Leo Wechsler in seinem vierten Fall
von odenwaldcollies
Rezension
Berlin 1926: eine junge Frau wird vor ihrer eleganten Wohnung erstochen aufgefunden, die Tatwaffe ist ein Stück rotes Glas. Das Opfer war bekannt, daß sie sich ihren Lebensstil durch reiche Männer finanzieren läßt, könnte in dieser Richtung das Mordmotiv liegen? Kommissar Leo Wechsler recherchiert zusammen mit seinen Kollegen zwar in diese Richtung, aber sie kommen nicht wirklich vorwärts bei ihren Ermittlungen, als die Spur in die Berliner Filmindustrie zu weisen scheint.
Ich habe bisher von den Leo Wechsler-Krimis nur den dritten und nun den vierten Band gelesen und hatte keine Probleme, der Handlung zu folgen. Da mir beide Bücher sehr gut gefallen haben, stehen die ersten beiden Bände bereits in meinem Bücherregal und warten darauf, gelesen zu werden.
Die Autorin schafft es mühelos, das Berlin der Weimarer Republik aufleben zu lassen. Während im dritten Band die Auswirkungen der zwischenzeitlichen Inflation zu spüren war, geht es vielen Menschen 1926 finanziell wieder besser. Die Filmindustrie erfährt einen Höhenrausch, Regisseure und Schauspieler träumen von Hollywood.
Die Handlung war wieder spannend und nachvollziehbar beschrieben, und auch wenn ich eine Ahnung hatte, wie die Auflösung aussehen könnte, hat mich das endgültige Ende überrascht und schockiert. Bis zur Hälfte des Buches teilt sich das Buch in zwei Handlungsstränge: einmal sehen wir den Kriminalbeamten bei ihren Ermittlungen über die Schulter, der zweite Strang befasst sich mit dem Arzt einer Nervenheilanstalt, der sich bemüht, herauszufinden, warum seine junge Patientin Johanna Gerber so apathisch und lebensabweisend ist, seit sie vor kurzem als Notfall eingeliefert wurde.
Die Charaktere konnten mich ebenfalls wieder überzeugen, mit Leo Wechsler und seinen beiden engsten Kollegen Robert Walther und Jakob Sonnenschein hat Susanne Goga ein sehr sympathisches und effektives Ermittlerteam geschaffen. Leo ist inzwischen mit Clara verheiratet und die Beiden führen eine harmonische Ehe auf einer guten Vertrauensbasis. Leider setzt Leo das Vertrauen etwas aufs Spiel, als er Clara verheimlicht, daß er das Mordopfer Marlene Dornow von früher her kennt. Da Clara kurz vorher erfahren hat, daß sie keine Kinder bekommen kann, führt sein Verhalten zu Mißverständnissen, die er hätte vermeiden können.
Sehr schön finde ich immer wieder, daß wir bei den einzelnen Figuren etwas von ihrem Hintergrund und ihrer Vergangenheit erfahren, das macht sie lebendiger und vielschichtiger.
Der Leser erfährt viel Wissenswertes über die damals wachsende Berliner Filmindustrie und die Atmosphäre bei der Premiere des neuesten Films des bekannten Regisseur Viktor König ist so lebendig beschrieben, als wäre man dabei gewesen.
Ich freue mich auf weitere Fälle für Leo und seine Kollegen und auf die Zeitreise in das Berlin der 1920er-Jahre.