Was auf den ersten Blick nach einem Theaterstück und einem Krimi aussieht, ist eigentlich eine Vorurteilsstudie, die alles gegeneinander anrennen lässt, das man sich vorstellen kann. Im Sinne der einzelnen Personen gibt es sogar Happy Ends, eben nur charakterspezifisch. Ich hatte meinen Spaß, obwohl manches, natürlich absichtlich, überzeichnet wurde.
Steven Bloom
Lebenslauf
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Die menschliche Schwäche
Stellt mir eine Frage
Das positivste Wort der englischen Sprache
Mendel Kabakov und das Jahr des Affen
No New Jokes
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Brooklyn, kurz vor Ausbruch des Koreakriegs. Wie gewöhnlich sitzen Izzy und seine Stammtischfreunde in Bald Sam's Diner und filosofieren über Baseball, die Atombombe, den Kommunismus. Am laufenden Band erzählen sie sich Witze, zumeist jüdische, die ihnen helfen, ihre von den Schatten des Holocaust gezeichneten Leben vor dem endgültigen Zusammenbruch zu bewahren. Izzy, erst Boxer, dann Soldat, muss sich inzwischen als Straßenmusikant durchschlagen. In seinem Kopf blieben vom Krieg nicht nur Granatsplitter, sondern auch die Erinnerung an die Schrecknisse der Judenpogrome in Europa, die seinen Vater das Leben kosteten. Er vermutet zu Recht, er habe darüber alle seine Emotionen und den Bezug zur Aussenwelt verloren. In der Tat wirkt er oft in seine eigene Welt zurückgezogen, derweil seine Freunde Archie Feinstein und Jack Goldfarb in dem Lokal Frauenwitze zum Besten geben, Benny Kubbleman sich um seinen Job im Lagerhaus sorgt und der väterliche Meyer Woolf versucht, Izzy mit seiner alternden Nichte Celia zu verkuppeln...
Es mag ja angehen, dass einem nicht-Amerikanischen Leser ganz einfach der kulturelle Hintergrund fehlt, um zu einem tieferen Verständnis zu gelangen.
Dennoch scheint die Form des Romans nicht immer glücklich gewählt: Er vermittelt in verschiedenen Passagen den Eindruck, als ob der Autor ursprünglich eine Witzesammlung zu veröffentlichen plante und sich dann entschied, eine Romanhandlung darum zu konstruieren.
Das Werk schafft seine Balance zwischen grimmig-pessimistischer Weltsicht und comic relief oft in Sprüngen, die Filmschnitten ähneln. Die Dialoge haben stellenweise unerwarteten Tiefgang und stellen die zwischen Realitätsannahme und Realitätsflucht pendelnden Charaktere sehr überzeugend dar. Manchmal dagegen wirkt das Konzept der eingestreuten Witze unglaubwürdig - besonders beispielsweise bei Izzys intimer Begegnung mit einer Frau, der er auf einer seiner Hinterhofmusik-Touren begegnet: Sie teilt sie die Angewohnheit Izzys und seiner Freunde, unvermittelt Witze in den Raum zu werfen.
Störend wirkt sich gelegentlich auch die typisch Amerikanische Variantenarmut bei den Verben des Sprechens aus. Die beabsichtigte Wirkung, nämlich das Gesagte für sich selbst stehen zu lassen, wird oft durch entnervende Wiederholung beeinträchtigt. Dass diese stilistische Kleinigkeit oft so ablenkend wirken kann, liegt natürlich an der Dialoglastigkeit des Textes an sich.
Dennoch: Für Nicht-Amerikaner kann das Buch eine sehr fesselnde Einführung in mehr als nur die darin zitierten ethnisch-jüdischen Witze sein. Anschaulich werden auch in die Sorgen einer Generation in der Schwebe zwischen zwei Kriegen gemacht, zumal der Autor das damalige Zeitgeschehen mit einbindet und seine Charaktere darauf reagieren lässt. Der 1942 in Brooklyn geborene Steven Bloom, der mit "Immer dieselben Witze" seinen Debütroman veröffentlicht, liefert trotz aller Kritik ein insgesamt doch interessantes Bild des Nachkriegs-New York ab.
Rezension zu "Stellt mir eine Frage" von Steven Bloom
Jüdisches Leben um 1950 in Brooklyn/ New York:
Einwandererschicksale, Freunde und der Zusammenhalt als Lebensnotwendigkeit.
Ein bunt zusammen gewürfelter Haufen jüdischer Männer
trifft sich in den fünfziger Jahren regelmäßig in einer Cafeteria in Brooklyn, um sich zu verlustieren. Was haben sie sich wohl zu erzählen? Sprechen sie über Alltagssorgen, über Gott und die Welt, Politik, Sport, Weibergeschichten und den Koreakrieg, oder tauschen sie womöglich Witze aus?
Meyer Woolf, Archie Feinstein, Izzy, Jack Goldfarb und noch ein paar andere sind Stammgäste in Sams Cafeteria. Sie alle haben ihr Emigrantenschicksal hinter sich, das sie verbindet. Ihre Gespräche sind zuweilen frozzelnd, dann wieder lustig, ernst, heiter aber auch traurig. Und immer weiß einer einen Witz bei passender Gelegenheit hervor zu zaubern, mit dem man sich selber oder die Welt auf den Arm nimmt. Der jüdische Witz mit seiner feinsinnigen Selbstironie, mit seinem tiefgründigen Menschenverständnis und seiner oft naiven Freude am Widerspruch in sich gibt den einzelnen Episoden einen besonderen Reiz. Die Männer sind alle nicht besonders begütert und schlagen sich durch als Taxifahrer, mit ihrem Hungerlohn als Straßenmusikant oder anderen Gelegenheitsverdiensten. Das Wichtigste jedoch bleibt der Humor, mit dem sich auch noch das schwerste Schicksal meistern lässt.
Spontan reiht sich eine Episode an die andere, und man meint dabei zu sein! Man hört sie lachen, sich streiten, necken und ernsthaft am Schicksal von Sonya, Meyer Woolfs Frau, teilnehmen, die schwer krank ist. Die langen Diskussionen über Ehe, Kinder und das Glück sind ernst und amüsant zugleich.
Die Handlung wird alleine von den Gesprächen in der Kneipe getragen. Gebannt folgt man den schnellen und spritzigen Dialogen, und ehe man sich’s versieht, ist man selber mit allgemeinen Lebensfragen konfrontiert. Vom Witz zum Ernst ist ein kurzer Schritt und ohne Freude ist kein Leben, ohne Unglück kein Glück zu finden.
Die Politik und der Sport, das Essen und Izzys Frauensuche beleben ein Spektakel, das vom Alltäglichen lebt. Die zusammen gewürfelte Männerschar hält uns am Lachen und macht uns Weinen und gibt uns Einblicke in die jüdische Lebensart und Mentalität, die oftmals vom Schicksal mit bestimmt war.
Der Prediger Salomo, 4.11 mit seinem Text
„.. legen zwei sich zusammen nieder, so wird ihnen warm werden; aber einem einzelnen, wie soll ihm warm werden?“ ...als Leitspruch der Erzählung vorangestellt, zeigt deutlicher als viele Worte, wie sehr Zusammenhalt in guten und in schlechten Tagen unser aller Leben trägt. Für Juden ist diese Lebensweisheit überlebenswichtig!
Hier erleben wir einige von ihnen, die sich wohl gesonnen sind und um den anderen kümmern, sich gelegentlich ärgern und doch in Freude und Leid zusammenstehen. „ Jeder ist Fachmann für das Leben des anderen “ äußert Archie Feinstein, der mit seiner Frau kein Glück zu haben glaubt.
Das Buch zeigt einen anrührenden und unsentimentalen Ausschnitt aus dem Leben jüdischer Immigranten in Amerika. Unprätentiös und gewitzt bietet es einen breiten Kanon voller Lebensweisheiten.
Steven Bloom, 1942 geboren und selber polnischer Immigrant jüdischer Herkunft, weiß vom Leben in Amerika zu erzählen. In einem Nachwort bietet er eine kurze eigene Lebensskizze, sie sich wie ein weiteres Kapitel in die Geschichte eingliedert. Er ist ein großartiger Erzähler!