Rezension zu "I'll Never Get Out of This World Alive" von Steve Earle
Ich bin auf diesen Roman bei seinem Erscheinen durch einen Artikel in der Musikzeitschrift Rolling Stone aufmerksam geworden, in dem man dem Verfasser ein für einen Musiker ganz passables Romandebut (sinngemäß aus der Erinnerung zitiert) attestiert hatte. Und natürlich ginge es in dem Roman auch um Musik, insbesondere um die des viel zu früh gestorbenen Country-Barden Hank Williams, dem ein Denkmal zu setzten Steve Earle, ein Musiker der selbst aus der Folk- und Roots Rock-Ecke kommt, genau der Richtige sei. Wahrlich ich sage Euch (der biblisch anmaßende Ton wird später erläutert), man kann Hank Williams Musik (tausendfach im Internet vertreten) aus heutiger Sicht für gequirlte Hillibilly-Scheiße halten, und diesen Roman dennoch für sehr gut. Zwar werden einige seiner Liedtexte zitiert und gelegentlich schallt seine Musik aus einer Jukebox, aber es geht in diesem Roman nicht (oder nur ganz am Rande) um Hank Williams als Musiker. Eher sind es Schuld und ihre Verarbeitung durch Doc, den Protagonisten des Romans, der, aus einem reichen und angesehenen Elternhaus stammend, Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts in einem der miesesten Viertel von San Antonio angekommen ist, Jahre nachdem sein Patient Hank Williams an einer von ihm ärztlich verordneten und verabreichten Dosis Morphium in Verbindung mit Alkohol im Alter von nur 29 Jahren verstorben war. Seit dem erscheint ihm, dem inzwischen selbst heroinabhängigen illegalen Abtreibungsarzt, der die Zulassung als Arzt verloren hat und seine Sprechstunden in einer Kneipe abhält, Williams als Geist und nahezu akzeptierte Nemesis, bis...
... eines Tages die gerade achtzehnjährige schwangere Graciella, eine illegale Einwanderin aus Mexiko, von ihrem nicht gerade verantwortungsbewussten Kindsvater bei Doc abgeladen wird. Sie gerät durch den Eingriff in Lebensgefahr, Doc behält sie daher sehr
viel länger in seiner Obhut, als beabsichtigt, und schließlich bleibt sie ganz bei ihm, trotz eines Ausrutschers nicht als seine Geliebte, sondern als Teil derjeniger Personen in seiner Umgebung,die sein engeres Umfeld –
auch im Zusammenhang mit seiner illegalen Berufsausübung – ausmacht: Theresa, die Buffetkraft der Kneipe, in der im Hinterzimmer sein Ordinationsraum liegt, Marge, seine Zimmerwirtin und deren Geliebte Dallas, Big Manny, der Dealer, und Detective Hugo Ackermann, dem beide, der Arzt und der Dealer, regelmäßig seinen Anteil zu kommen lassen, damit sie unbehelligt bleiben, der sie aber auch zuverlässig warnt, wenn wirklicher Ärger in Gestalt von Anordnungen der Polizeioberen auf sie zukommt.
Zwischengespeichert – wird noch redigiert und fortgesetzt!