Herrlich. Eine Wohltat. Besonders wenn man die knapp eintausend Seiten, den dritten Band eines gewaltigen Dreiteilers, gerade hinter sich gebracht hat. Nein, jetzt werden nicht Äpfel mit Birnen verglichen. Dennoch muss einmal gesagt werden, dass ein solcher Kontrast schon irgendwie fasziniert.
Schlecht war der große Roman nicht, aber eine gewisse Art Erleichterung darf man schon zugeben. Im Prinzip fällt logischerweise sofort auf, was "acht" alles NICHT besitzt. Ewig lange Charakterisierungen zum Beispiel. Ausgiebige Vorgeschichten und weitläufige Rückblenden sucht man ebenfalls vergebens.
Gerne nehmen auch die Beschreibungen der jeweiligen Schauplätze kapitellangen Raum in Anspruch. Ganz anders in "acht". Blanka Stipetić begnügt sich meist mit der Unverbindlichkeit ungefährer Angaben, wie einer Fahrt in "Richtung Stadtmitte", einem Parkplatz "am Dom", eines Hauses "nahe dem Flussufer" oder einem Pressesprecher der "Polizeidirektion Ost".
Auch ohne unendlich weit auszuholen gelingt es der Autorin allerdings, das Wichtigste einer Geschichte nicht zu vergessen: Die Motive und Beweggründe ihres, stets überschaubaren, Ensembles. Und die können unterschiedlicher nicht sein. Mal sind sie eiskalt berechnend, mal tragischen Irrtümern unterlegen oder einfach nur völlig unberechenbar.
Komische Elemente gibt es auch, was ebenfalls für willkommene und unerwartete Kontraste sorgt, der Leserschaft aber auch ein gerüttelt Maß an schwarzem Humor abverlangt. Harmloser dagegen, doch nicht weniger komisch, gestaltet sich die extrem originelle Wohnsituation einer Frau, die seit drei Jahren, dank Globalisierung, ganz bestimmte "Häuser" bewohnt. Leicht lässt sich herauslesen, dass diese Gebäude der Autorin ganz und gar nicht unbekannt sein dürften. Nur wer sich gerne dort aufhält, kann sie so gut beschreiben. Auch wenn sie die Menschen, die sich in ihnen aufhalten, durch die Augen jener Frau gesehen, als "Stellvertreter ihrer selbst" degradiert.
Eine wohldosierte Metaphorik unterstreicht den nicht alltäglichen Charakter der Kurzgeschichtensammlung. Kleinigkeiten und scheinbare Belanglosigkeiten lassen innehalten und genau das ist es, was ein Buch zu etwas Besonderem werden lässt. Es können Möbel und Bilder sein, "die geschmackvoll flüstern, wie teuer sie gewesen waren", eine (ziemlich bekannte) Band, die "von einer Art Leiter in den Himmel sang", jene Selbstbetrachtung im Spiegel, die sich auf die Suche nach "unmerklichen Spuren" macht, oder ein sehr berührender Bezug zwischen einem banalen Längenmaß und dem Leben selbst (in "Hinter den Spiegeln"), der sich in seiner Tragweite dem Unerträglichen nähert.
Es sind die feinen, oder manchmal gar nicht so feinen, Zwischentöne, welche jenen kurzen Episoden einen besonderen Anstrich verleiht. Blanka Stipetić beobachtet Menschen sehr genau und deckt dabei kleine und große Katastrophen auf, zwischenmenschliche Einbahnstraßen, die ein Entkommen nicht zulassen. Manchmal entfällt gar eine "Chronologie der Empfindungen". Immer dann, wenn das "Schöne und das Hässliche" gleichzeitig passiert.
Acht kurze Krimis, die lange im Gedächtnis bleiben.