Die bosnische Hauptstadt Sarajevo hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Neben ihrer Rolle als Schauplatz des Attentats auf den österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinands und seiner Frau Sophie 1914, den Olympischen Spielen von 1984, kommt Sarajevo die dramatische Relevanz im Bosnien-Krieg der 1990-er Jahre zu. Dieser Krieg ist der Hintergrund zu diesem Roman, der auf der wahren Geschichte des bosnischen Musikers Vedran Smajlović basiert.
Ausgangslage ist der Tod von 22 Zivilisten, die um Brot anstehend, von einer serbischen Mörsergranate getötet wurden, dessen unverletzter Augenzeuge Vedran Smajlović wurde. Den Toten zur Ehre spielt der Cellist an 22 aufeinanderfolgenden Tagen jeweils um 16 Uhr inmitten der Ruinen der belagerten Stadt öffentlich Tomaso Albinonis Adagio in G-Moll.
Das Auftreten des Cellisten ist der Rahmen zur eigentlichen Handlung in der sich die Lebenswege von Strijela, der Scharfschützin, Dragan, dem Bäcker und Kenan, dem Familienvater, mehrfach kreuzen. An Hand der Protagonisten werden die Erlebnisse in der belagerten Stadt geschildert.
„Man kann nicht mehr sagen, welche Version der Lüge die Wahrheit ist. Ist das wahre Sarajevo die Stadt, in der Menschen glücklich waren, einander gut behandelt, ohne Hass miteinander gelebt haben? Oder ist das wahre Sarajevo die Stadt, wie er sie heute sieht, in der die Menschen einander töten, wo Kugeln und Granaten von den Bergen herab fliegen und die Häuser einstürzen?‘ (Seite 227)
Meine Meinung:
Autor Steven Galloway verquickt gekonnt Fakten mit Fiktion. Am 27. Mai 1992 starben bei dem serbischen Angriff 22 Menschen und mindestens 70 wurden verletzt. Im Buch bleibt Cellist Vedran Smailović namenlos.
Die Ereignisse der fast vier Kriegsjahre sind hier in einem Monat zusammengefasst und die Abfolge ist daher sind nicht zwingend chronologisch.
Durch die sehr lebendig gezeichneten Protagonisten Strijela, Kenan und Dragan gibt der Autor, stellvertretend für alle Bewohner Sarajevos, dem Krieg ein Gesicht.
Am Ende des Buches gibt Autor Steven Galloway noch einen kurzen statistischen Überblick über die fast vierjährige Belagerung der Stadt: mindestens 10.000 Tote, ca. 56.000 Verwundete, 100.000 beschädigte Wohungen in 10.000 zerstörten Gebäuden.
Von meiner Heimatstadt Wien sind es gerade einmal je nach Route 700 km und rund 8 Stunde Fahrzeit nach Sarajevo. Im Vergleich dazu die Strecke Wien - Bregenz 600 km.
Fazit:
Gerne gebe ich diesem Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht, 5 Sterne.