Jüdischer Fantasie-Roman mit historischen Bezügen
Der Titel leitet etwas in die Irre, denn die Hauptperson des Romans ist gar nicht der Rabbi, sondern vielmehr die Menschen, die ihn über die Jahrzehnte hinweg beschützen und letztendlich wiedererwecken. Über ein Jahrhundert verweilt er im gefrorenen und scheintoten Zustand und legt dabei einen weiten Weg vom Schtetl in Osteuropa in die Gefriertruhe im Hobbyraum der Karps in Memphis/USA zurück. Dort entdeckt ihn Bernie, der jugendliche Sohn der Familie kurz vor der Jahrtausendwende und verhilft ihm zu neuem Leben.
Der Roman schwankt dann zwischen der Neuzeit und der verrückten Odyssee des Eisblocks mit dem Rabbi hin und her. Natürlich verändert sich auch das Leben von Bernie von Grund auf und der Rabbi stürzt sich wiedererweckt in sein neues Dasein und macht esoterische Karriere. Aber hinreichend spannender ist die Erzählung der Wegbegleiter und Beschützer des gefrorenen Rabbis, der als Art Familienmaskottchen über die Jahre mitgeschleppt und stets überraschend kühl gehalten wird.
So lesen wir auch von Jochebed, einem jungen Mädchen, welches nach schlimmen Pogromen als Mann verkleidet ins neue gelobte Land flieht und den Rabbi dabei mitschmuggelt. Schon auf dem Schiff lernt sie Schmerl Karp(inski), einem buckeligen Eigenbrötler und Tüftler kennen. Doch es ist ein langer Weg über eine Geschäftspartnerschaft, bis sie sich als Frau zu erkennen gibt und eine Familie mit ihm gründet. Was hat das alles mit dem Rabbi zu tun? Nun, der ist halt einfach festgefroren im Schlepptau mit dabei.
Die Handlung wird in Generationenabfolge erzählt und der vorerst letzte in der Reihe ist eben Bernie Karps.......
Ein weiter Bogen wird gespannt, welcher ein großes Stück jüdischer (Leidens-)Geschichte nachzeichnet, den Holocaust aber nur am Rande erwähnt. So gibt es auch einen Abstecher nach Palästina in die Zeit der Neugründung des Israelischen Staates. Man könnte das Buch auch grob als Auswanderergeschichte bezeichnen, eben mit ein paar ungewöhnlichen Beigaben.
Den Lesefluss stören leider die einfließenden „jiddischen“ Sätze und Abschnitte. Wer dieses Dialektes nicht mächtig ist, wird durchaus Schwierigkeiten bei der Entzifferung haben und manche Stellen einfach überspringen. Nun, mit einer gewissen Anstrengung kann man auch diese Einschübe entschlüsseln und verstehen. Aber der Fluss ist halt gestört.
Fazit: Ein ungewöhnlicher, nicht unspannender Roman, der vielleicht etwas viel in den Handlungsverlauf der Geschichte mit hineinpackt. Besonders Menschen zu empfehlen, die mit dem Judentum etwas anzufangen wissen.