnisvoll wirkt, denn so richtig verstehen, warum er an dem Marsch teilnimmt, möchte man als Leser nicht. Erst mit der Zeit lernen wir ihn deshalb mehr und mehr kennen und blicken schließlich in die tiefsten Abgründe seiner Persönlichkeit. Dadurch wird die Figur multidimensional und ist vielleicht nicht der perfekte Protagonist, allerdings sicherlich einer, der zumindest als eigenständige Person wirkt und nicht vom Autoren verschönigt wird, nur damit man ihn sympathisch findet. Zur Dynamik kommt es dann erst, wenn die anderen Teilnehmer in den Vordergrund rücken und ihre eigenen inneren Kämpfe durchblicken lassen - oder der Leser erst später Dinge erfährt, die die gesamten Spiele in ein neues Licht rücken. Spannend und unvorhersehbar bis auf die letzte Seite!

Schön war hier auch, dass nichts schwarz-weiß dargestellt wurde. Der Autor hätte es sich leicht machen und sich auf die körperlichen Strapazen konzentrieren können, ohne dabei zu hinterfragen, was die Figuren dabei wohl denken und was von ihrer Persönlichkeit übrig bleibt. Dies hat er aber nicht getan und zeigt sehr komplexe Figuren, die jeweils anders mit der Situation umgehen: Einige von ihnen ziehen sich komplett zurück, andere denken viel über ihre Vergangenheit, den Tod und die Gesellschaft nach, während wiederum andere physische Krankheiten erleiden, mit denen sie zu kämpfen haben und die nicht weniger bedeutend sind. Besonders gelungen fand ich hier den Schreibstil, den ich als relativ emotionslos beschreiben würde, dies aber gar nicht negativ meine. Stephen King hat eine sehr reduzierte Schriebweise, wie ich finde und das ist auch wirklich in Ordnung, denn allein durch die Handlung und die großartige Beschreibung der Figuren und deren Haltungen kommen Emotionen beim Leser an, dafür muss man gar nicht emotional werden.

Mein Fazit:
Was soll ich sagen? Mich hat mein erster King wirklich mega gut unterhalten, dabei aber auch eindrucksvoll gezeigt, dass Stephen King nicht nur auf Blut aus ist, sondern durchaus auch wichtige Themen ansprechen möchte, die er sehr genau und intensiv in seinen Geschichten behandelt. Das führt zum Nachdenken und Reflektieren, was man beim ersten Kontakt mit der Story gar nicht erwartet hätte. Nicht umsonst steht da nicht Horror oder Thriller, sondern Roman. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil und so :D Deshalb gibt es von mir für meinen ersten King auch die volle Punktzahl und eine Empfehlung für all jene, dem Großmeister der Buchwelt eine Chance zu geben, falls ihr es noch nicht getan habt. Sonst können Kenner mir gerne mal schreiben, welchen King sie mir als nächstes empfehlen würden (:
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