Cover des Buches Der gefrorene Rabbi (ISBN: 9783896674364)
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Rezension zu Der gefrorene Rabbi von Steve Stern

Rezension zu "Der gefrorene Rabbi" von Steve Stern

von Maggi vor 12 Jahren

Rezension

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Maggivor 12 Jahren
Beim Durchwühlen der elterlichen Tiefkühltruhe stößt der dickliche, unmotivierte amerikanische Teenager Bernie Karp unter den Vorräten auf einen alten Mann, der in einem Eisblock eingefroren ist. Seine Eltern erklären ihm, mehr oder weniger gelangweilt, dass es sich bei diesem ungewöhnlichen Fund um einen Rabbi, ein Familienerbstück handelt, welches seit Generationen von Generation zu Generation weiter gereicht wird. Bei einem Stromausfall während eines Sturms taut der alte Mann auf und erwacht zu neuem Leben. Seit 110 Jahren tiefgefroren muss der Rabbi sich in der ihm völlig fremden Welt neu sortieren und alles neu kennen lernen. Bernie hilft ihm dabei, indem er ihm ins Gartenhaus seiner Eltern einen Fernseher stellt, ihm allerhand erklärt und ihn mit ungewohntem Essen konfrontiert. Schon nach kurzer Zeit genießt der Rabbi, von der Zeit nicht in Mitleidenschaft gezogen, sein neues Leben, das so viel komfortabler ist als sein altes im Osteuropa des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Bernie wiederum lernt durch den alten Sonderling in seinem Leben eine völlig neue Bedeutung kennen und interessiert sich auf einmal für jüdische Mystik, Meditation, die Thora und die Lehren von Talmud und Kaballah statt fürs Fernsehprogramm, Chips und Burger. Parrallel zu der Geschichte in der Neuzeit wird von hinten nach vorne in chronologischer Reihenfolge die Familiengeschichte der Karps erzählt. Im Wechsel von Vergangenheit und Gegenwart spannt sich die Familiengeschichte. Stets skurril und ungewöhnlich erzählt Ausgehend vom Jahre 1889 mit Salo und seinem Vater, dem Betreiber des örtlichen Eishauses, im Schtetl, wohin der Rabbi zuerst gebracht wird, bis in die Großstadt New York, bis zur heutigen Zeit. Insgesamt sechs Generationen der Karps lernt der Leser so kennen, die letzte repräsentiert von Bernie. Allesamt sind die leicht sonderbar, das scheint in der Familie zu liegen, aber das gibt der Geschichte meiner Meinung nach einen besonderen Charme. Nachdem ich etwa 50 Seiten gebraucht habe, um mit der teils absonderlichen Geschichte warm zu werden hat mir der Roman sehr gut gefallen. Vieles wird schwarzhumorig und unterhaltsam geschildert und man erfährt viel über das Leben in den Schtetln und den schon Jahrzehnte vor dem Dritten Reich existierenden Antisemitismus und Pogrome, vor allem in Osteuropa, sowie über ein typisches Einwandererschicksal zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das fand ich alles sehr interessant zu lesen und während der Lektüre war es ein 4 Sterne-Buch. Ich tendierte schon zu einer 5 Sterne Bewertung, allerdings war mir bei dem Buch schon klar, dass hier das Ende den Ausschlag in die eine oder andere Richtung geben würde. Leider fand ich dann eben dieses Ende gewollt provokativ und überzogen und das Buch lässt mich zwiegespalten zurück. Ich muss leider sagen, dass das letzte Kapitel mich sehr enttäuscht hat. Daher kann ich für ein ansonsten sehr lesenswertes und außergewöhnliches Buch leider nur drei Sterne vergeben.
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